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Neue Ausstellung Vorhang auf in der Weserburg

Die Künstlerin Ulla von Brandenburg verwandelt die Räume der Weserburg in bunte Traumwelten, die mit Konventionen brechen und Festgelegtes hinterfragen. So wird das Museum zu einer Bühne.
09.12.2021, 18:44 Uhr
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Vorhang auf in der Weserburg
Von Alexandra Knief

Weiße Wände, rechteckige Räume. Im Museum Standard. Auch in der Weserburg auf dem Teerhof ist der "White Cube" (Weißer Würfel) in der Regel das gewählte Ausstellungskonzept. Bis jetzt. Die Installationskünstlerin Ulla von Brandenburg lässt nicht mehr viel übrig von diesem Weiß. In ihrer Ausstellung "Eine Landschaft ohne blau, wie ungefähr" (ein Zitat aus Goethes Tafeln zur Farbenlehre) hat sie die Räume der Weserburg mit deckenhohen, knalligen Vorhängen ausgestattet. Mal blau, mal gelb, mal rot, mal gemustert. Der Klang, ja die ganze Atmosphäre im Museum ist direkt eine völlig andere. Aus weißen Räumen werden farbige Traumwelten. Sie macht das Museum zu einer Bühne.

Warum Ulla von Brandenburg?

Direktorin Janneke de Vries hat die Ausstellung kuratiert. Ihr war klar, dass genau das mit ihrem Museum passiert, wenn sie von Brandenburg einlädt. Dass es verfremdet wird, etwas Neues entsteht. Genau deswegen wollte sie Arbeiten der Künstlerin zeigen - auch, wenn einige ihrer Kollegen anfangs skeptisch waren. "Für einige war das zu sehr Wohlfühlkunst", sagt de Vries. "Dabei ist genau das von Brandenburgs Strategie: Leute durch eine angenehme Umgebung an hochpolitische Themen heranzuführen."

Worum geht es der Künstlerin? 

Das Politische liegt bei von Brandenburg darin, mit (Museums)Konventionen zu brechen, Hierarchien aufzulösen, festgefahrene Strukturen zu hinterfragen und den Betrachter aufzuzeigen, dass es auch andere Wege gibt, wie wir miteinander leben und interagieren können.

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Für von Brandenburg sind Musik, Tanz, Theater, der Zirkus und auch der Karneval Möglichkeiten, dem Festgefügten zu entfliehen. Ihre Kunst ist voller Bezügen, auch zur Literatur und Kunstgeschichte. Ihre liebsten Medien sind - neben den Textilien - der Film und die Performance. Sie selbst beschreibt ihr künstlerisches Vorgehen als "räumliche Inszenierung", die Museumsbesucher in völlig neue Welten entführen soll.

Wie genau macht die Künstlerin das? 

Da wären zum einen die farbigen Vorhänge, mit denen von Brandenburg vier der Museumsräume verfremdet hat und die so selbst zu Malereien im Raum werden. Hinzu kommen einige Objekte und Aquarelle. Eine Performance, die zur Ausstellungseröffnung am Freitag gezeigt wird, wird als Videoaufzeichnung später in der Ausstellung zu sehen sein. Außerdem sind fünf weitere filmische Arbeiten auf großen Leinwänden in die Stoffumgebungen integriert. Die rustikalen, davor platzierten Sitzbänke hat von Brandenburg selbst mitgebracht.

Worum geht es in den Filmen?

Auch in den Filmen spielen Stoffe in Form farbiger Kleidung eine wichtige Rolle. Von Brandenburg bezeichnet sich laut de Vries selbst als "manische Sammlerin" von Stoffen und Kostümen. Und so sind auch die bunten Gewänder, die die Akteure in ihren Filmen tragen, aus ihrer eigenen Sammlung. In einem Film sind sogar die Stoffe selbst das zentrale Element. Drei andere Filme drehen sich um das menschliche Miteinander, zeigen Personen, die sich ohne wirklichen Erzählstrang aufeinander zu und voneinander weg bewegen, ausdrucksvoll tanzen, mal im Einklang miteinander, mal jeder für sich. Das hat ein esoterisches, spirituelles Element und ja, das mag für den Betrachter im ersten Moment vielleicht auch etwas befremdlich sein, an Waldorfschule oder Hippie-Kommune erinnern. Doch im Grunde macht von Brandenburg nur eines: Sie konfrontiert uns mit Dingen, die wir vielleicht nicht unbedingt gewohnt sind. Die ebenso schwer greifbar sind, wie der Rest ihres Schaffens.

Und sonst noch?

Einen schweren roten Vorhang in einem anderen Raum hat die Künstlerin so präpariert, dass er aussieht, als wäre er gerade noch mit einer Vielzahl von Gemälden bestückt gewesen, die am Ende nur noch einen verblichenen Rand hinterlassen haben. Einige Aquarelle lehnen noch an den gegenüberliegenden Wänden, fast, als wollten sie sagen: Tja, du bist leider ein wenig zu spät gekommen – die meisten von uns sind schon weg. Motivisch zeigen sie Personen oder Elemente aus dem Bereich des Tanzes und des Karnevals. Auch ein Porträt der Friedensaktivistin Emma Goldman ist dabei. Sie brachte 1916 in einem Satz das befreiende Potenzial von Tanz und Revolution in direkte Verbindung zueinander, als sie sagte: "If I can't dance, it's not my revolution" (Wenn ich nicht tanzen kann, ist es nicht meine Revolution). Revolution kann also auch eine gewisse Leichtigkeit haben. Ein Credo, dass auch von Brandenburg in ihrer Kunst verfolgt.

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Info

"Ulla von Brandenburg. Eine Landschaft ohne blau, wie ungefähr" wird am 10. Dezember eröffnet und ist dann bis zum 10. April 2022 in der Weserburg - Museum für moderne Kunst zu sehen. Weitere Infos unter www.weserburg.de

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