Auf wenig Gegenliebe stößt der Vorschlag von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), besonders engagierte Lehrkräfte mit Leistungsprämien zu belohnen. "Lehrerinnen und Lehrer brauchen keine Boni am Ende des Jahres", sagt Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD). Stattdessen sei Entlastung durch mehr Personal erforderlich. Gleichwohl gebe es besondere Belastungen und Herausforderungen, die auch ungleich behandelt – soll heißen: vergütet – werden könnten. "Das macht man aber nicht über großzügige Boni von oben, das verhandelt man ordentlich im Rahmen eines Tarifvertrages." Nach dem Tarifvertrag für Angestellte richtet sich in der Regel die Anpassung der Beamtenbesoldung.
Scharfe Kritik übt die Bildungsgewerkschaft GEW am Vorstoß der Bildungsministerin. Von "abstrusen Ideen" und "typischer FDP-Denke" spricht Landesvorstandssprecherin Elke Suhr. Nicht in Bausch und Bogen ablehnend äußert sich dagegen der Zentralelternbeirat (ZEB). Dessen Sprecher Martin Stoevesandt sagt zwar: "Beamte mit Geld zu prämieren, halte ich für schwierig." Gleichwohl kann er sich vorstellen, monetäre Anreize für Lehrerinnen und Lehrer zu schaffen, die bereit sind, in Schulen mit einem hohen Sozialindex zu arbeiten.
In einem Interview mit der "Bild"-Zeitung hatte Stark-Watzinger mehr Geld für Lehrer gefordert, die über Jahre hinweg besonders gute Klassen hervorbringen. Zudem brachte sie Prämien für Zusatzaktionen wie einen Schüleraustausch ins Spiel und regte schnellere Beförderungen der engagiertesten Lehrkräfte an. "Es muss sich mehr lohnen, sich für die Chancen und die Zukunft unserer Kinder einzusetzen", so Stark-Watzinger. Damit will die 54-Jährige neue Anreize schaffen, um jungen Menschen und Quereinsteigern den Lehrerberuf schmackhaft zu machen.
Die GEW sieht darin einen Akt purer Verzweiflung – mit dem Potenzial, das Arbeitsklima nachhaltig zu vergiften. "Mit Prämien spaltet man das Kollegium", warnt Suhr. Zudem vermisst sie eine Würdigung des nicht-unterrichtenden Personals. "Wenn schon Prämien, dann für alle Schulbeschäftigten." In ihren Augen geht die Prämienidee aber am eigentlichen Problem vorbei. "Die ganze Misere gibt es doch nur, weil über viele Jahre nicht genügend ausgebildet wurde." Sie fordert eine Initiative der Kultusministerkonferenz (KMK), bundesweit müsse die Lehramtsausbildung wieder hochgefahren werden. "Und dann geht es um bessere Arbeitsbedingungen – jetzt flüchten die Lehrer aus dem Beruf."
Alles andere als begeistert ist auch der Philologenverband. "Wie will man denn ermitteln, wer gut und wer schlecht ist, welcher Parameter soll da zählen", gibt der Bremer Landesvorsitzende Hermann Pribbernow zu bedenken. Auch er warnt vor Zerwürfnissen unter den Lehrkräften. Ein weiterer Kritikpunkt: Es gebe doch schon eine Gehaltsstruktur, die mehr Geld für längere Berufszeiten vorsehe und damit Erfahrungswerte berücksichtige. Zudem seien Beamte per Eid verpflichtet, ihr Bestes zu geben – eine Prämie für besonders engagierte Lehrkräfte unterstelle, dass das nicht immer der Fall sei.
ZEB-Sprecher Stoevesandt wirft ebenfalls die Frage auf, wer über die Unterrichtsqualität befinden soll. Einen besseren Ansatz sieht er darin, finanzielle Anreize für den Dienst in problematischen Stadtteilen zu bieten – notfalls verknüpft mit einer Versetzung aus voll versorgten Schulen in Schulen mit Personalengpässen. Zu seinem Bedauern habe Aulepp das aber kategorisch ausgeschlossen, sie wolle keinen Lehrer gegen seinen Willen versetzen. Aus Stoevesandts Sicht verpasst man damit eine Chance: "Wir müssen kreativ werden."
Kreativität bei der Bekämpfung des Lehrermangels dürfte das Bildungsressort für sich in Anspruch nehmen. Aulepp verweist auf den kürzlich erarbeiteten Drei-Punkte-Plan, nach dem der Quereinstieg erleichtert, die Teilzeitquote verringert und ausländische Abschlüsse einfacher anerkannt werden sollen. Dabei soll es laut Aulepp aber nicht bleiben. "Wir werden noch mehr Maßnahmen ergreifen müssen, um mehr Menschen den Berufsort Schule zu eröffnen." Denn: Mehr Lehrkräfte und mehr multiprofessionelles Personal in den Schulen sei nötig.
Bremen hat bislang darauf verzichtet, Lehrkräfte mit besonderen Prämien zu ködern. Wer sich jedoch in Niedersachsen für den Lehrerberuf entscheidet, kann je nach Schulform und Fächerkombination mit monatlichen Prämien von 150 bis 400 Euro rechnen. Was den finanziellen Faktor angeht, ist Bremen allerdings nicht untätig geblieben. Im August 2021 sind die Gehälter von Grundschul- und Gymnasiallehrern angeglichen worden. "Mit Grundschülern zu arbeiten ist nicht weniger wert als mit gymnasialen Kindern", sagt Ressortsprecher Aygün Kilincsoy. "Damit waren wir in Deutschland der Vorreiter."