Worum geht es in dem Stück „Einsamkeiten“?
Casper Eberley: Wir haben uns gemeinsam mit verschiedenen Arten von Einsamkeit beschäftigt: In welchen Situationen fühlen wir uns einsam? Was löst Einsamkeit im Körper aus? Ist Einsamkeit ein Gefühl oder ein Zustand? Kann man an ihr etwas ändern? Wir setzen Spotlights auf verschiedene Aspekte des Themas.
Es wird also keine lineare Erzählung auf der Bühne geben?
Genau. Es sind viele kleine, sprunghafte Einzelbilder.
Was gefällt Ihnen an dem Stück?
An dem Projekt hat total gutgetan, sich so intensiv mit anderen mit dem Thema zu beschäftigen. Durch das gemeinsame Proben, Spielen und Lachen haben wir ja sozusagen gleichzeitig etwas gegen Einsamkeit gemacht. Am Stück selbst mag ich vor allem, dass sehr viel Ehrlichkeit darin steckt.
Einsamkeit ist ein Thema, über das viele Menschen nicht gerne reden ...
Total. Aber in den Gesprächen darüber haben wir alle gemerkt, dass es auch verbindet, darüber zu sprechen, weil viele es erleben.
Haben Sie und die anderen Darsteller und Darstellerinnen persönliche Erfahrungen in das Stück einfließen lassen?
Auf jeden Fall. Es geht um unsere Themen, darum, was uns beschäftigt hat, was wir dazu auf die Bühne bringen wollten. Wir spielen auch keine festen Rollen, wir erforschen das Thema performativ. Wir sind wir. Es gibt auch viele Szenen, in denen wir die Geschichten nur durch Bewegung erzählen, ohne Text.
Was meinen Sie, warum sind in der heutigen Gesellschaft so viele Menschen einsam?
Das eine ist, dass es immer weniger sogenannte dritte Orte gibt, also Orte außerhalb des Zuhauses, der Arbeit oder der Schule, wo man zusammenkommen kann, ohne dafür Geld zu bezahlen – zum Beispiel Freizeitclubs oder Parks. Überall werden Gelder gekürzt, diese Orte verschwinden aus den Städten. Man ist immer mehr zu Hause, verbringt viel Zeit im Internet. Da kann man sich zwar einerseits viel weiter mit Leuten verbinden, als man es sonst könnte, andererseits verstärkt das aber die räumliche Einsamkeit. Hinzu kommt, dass wir in einer Leistungsgesellschaft leben, in der immer weniger Zeit für Dinge abseits von Haushalt, Arbeit und genügend Schlaf bleibt.
Muss Einsamkeit immer etwas Negatives sein?
Da haben wir viel drüber diskutiert. Viele von uns sind der Meinung, dass es einen Unterschied gibt zwischen Einsamkeit und alleine sein. Man kann sich auch unter Menschen einsam fühlen, ebenso kann man alleine sein und sich trotzdem nicht einsam fühlen. Es ist ein bisschen, wie bei allen schlechten und guten Dingen: Man muss den Schatten kennen, um auch das Licht wertschätzen zu können. Auf Dauer ist Einsamkeit sicher nichts Positives. Aber man kann auch an ihr wachsen.
Ist "Einsamkeiten" ein trauriges Stück?
Wir versuchen, dass es eine Mischung ist. Es ist nicht unser Ziel, dass nach dem Stück alle traurig sind. Gleichzeitig wollen wir aber auch kein Bild von "Friede, Freude, Eierkuchen" vermitteln; davon, dass Einsamkeit gar nicht so schlimm ist. Es wird eine Achterbahnfahrt.
Haben Sie einen Tipp für Menschen, die sich einsam fühlen?
Ich glaube, es tut gut, sich für Dinge, die einem wichtig sind, zu engagieren, sofern das möglich ist. Meine Erfahrung ist auch, dass die Verbindungen, die man hat, intensiver und tragender werden, je ehrlicher man ist. Es ist gut, Menschen an sich heranzulassen. Das ist zwar herausfordernd, aber sorgt dafür, dass man sich anderen Menschen näher fühlt als vorher.