Bevor sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer in der kommenden Woche an der Weser treffen, wurden vom Bremer Senat die Planungen für den Doppelhaushalt 2016/2017 einen Schritt nach vorne gebracht. „Die Eckwerte sind beschlossen“, verkündete Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) am Dienstag.
„Wir haben einen Haushaltsrahmen geschaffen, der das strukturelle Haushaltsdefizit weiter senkt. Damit erfüllen wir den Konsolidierungskurs weiterhin.“ Finanzsenatorin Karoline Linnnert (Grüne) mahnte: „Die Spielräume werden in den kommenden Jahren noch enger. Wir haben viel geschafft, aber es bleibt noch viel zu tun, damit Bremen ab 2020 die Schuldenbremse einhalten kann.“Nach den Berechnungen des Finanzressorts werden im kommenden Jahr den Einnahmen von rund 4,3 Milliarden Euro Ausgaben von rund 4,8 Milliarden Euro gegenüberstehen. 2017 werden es 4,5 zu 4,9 Milliarden Euro sein. Das bedeutet, dass der Puffer zu der auf dem Konsolidierungspfad maximal erlaubten Neuverschuldung schrumpft: von 183 Millionen Euro in diesem Jahr auf 56 beziehungsweise 21 Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren. Sollte Bremen aus irgendwelchen Gründen – etwa gestiegenen Zinsen – für seine rund 20 Milliarden Euro Schulden, über diesen Puffer hinausgehen müssen, würde der Stabilitätsrat die jährlichen 300 Millionen Euro Zinsbeihilfe streichen.
Ohnehin ist das Zahlenwerk angreifbar. Nicht eingepreist wurden die aktuellen Haushaltsrisiken, der zu erwartende Nachtragshaushalt sowie die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Kosten für Flüchtlinge. Doch trotz dieser Ungewissheit verteidigte Linnert das frühe Festlegen auf Eckwerte: Andernfalls würde sich die tatsächliche Verabschiedung des Doppelhaushalts noch weiter nach hinten verschieben.
„Das ist das Scheitern der linnertschen Finanzpolitik“, kommentierte Jens Eckhoff, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft. „Wir sind entsetzt darüber, dass man nur eine Woche vor der Ministerpräsidentenkonferenz mitteilt, dass Bremen den Sanierungspfad ab 2018 verlassen wird.“ Sein linker Kollege Klaus-Rainer Rupp forderte: „Bremen muss endlich sagen, dass der Sanierungspfad ohne Zuwendungen vom Bund nicht eingehalten werden kann.“ Das Eckpunktepapier blende die Haushaltsrealität bewusst aus. Und auch Hauke Hilz (FDP) äußerte Bedenken: „Da muss die Finanzsenatorin noch nacharbeiten.“
Dennoch gibt es einen gewissen Hoffnungsschimmer, wenn die 16 Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel in Bremen um die neue überregionale Finanzverteilung ringen. Bremen könnte ausgerechnet von einem Vorschlag der unionsgeführten Länder profitieren: Nach einer neuen Berechnung bieten sie an, die Zinsbeihilfe für die Hansestadt von 300 Millionen auf 500 Millionen Euro zu erhöhen.
Derzeit bekommt Bremen schon über den allgemeinen Länderfinanzausgleich (Lfa) rund 660 Millionen Euro jährlich. Bayern, Hessen, das Saarland, Sachsen sowie Sachsen-Anhalt wollen auch hier 45 Millionen Euro mehr für die bremische Staatskasse bewilligen. Zudem erkennen die fünf Ministerpräsidenten an, dass Bremen und das Saarland „ergänzende finanzielle Hilfen“ bekommen könnten – eine halbe Milliarde Euro für jedes der beiden Länder. Das wären also 200 Millionen mehr als die 300 Millionen Euro, die Bremen derzeit als Zinsbeihilfe bekommt.
Zusammen mit der Verbesserung aus dem allgemeinen Lfa wären das pro Jahr für das Land Bremen fast eine Viertelmilliarde Euro mehr. Dieser Betrag ist zudem deutlich höher als jener, der als Berechnungsgrundlage in einem Vorschlag der SPD-Länder genannt ist. Demnach würde Bremen bei einer Neuordnung des Länderfinanzsystems zwar aus dem allgemeinen Lfa über 90 Millionen Euro mehr bekommen. Es bliebe allerdings bei der Sonderhilfe bis 2019 bei 300 Millionen Euro – so wie bislang vereinbart.
Fachleute betonen indes, dass das System der Finanzverteilung zahlreiche Stellschrauben biete. Die Laufzeit für künftige Hilfszahlungen gehörte dazu, aber auch die Höhe der Einwohnerwertung. Die wird speziell den Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin gewährt, weil diese mit ihrem Geld diejenigen städtischen Angebote finanzieren, die auch von der Bevölkerung aus dem Umland wahrgenommen werden.