Frau Mayer, Sie singen in der komischen Oper "Béatrice et Bénédict" von Hector Berlioz die Béatrice – eine Frau, die auf keinen Fall heiraten möchte. Und Bénedict will auch nicht. Und natürlich kriegen sich beide am Ende doch. Ist das nicht Komödie pur, fern unseres Alltags?
Ulrike Mayer: Ich finde interessant, dass die beiden um ihre Autonomie kämpfen. Damit kann ich mich identifizieren: Auch die Ehe 2025 kennt, bei allen Fortschritten, diese Diskussion. Wenn später die Kinder kommen, ist die Frau doch wieder ganz schnell im klassischen Konstrukt. Die Frage stellt bereits Shakespeare, von dem der Stoff ja stammt: Gebe ich mich auf, wenn ich in das Rollenmodell der Ehe gehe – privat und gesellschaftlich? Bei ihm ist Béatrice sogar bevorzugt, weil sie entscheiden kann: Ich heirate nicht. Dieser Gedanke war vor 400 Jahren sehr modern.
Die Vorlage zu der Oper von 1862 ist, Sie haben es erwähnt, William Shakespeares Komödie "Viel Lärm um nichts". Berlioz stellt indes eine Seitenhandlung in den Mittelpunkt. Fehlt da nicht der große Konflikt?
Das denkt man nur im ersten Moment. Ich kannte den Film von 1993 mit Emma Thompson und Kenneth Branagh und natürlich fiel mir auf: Da fehlt doch was. Berlioz hat die ganze Intrige gestrichen. Auch der Krieg, aus dem die Männer kommen, spielt keine Rolle. Berlioz nimmt sich nur das, was er braucht. Der Fokus liegt ganz auf den zwei Liebespaaren: dem seriösen Paar Hero und Claudio – das sind bei uns Elisa Birkenheier und Arvid Fagerfjäll – und auf Bénédict und Béatrice – Oliver Sewell und ich –, die sich abgrundtief hassen, necken und foppen. Wobei man ahnt, dass hinter den heftigen Gefühlen die Liebe steckt. Wir beschäftigen uns ja gerne mit den Irrungen und Wirrungen des Lebens und wann es endlich klappt.
Wie setzt Regisseurin Susanne Lietzow den Stoff um?
Der Clou ihrer Inszenierung ist, dass Oliver Sewell und ich zwei Schauspieler an der Seite haben, Christian Freund und Mirjam Rast, die auch in die Dialoge eingreifen. Diese Figuren spiegeln unsere inneren Zustände wider. Empfinden wir Liebe oder Hass oder wissen wir noch gar nicht, ob es Liebe oder Hass wird? Die Facetten all dieser Emotionen möchte Susanne Lietzow zeigen. Es geht um das Spielerische, das ist mal sehr erfrischend.
Was ja auch zur Musik passt...
Es fasziniert mich, wie sich der kranke Berlioz nach seinen großen romantischen Opern als fast 60-Jähriger mit einem lustigen, unterhaltsamen Stück von der Opernbühne verabschiedet – wie Giuseppe Verdi mit dem "Falstaff". Auch wenn es in den Arien sehr schöne poetische, lyrische Momente gibt, ist der Stil eher so verspielt wie bei Rossini. Meine Duette mit Bénédict sind schnell, leicht und spritzig.
Singen Sie auf Französisch?
Ja, und die Dialogtexte werden auf Deutsch gesprochen. Es sind nicht viele Musiknummern, aber die sind immer sehr lang. Und schön, das Terzett für drei Frauenstimmen hat fast etwas Weihnachtliches. Für den trotteligen Musikmeister, der eine Hochzeitskantate einstudiert, hat sich Susanne Lietzow übrigens noch einen netten Clou ausgedacht.
Das klingt nach Opernspaß. Spiegelt sich das auch optisch wider?
Heiraten liegt ja wieder im Trend. Dass die Leute ihre Heirat groß inszenieren, sich verschulden, sich auch in den sozialen Medien darstellen. Entsprechend haben wir ein opulentes Bühnenbild mit einem bunten Garten, das zu solchen Gefühlen passt. Wir wollen keine Tristesse. Diese Oper ist in ihrer Leichtigkeit ein Stück für alle.