Die CDU hat der rot-grün-roten Koalition ihre Mitarbeit an einem Sanierungskonzept für den städtischen Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) angeboten. Die Entwicklung einer solchen Strategie dürfe allerdings nicht auf die lange Bank geschoben werden, mahnte CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp am Mittwoch in einer Bürgerschaftsdebatte zur Lage der Geno. Nach seinen Vorstellungen könnten die Grundzüge eines Sanierungsplanes bis Weihnachten stehen.
Röwekamp hatte die Koalition und Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) zuvor hart attackiert und insbesondere der rot-grünen Vorgängerregierung die Verantwortung für die wirtschaftliche Misere der Geno zugewiesen. In den vergangenen Jahren habe Bremen der Gesundheit Nord immer wieder Finanzspritzen verabreicht, ohne dass mehr erreicht worden wäre als die Vermeidung einer Insolvenz. Was beim städtischen Klinikverbund über Jahre hinweg passiert ist, sei in finanzieller Hinsicht ein noch größeres Desaster für die öffentliche Hand als die Pleiten der Vulkan-Werft und des Space Park.
SPD-Haushaltspolitiker Arno Gottschalk räumte ein: "Wir sind in einer Situation, die ein ,Weiter so' nicht zulässt." Als Bremen der Geno im Sommer 2018 Hilfen von insgesamt 205 Millionen Euro bewilligte, sei er nicht davon ausgegangen, dass sich der Verbund der vier Krankenhäuser im Herbst 2019 schon wieder in einer akuten Krise befinden könnte. Gottschalk verwies auf problematische Strukturen in der gesamten deutschen Krankenhauswirtschaft, denen auch die Geno unterliege. Das aktuell größte Problem der Gesundheit Nord, nämlich die Bettensperrungen aus Mangel an Pflegepersonal, werde sich nicht über Nacht bewältigen lassen, müsse aber vorrangig angegangen werden. "Das Kernproblem liegt in der Pflege", bekräftigte Gottschalk.
Senatorin Bernhard sah das ähnlich und stellte der bisherigen Geno-Geschäftsführung in diesem Punkt ein schlechtes Zeugnis aus. Die Auswirkungen des vor zwei Jahren auf Bundesebene beschlossenen Pflegepersonal-Untergrenzengesetzes, das feste Betreuungsschlüssel in bestimmten klinischen Bereichen vorsieht, seien in ihren Auswirkungen auf die Geno-Häuser nicht ausreichend erkannt worden. Bernhard verteidigte vor diesem Hintergrund die Entlassung von Geno-Chefin Jutta Dernedde. Dies sei richtig gewesen, "weil dringend neue Impulse gesetzt werden müssen".
Bernhard kündigte für die Geno ein ganzes Bündel kurzfristiger Maßnahmen an. So soll bereits in den nächsten Wochen ein Nachfolger beziehungsweise eine Nachfolgerin für Jutta Dernedde bestellt werden. Diese Person wird laut Bernhard nicht mehr gleichberechtigter Sprecher der vierköpfigen Geschäftsführung, sondern ihr Vorsitzender sein, also mit erweiterten Befugnissen ausgestattet. Eine noch zu bestellende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft soll die Zahlen der Geno kritisch unter die Lupe nehmen. Des Weiteren will Claudia Bernhard Veränderungen auf der Arbeitgeberseite des Aufsichtsrats vornehmen. Dort soll mehr krankenhausfachliche Kompetenz Einzug halten.
FDP: Geno ist kein Misserfolg
Applaus auch von der Opposition erhielt die Senatorin für ihre Zusage, bei der Fortschreibung der Landeskrankenhausplanung den Dialog mit den freigemeinnützigen Kliniken (Diako, St.-Joseph-Stift, Roland-Klinik, Rotes-Kreuz-Krankenhaus) zu intensivieren. Wenn die freien Kliniken als gleichberechtigte Akteure behandelt werden wollten, müssten sie allerdings auch die gleichen Lasten schultern wie die Gesundheit Nord. "Es kann nicht sein, dass eine freie Klinik übers Wochenende ihre Geburtshilfe dicht macht und die Patientinnen dann zur Geno schickt", wie dies bereits vorgekommen sei.
Für die Grünen warnte ihre Gesundheitspolitikerin Ilona Osterkamp-Weber davor, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, als stünde die Gesundheit Nord unmittelbar vor dem Kollaps – mit der Folge eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung Bremens. Das sei mitnichten so und dürfe nicht herbeigeredet werden. Auch Magnus Buhlert (FDP) riet dazu, bei aller kritischen Auseinandersetzung mit bestimmten Missständen bei der Gesundheit Nord die Kirche im Dorf zu lassen. "Die Geno ist kein Misserfolg", sagte der Liberale mit Nachdruck, ihre Kliniken versorgten jeden Tag viele Menschen auf hohem Niveau. Ohne ein stimmiges Konzept könne die Bürgerschaft allerdings kein neues Geld für die Geno bewilligen.
Für die Linken benannte Fraktionschef Nelson Janßen – ähnlich wie die meisten seiner Vorredner – die Bettensperrungen als das größte Problem. Täglich könnten derzeit im Schnitt 45 Betten nicht belegt werden, was hochgerechnet jährliche Einnahmeausfälle von knapp 20 Millionen Euro zur Folge habe. Wenn die CDU nun das Heil in der Berufung externer Sanierungsexperten sehe, sei das allerdings falsch. Mit der Beratungsfirma WMC sei 2018/19 dieser externe Sachverstand ja im Haus gewesen, ein WMC-Manager habe sogar aktiv in die Steuerung der Geno eingegriffen. "Zur Lösung der Probleme hat das aber nichts beigetragen", sagt Janßen.