Nach den Sachverständigen sind nun wieder die Politiker an der Reihe: Die Deputation für Inneres wird sich in ihrer Sondersitzung am Donnerstag, 29. Oktober, einmal mehr mit der Neufassung des Polizeigesetzes befassen. Beraten werden müssen die Änderungen am Gesetzestext, die die Regierungskoalition auf Basis der Gutachten von externen Experten vorgenommen hat. Die Fachleute, darunter Juristen und Datenschutzbeauftragte, hatten die Deputierten Anfang September in einer sechsstündigen Sitzung unter anderem darauf hingewiesen, dass Passagen des Entwurfs verfassungsrechtliche Probleme nach sich ziehen könnten.
Zu den Punkten, die die Sachverständigen bemängelt hatten, gehörte auch die Kennzeichnungspflicht für Polizisten, die neu ins Gesetz aufgenommen werden soll. Bislang ist sie auf der Basis eines Erlasses aus dem Jahr 2014 geregelt. Wann und in welchem Umfang sie gelten soll, war den Fachleuten im Entwurf zu eng begrenzt. Der neue Paragraf 9 soll nun genauer definiert werden, und zwar um die Klarstellung, dass die Kennzeichnungspflicht besteht, sobald die Polizistinnen und Polizisten in Einsatzeinheiten tätig werden. Außerdem soll die Polizei sicherstellen, dass die Kennzeichnungen nicht nur während der Einsätze ständig verfügbar sind, sondern dass die Beamten auch noch nachträglich in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren identifiziert werden können. Noch länger soll diese nachträgliche Identifikationspflicht gelten, wenn Strafverfahren oder Verfahren des unabhängigen Polizeibeauftragten betroffen sind.
Erweitert werden soll auch Paragraf 12 zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Er regelt, dass Personen, von denen Gefahr für andere ausgeht, für bis zu zehn Tage aus der Wohnung der Gefährdeten entfernt werden können. Die Einhaltung dieses Rückkehrverbots soll die Polizei künftig überwachen. In der Praxis kehren der Wohnung verwiesene Personen in einigen Fällen mit der Einwilligung des Opfers vor Ablauf der Frist zurück. Durch den neuen Absatz im Paragrafen sollen sie künftig besser geschützt und die Rückkehrverbote konsequenter durchgesetzt werden.
Neu aufgenommen werden soll nach den Plänen von SPD, Grünen und Linken ein Paragraf, der regelt, dass sich Polizisten auf Verfassungstreue prüfen lassen müssen. Die Vorlage ist ein entsprechender Paragraf aus dem Bremischen Beamtengesetz. Hintergrund sind die aktuellen Debatten um Rassismus und Rechtsextremismus in den Polizeien einiger Bundesländer sowie der Schutz der Polizei vor Unterwanderung durch Extremisten und Kriminelle wie etwa Clan-Mitglieder. Bislang werden nur Bewerber vor ihrer Einstellung überprüft, das geschieht auf freiwilliger Basis.
Sieben-Jahre-Regel soll entfallen
Der Gesetzentwurf hatte im Rahmen des neuen Paragrafen 145 eine Zuverlässigkeitsüberprüfung auch für bereits bei der Polizei beschäftigte Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamte vorgesehen, sowohl stichpunktartig und spätestens alle sieben Jahre. Die Sieben-Jahre-Regel soll nun entfallen, anlassbezogen sollen aber nun alle bei den Polizeien in Bremen und Bremerhaven und beim Landeskriminalamt Beschäftigten auf ihre Gesinnung überprüft werden können.
Die sogenannte „Kontrollquittung“ bei Personenkontrollen, die dem Durchsuchten ein Recht auf Angabe des Grundes garantiert, soll zusammen mit einem Bündel anderer neuer Anforderungen erst zum 1. September 2021 in Kraft treten. Der Hintergrund: Die Polizei soll die neuen Regelungen möglichst digital umsetzen, bekommt mit der Verschiebung Zeit für die Vorbereitung.
Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) erklärte auf Nachfrage, alle an der Überarbeitung Beteiligten hätten „um jedes Detail intensiv gerungen“. „Nach der Anhörung der Sachverständigen am 8. September liegt nun ein Kompromiss vor, der kritische Stimmen aus unterschiedlichsten Richtungen aufgenommen und berücksichtigt hat“, sagte der Senator. Die Bürgerschaft wird über das neue Gesetz voraussichtlich in ihrer Novembersitzung in zweiter Lesung abstimmen.
Neben dem Polizeigesetz wird sich die Innendeputation auch mit der Besetzung des ehemaligen Kulturzentrums " Dete " in der Neustadt beschäftigen. Das hatten die Fraktionen von CDU und FDP beantragt.