Krankheiten oder Verletzungen, beispielsweise nach einem Sturz, können im Alter zu permanenten Einschränkungen führen. "Unerwartete einschneidende Lebensveränderungen" nennt es das Konzept für ein Modellprojekt, mit dem die sogenannte aufsuchende Altenarbeit in Bremen weiterentwickelt werden soll. Praktisch heißt das, dass ab Mai der Sozialdienst des Rot-Kreuz-Krankenhauses (RKK) in der Neustadt enger als bisher mit der Caritas als einer Trägerin der aufsuchenden Altenarbeit im Bremer Süden kooperieren wird. In der zweiten Jahreshälfte soll in Gröpelingen ein ähnliches Angebot starten. Hier sind das Nachbarschaftshaus sowie das Lokale integrierte Gesundheitszentrum für Alle (Liga) Partner.
Bislang beschränkt sich die aufsuchende Altenarbeit auf zumeist alleinstehende Senioren, die kaum oder gar keine Kontakte zu Nachbarn oder der Familie gepflegt haben. Sie wurden beispielsweise von Ehrenamtlichen besucht, die sie über Angebote für ältere Menschen in ihrem Quartier informiert haben. Insgesamt acht Träger haben diese Art der aufsuchenden Altenarbeit in diversen Stadtteilen inzwischen dauerhaft etabliert.
In dem jetzt startenden Modellvorhaben stehen dagegen die erwähnten Lebenseinschnitte im Mittelpunkt. Das kann die eigene Pflegebedürftigkeit oder die des Partners nach einem Krankenhausaufenthalt sein, aber auch ein allgemein verschlechterter Gesundheitszustand oder der Verlust von Lebenspartnern. Gemeint sind stets Umbrüche, die wahrscheinlich nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden können.
Aus diesem Grund soll der Sozialdienst des RKK ältere Menschen und ihre Angehörigen in der Neustadt gezielt nach einem Krankenhausaufenthalt ansprechen. Denn der Sozialdienst des Krankenhauses informiert betroffene Patienten zwar noch über Ansprüche und Hilfsmöglichkeiten, ist aber nach der Entlassung aus der Klinik nicht mehr zuständig. Die Betroffenen müssen die anstehenden Aufgaben dann allein bewältigen. Für Rückfragen müssen sie sich wieder aktiv um neue Ansprechpartner bemühen. Das ist regelmäßig eine große Herausforderung. Informiert durch das Krankenhaus kann die aufsuchende Altenarbeit darum unmittelbar die Lücke zwischen Entlassungsmanagement und langfristigen Hilfen schließen.
Übergeordnetes Ziel ist es, möglichst viele ältere Menschen zu erreichen, die zwar auf Unterstützung angewiesen sind, aber mit entsprechender Betreuung noch lange selbstständig in ihrer häuslichen Umgebung weiterleben können. Laut Sozialressort kommt es in dieser ersten Phase nach einem Krankenhausaufenthalt insbesondere bei Alleinstehenden oftmals zu einer dann langfristigen Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung, weil gezielte Unterstützung vor Ort nicht organisiert wird.
Eine Grundidee der aufsuchenden Altenarbeit ist dabei die Organisation von ehrenamtlichen Netzwerken. Ganz praktisch können etwa Nachbarn angesprochen werden, ob sie zum Beispiel regelmäßig Einkäufe erledigen können. Wo professionelle Pflege gebraucht wird, kann der Kontakt zu den Anbietern hergestellt werden. Wird dafür finanzielle Unterstützung gebraucht, kann bei den entsprechenden Anträgen geholfen werden. Die Hoheit liegt dabei stets beim Betroffenen. Er allein entscheidet, welche Hilfen er in Anspruch nehmen möchte. Eine ausgebaute aufsuchende Altenarbeit will es ihm aber möglich machen, dazu informierte Entscheidungen zu treffen.