Die Pandemie hat die Lebensgewohnheiten der Menschen verändert. Eine Auswirkung der vor allem im Frühjahr und im Herbst zu Hause verbrachten Stunden, unzähligen selbst gekochten oder zum Mitnehmen gekauften Essen: Es entsteht mehr Müll. Die Bremer Stadtreinigung (DBS) verzeichnet einen Anstieg von 3,5 Prozent bei den Restabfällen im Vergleich zu 2019, die Gesamtmenge ist um zwei Prozent gestiegen. Auch die Mengen in den Wertstofftonnen und den Gelben Säcken haben sich nach Angaben der Firma RMG Rohstoffmanagement GmbH um insgesamt etwa 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht – wobei Bremen mit dieser Zahl im bundesweiten Durchschnitt am unteren Ende liegt.
„Wir sehen deutschlandweit eine Steigerung beim Abfall durch Leichtverpackungen und bei Altglas um durchschnittlich fünf bis zehn Prozent“, sagt Axel Subklew, Sprecher der Kampagne „Mülltrennung wirkt“, die von den dualen Systemen ins Leben gerufen worden ist. „Das ist auch logisch, denn wenn zu Hause mehr konsumiert wird, entsteht dort auch mehr Abfall.“ Dass der Anstieg des coronabedingten Verpackungsmülls in Bremen moderater ausfällt als in anderen Großstädten, hängt laut Subklew auch damit zusammen, dass Gelbe Säcke und Tonnen streng kontrolliert und entsprechend korrekter befüllt würden. „Man könnte sagen, dass die Bremerinnen und Bremer allgemein gute Mülltrenner sind“, sagt er. Das sieht auch Marc Gaber, Projektleiter für die Glas- und Leichtverpackungsentsorgung der RMG so. Seit 2017 hatte sich die entsorgte Menge um jeweils vier Prozent reduziert. Diesen Trend allerdings hat Corona nun gestoppt.
Das gilt auch für die Bioabfälle, für die die DBS 8,5 Prozent mehr als noch 2019 in der Jahresstatistik stehen hat – eine Folge der zu einem wesentlich größeren Anteil als in Vor-Corona-Zeiten zu Hause verarbeiteten Lebensmittel. Dass offenbar viele die Einschränkungen im Rahmen der Pandemie auch dazu nutzten, im Garten oder Keller aufzuräumen, lässt sich ebenfalls an den Müllmengen ablesen. „Grünabfälle wurden im März und im November deutlich über dem Vorjahresniveau abgegeben“, sagt DBS-Sprecherin Lena Endelmann. Zum Vergleich: Im März 2020 wurden mit 2115 Tonnen knapp 500 Tonnen Grünabfälle mehr abgegeben als im selben Monat des Vorjahres, im November rund 370 Tonnen mehr.
Die Recyclingstationen, an denen auch Sperrmüll abgegeben werden kann, waren laut Endelmann durchgehend geöffnet und vor allem in den Sommermonaten häufig frequentiert. Zu den dort abgegebenen Gesamtmengen lägen jedoch noch keine belastbaren Zahlen vor. „Es wurden auch erhöhte Mengen von großen Kunststoffen, brennbaren Bauabfällen und Metallen angefallen“, sagt die Sprecherin. „Das lässt sich auch darauf zurückführen, dass die Menschen mehr Zeit zum Entrümpeln hatten.“
Gesamtmüll hat sich um zwei Prozent erhöht
Aufs Jahr gesehen nicht mehr Abfall ist laut DBS in Bremen durch Papier, Pappe und Kartons entstanden. Auch illegaler Müll sei nicht häufiger oder in größeren Mengen als in anderen Jahren gefunden worden. Insgesamt stehen der größeren Menge des Privatmülls weniger Gewerbeabfälle gegenüber, auch deshalb hat sich Endelmann zufolge der Gesamtmüll um lediglich zwei Prozent erhöht.
Auffällig bei den Zahlen zu den Leichtverpackungen ist der Monat Juni. Laut RMG gab es mit 1705 Tonnen im Vergleich zu 1590 Tonnen im Juni 2019 einen Anstieg um mehr als sieben Prozent. In Monaten des ersten Lockdowns lagen die Zuwächse zwischen 0,1 Prozent und 1,9 Prozent. Was genau dazu geführt hat, dass die Bremerinnen und Bremer zu Beginn des Sommers besonders viele Verpackungen entsorgten, ist laut RMG-Projektleiter Gaber unklar. „Möglich, dass die Leute das gute Wetter genutzt und viel draußen gegessen haben, was viele Einwegverpackungen zur Folge gehabt haben könnte.“
In den Monaten Juli und August, für viele die Haupt-Urlaubszeit, hatte es dagegen wieder nur einen leichten Anstieg beziehungsweise sogar einen Rückgang um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr gegeben. Auch Mülltrennungsexperte Subklew kann sich den Juni-Ausrutscher in der Bremer Statistik nicht erklären. „Dass es jahreszeitlich bedingte Verschiebungen gibt, ist aber normal“, sagt er.
Was deutschlandweit seit Jahren für immer mehr Verpackungen im Müll sorgt, ist der Trend, dass immer häufiger Menschen vorverarbeitete, teils aufwendig verpackte Lebensmittel („Convenience Food“) im Supermarkt kaufen. „Seit 2010 sehen wir einen Anstieg um rund 18 Prozent“, sagt Subklew.