Kaum auf der Internetseite der Bremischen Bürgerschaft veröffentlicht, hat die Petition mit dem Titel "Schutz von Stadtbäumen" bereits mehr als 100 Mitzeichnerinnen und Mitzeichner. "Die Klimakrise verschärft die Situation der Stadtbäume – der vorhandene Großbaumbestand wird täglich wertvoller", schreibt Gunnar Oertel, von Haus aus Landschaftsplaner, zur Begründung seiner Petition. Die städtische Deputation für Umwelt, Klima und Landwirtschaft nimmt sich des Themas an diesem Donnerstag an.
In der öffentlichen Sitzung stellt die Verwaltung ihr "Handlungskonzept Stadtbäume 2024" und den Sachstand vor und hält bereits in der Vorlage fest: "Nach aktuellem Stand der Haushaltsverhandlungen und unter Berücksichtigung der zugeteilten Eckwerte für das Ressort werden für die Umsetzung des Handlungskonzeptes Stadtbäume keine Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden können."

Jahrzehntelang war dieser Baum Nachbar der Kunsthalle. Wo und wann in Bremen Neuanpflanzungen möglich sind, ist ungewiss.
Stadtbäume, stellt Gunnar Oertel fest, stünden "unter wachsendem Druck". Ursachen seien "Versiegelung der Wuchsorte, Trockenschäden, Neubebauung, Leitungsbau, Baustelleneinrichtung, Tiefgaragen, Grundwasserabsenkung und zunehmende Fällungen wegen Verkehrssicherungspflichten". Damit hat der frühere Geschäftsführer der Stiftung Nordwest Natur bereits viele Stichpunkte aus dem Bericht der senatorischen Behörde aufgegriffen. Oertel ist als Sprecher des Naturschutzbeirats Gast ohne Stimmrecht in der Umweltdeputation und war "lange bei der Planungsgruppe Grün", wie er sagt. "Ich habe schon viel mit Bäumen erlebt. Stadtbäume sind für viele Menschen ein zentraler Bezugsort zur Natur."
Diese Forderungen werden aufgestellt
Die Zehn-Punkte-Petition enthält rigorose Forderungen. Demnach sollen geschützte Bäume nur noch gefällt werden dürfen, wenn Ersatzstandorte in der Nähe gefunden werden. Ersatzpflanzungen müssten "ökologisch bemessen" sein: "Ein Ersatzbaum je Fällung eines Großbaumes ist völlig ungenügend", sagt Oertel. Geld für Nachpflanzungen in diesem Frühjahr müsse bereitgestellt werden.
Dem Umweltbetrieb Bremen (UBB) fehlt das Geld, um notwendig gewordene Fällungen mit Neupflanzungen auszugleichen. Dass jüngst, zum Beispiel im Steintor, noch neue Bäume gesetzt wurden, sei "aus noch verbliebenen Sondermitteln des vergangenen Jahres" bezahlt worden, sagt UBB-Sprecherin Kerstin Doty. Grundsätzlich pflanze der UBB in der Zeit von Oktober bis Ende März, "am besten aber im Winter, in der vegetationslosen Zeit". Bei Frost wird nicht gepflanzt – "oder wenn die Temperaturen noch oder schon zu hoch sind", was nach dem wärmsten Februar seit Beginn der Messung nahe liegt. Das könnte bedeuten, dass Baumpflanzungen erst im Winter 2024/2025 möglich werden.
"Baumschutz novellieren"
Weitere Forderungen der Petition lauten: Den UBB "personell und finanziell fitmachen". Ein Fällmoratorium für Altbäume und die "Korrektur alten Baurechts" seien "das Gebot der Stunde", desgleichen die Novellierung der Baumschutzverordnung. Die Punkte "ökologisch funktionsfähige Wuchsorte", "funktionierender Vollzug im Baumschutz" und "zeitgemäßer Umgang mit der Verkehrssicherungspflicht" ergänzen den Katalog.
Was "Wuchsorte" betrifft, greift der Bericht zum Konzept beispielsweise zu kleine Baumscheiben auf: Insgesamt 3193 Bäumen in UBB-Zuständigkeit müsste demnach mehr Platz verschafft werden – Kostenpunkt rund 19 Millionen Euro. Während eine Kraft für die Baumschutzkontrolle auf privatem Grund fehle, seien derzeit zwei Beschäftigte des UBB für den öffentlichen Bereich zuständig. Die "Verfolgung von rechtswidrigen Baumbeschädigungen" durch die Umweltbehörde habe im vergangenen Jahr nach zivilrechtlichen Schadensersatzverfahren rund 80.000 Euro eingebracht.
Altbaumschutz und Wurzelkontrolle
Zu den 31 Handlungsfeldern mit den Schwerpunkten Baumschutz, Neupflanzungen, Klimaschutz und strukturelle Verbesserungen zählt seit einem Jahr unter anderem die Baumbestandserklärung als Teil von Bauanträgen und die Festsetzung von Bäumen in Bebauungsplänen. Das betrifft auch die Schaffung vorgeschriebener Stellflächen für die Feuerwehr. Sogenannte Wurzelprotokolle und der Einsatz von Baumsachverständigen sollen helfen, Altbäume bei Tiefbauarbeiten auf öffentlichem Grund besser zu schützen. Auch nah an oder gar auf Leitungstrassen könnten Bäume gepflanzt werden.
Seit 2022 ist die sogenannte Fertigstellungs- und Entwicklungspflege im öffentlichen Raum neu gepflanzter Bäume von zwei bis drei auf fünf Jahre verlängert worden. Mehr als 500 stadtbildprägende Altbäume wurden identifiziert, um sie ausreichend zu bewässern. Das koste laut Behörde circa 727.000 Euro pro Jahr, ohne dass das Geld im Topf für die reguläre Unterhaltungspflege zur Verfügung stehe. Im Zuge der Klimaanpassungsstrategie neue Baumstandorte zu erschließen, sei "sehr aufwendig", heißt es in dem Bericht, auch weil Pflanzungen häufig "auf Widerstände bei den Anliegern treffen".