Nach Medienberichten wurden 2022 bundesweit mehr als 27.000 Wohnungen zwangsweise geräumt. Die Linken fordern angesichts rasant steigender Mieten einen verbesserten Kündigungsschutz von der Ampelregierung. Bei Nachzahlungen der Mietrückstände müssten „Räumungen in die Wohnungslosigkeit“ verboten werden, sagt Caren Lay, die Miet- und Wohnraumexpertin der Linken im Bundestag. Bremen belegt bei der Zahl der Zwangsräumungen einen Spitzenplatz.
Wie steht Bremen im bundesweiten Vergleich da?
Wenn man die Zwangsräumungen an der Zahl der Einwohner misst, gibt es in keinem Bundesland so viele wie in Bremen. Nach Berechnungen der Bundestagsfraktion der Linken auf Grundlage von Zahlen der "Deutschen Gerichtsvollzieher Zeitung" gab es 2022 in Bremen 6,03 Zwangsräumungen je 10.000 Einwohner. Rein statistisch gesehen sei das mehr als eine Zwangsräumung pro Tag. Hinter Bremen folgen Sachsen mit 5,54 und Sachsen-Anhalt mit 5,22 Zwangsräumungen je 10.000 Einwohner. In absoluten Zahlen wurden 2022 im Land Bremen 413 Wohnungen zwangsgeräumt. 2021 waren es 455. In der Stadt Bremen wurden 2022 nach Angabe des Justizressorts 302 Zwangsräumungen durch den Gerichtsvollzieher vorgenommen. Daten zu den Zwangsräumungen im vergangenen Jahr liegen noch nicht vor.
Wie oft droht eine Zwangsräumung bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften Gewoba und Brebau?
Das ist schwer zu beantworten, weil die sogenannten Räumungstitel – die Vollmacht, im Rahmen einer Zwangsvollstreckung eine Wohnung durch den Gerichtsvollzieher räumen zu lassen – nicht zwangsläufig zur Räumung führen müssen. Dennoch lässt sich an der Zahl der Räumungstitel eine Tendenz ablesen. Die aktuellsten Daten zum Vorgehen der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften stammen aus dem vergangenen Jahr. Von Januar bis November 2023 erwirkten die Gewoba 78 und die Brebau 42 Räumungstitel gegen säumige Mieter, macht zusammen 120. Das ist geringfügig weniger als 2022. Damals kamen beide Wohnungsbaugesellschaften auf 124 Räumungstitel: 88 entfielen auf die Gewoba, 36 auf die Brebau. Das geht aus der Antwort des Justizressorts auf eine Anfrage der Bürgerschaftsfraktion der Linken hervor.
Für welche Stadtteilen haben Gewoba und Brebau die meisten Räumungstitel erwirkt?
Ein Zusammenhang mit sozial benachteiligten Stadtteilen liegt auf der Hand. Bei der Gewoba entfielen 2023 die meisten Räumungstitel auf den Stadtteil Huchting (18). Danach folgen die Vahr (15) und Osterholz (10). Auf den weiteren Plätzen stehen Burglesum (8) sowie Blumenthal und Hemelingen (jeweils 5). Im Vergleich zum Vorjahr hat die Gewoba in Huchting sieben Räumungstitel mehr erwirkt, in Osterholz sechs weniger. Die Brebau hat ihre Daten in fünf Bereiche aufgeschlüsselt. Die meisten Räumungstitel für 2023 wurden im Bereich Arsten und Kattenturm (12) erwirkt, einer mehr als 2022. Es folgen die Bereiche Gröpelingen und Oslebshausen (11) sowie Aumund und Vegesack (10). In Gröpelingen und Oslebshausen hat sich die Anzahl der Räumungstitel gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt, in Aumund und Vegesack um einen Titel erhöht.
Wie viele Räumungstitel haben Gewoba und Brebau tatsächlich vollstreckt?
Von der Gewoba liegen dazu keine Zahlen vor. Wohl aber von der Brebau: 2022 wurden von den 36 Räumungstiteln zwölf vollstreckt. Von Januar bis November 2023 wurde bei 42 Räumungstiteln 18-mal der Gerichtsvollzieher angefordert. „Jede Zwangsräumung ist eine zu viel“, sagt Linken-Politikern Lay. Das sieht Bahne Michels genauso, er ist Sprecher des „Bremer Bündnis Zwangsräumungen Verhindern“. Mit seiner 2019 gegründeten Initiative will er bereits im Vorfeld drohender Zwangsräumungen aktiv werden. Michels weist darauf hin, dass Mietrückstände auch durch ausbleibende oder verspätete Zahlungen staatlicher Stellen entstehen können.
Wie oft kommt bei Zwangsräumungen die Polizei zum Einsatz?
Nach Angabe des Justizressorts werden Zwangsräumungen in der Regel ohne polizeiliche Unterstützungen durchgeführt. In Einzelfällen werde die Polizei aber doch hinzugezogen. So etwa, wenn ein „Reichsbürger“-Verdacht bestehe, die Gerichtsvollzieher bedroht würden oder im Vorfeld Störungen angekündigt seien. Im Jahr 2022 war die Polizei in der Stadt Bremen bei acht Zwangsräumungen angefordert. „Darüber hinaus sind spontane Einsätze durch sehr kurzfristige Amtshilfeersuchen möglich“, heißt es aus dem Justizressort.