Wer ein Gefühl dafür bekommen möchte, wie stressig gerade die Vorbereitungen für die Bundestagswahl am 23. Februar in Bremen sind, der kann dem Landeswahlleiter eine einfache Frage stellen: Werden er und seine Kollegen die Weihnachtsfeiertage mit ihren Liebsten verbringen oder Überstunden im Büro schieben müssen? Die etwas ausweichende Antwort von Andreas Cors: "Wir sind derzeit in der Lage, die Arbeit in einem guten, vertretbaren Tempo abwickeln zu können." Die Arbeit besteht dabei vor allem aus zwei Komponenten: zu erledigende Aufgaben und Fristen. Letztere hingegen stehen noch gar nicht endgültig fest.
Was sind die größten Probleme?
Der Bremer Landeswahlleiter berichtet, dass er und seine Kollegen in den anderen Ländern derzeit noch auf die finalen Termine vom Bundesinnenministerium warten. Aktuell rechnen sie mit ähnlichen Zeitfenstern wie 2005, als es das letzte Mal vorgezogene Wahlen gegeben hat.
Doch auch ohne endgültige Fristen gibt es genug zu tun. Vor eineinhalb Wochen hatte Andreas Cors einen Wahltermin im Januar gegenüber dem WESER-KURIER noch als "ziemlich sportlich" bezeichnet. Der nun beschlossene 23. Februar bedeute für ihn "eine gewisse Erleichterung", sei aber "immer noch sportlich". Immerhin beträgt die übliche Vorbereitungszeit für Bundestagswahlen zehn Monate.

Landeswahlleiter Andreas Cors bei einer Landespressekonferenz 2019. Er muss auch die Bundestagswahl im nächsten Jahr organisieren.
Gibt es genug Personal?
Oberste Priorität hat für den Wahlleiter jetzt die Suche nach Personal. Zehn bis 15 Leute braucht er am Ende, die im Wahlamt in allen Bereichen mit anpacken: von den Schulungen der 4200 Wahlhelfer in Bremen und 800 in Bremerhaven bis hin zur Prüfung der Unterstützerlisten von neuen Parteien. Wer sich selbst als Wahlhelfer mit einbringen möchte, findet im Internet unter www.wahlen.bremen.de ein entsprechendes Anmeldeformular.
Wenig Sorge bereiten Cors derzeit die Wahllokale. Bereits jetzt gebe es "eine gute Anzahl von Schulen", die wieder dabei und sonntags in der Regel ohnehin verfügbar seien. Vielmehr Organisation erfordere hingegen die Beschaffung und Verteilung von Wahlkabinen und weiterer Ausrüstung für den Wahltag.
Werden die Wahlzettel rechtzeitig gedruckt?
Ganz oben auf der Tagesordnung: Die Beauftragung der Druckereien, die in Kürze die Umschläge für die Briefwahl und, sobald verfügbar, auch die Stimmzettel und die Wählerverzeichnisse drucken sollen. Wer am Wahltag nicht zur Urne gehen möchte, kann voraussichtlich ab Anfang Februar seine Stimmzettel in einem nahe gelegenen Briefwahlzentrum abholen und dort abstimmen oder die Unterlagen per Post wieder einsenden. Cors aber sagt auch: Alles, was über die Post laufe, sei mit gewissen Unsicherheiten verbunden. "Da haben wir die Dinge nicht in der Hand." Kritisch sei das vor allem aufgrund verkürzter Fristen. Gilt sonst, dass die Briefwahl ab 40 Tagen vor der Wahl möglich ist, wird der Zeitraum diesmal wohl nur bei 20 bis 23 Tagen liegen.
Das bedeutet auch, dass sich die Parteien mit ihren Aufstellungsversammlungen ranhalten müssen. Sollten die Fristen von 2005 auch in diesem Jahr gelten, müssten ihre Wahlvorschläge und Unterstützerlisten bis zum 20. Januar um 18 Uhr beim Bundeswahlleiter eingegangen sein, rechnet Andreas Cors vor.
Haben die Parteien schon ihre Bundestagskandidaten nominiert?
Während die Bremer Grünen und die Linken ihre Kandidaten bereits auserkoren haben, muss die CDU diesen Donnerstag, 21. November, ihre nominierten Kandidaten noch final bestätigen. Die SPD will hingegen voraussichtlich am 10. Januar bei ihren Aufstellungskonferenzen unter anderem eine Nachfolge für die nicht mehr kandidierende Sarah Ryglewski wählen. Neben dem Bundestagsabgeordneten Uwe Schmidt ist Ulrike Hiller im Gespräch. Die FDP plant derzeit ebenfalls eine Aufstellungsversammlung, um ihren nominierten Kandidaten, den Bundestagsabgeordneten Volker Redder, formal zu bestätigen.
Der Bremer Landesvorsitzende von Bündnis Deutschland (BD), Jan Timke, verweist auf eine rechtliche Klärung innerhalb dieser Woche, ob seine Partei bundesweit rund 30.000 Unterschriften sammeln muss oder nicht, um zur Wahl zugelassen zu werden. Davon wolle der Bundesvorstand abhängig machen, ob Kandidaten aufgestellt werden sollen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Bremen will seine Kandidaten am 30. November bei einer Aufstellungsversammlung festlegen. Die AfD plant ihre Kandidatenkür Anfang Dezember. Unter anderem will dort der Landesvorsitzende Sergej Minich seinen Hut in den Ring werfen.
Wie wird die Rechtmäßigkeit der Wahl sichergestellt?
Bei all den Abläufen, Fristen und Kandidaten den Überblick zu behalten, ist für den Landeswahlleiter immens wichtig. Sei es bei den US-Wahlen 2021 oder auch denen zur Bremischen Bürgerschaft 2023: Die Rechtmäßigkeit der Abläufe steht unter Beobachtung wie selten zuvor. Immer öfter werden Wahlergebnisse von Wählern wie Kandidaten infrage gestellt.
Cors versucht, den Druck nicht zu nah an sich herankommen zu lassen: "Es lässt mich nicht kalt, aber ich mache einfach meinen Job." Natürlich merke auch er, dass sein Tun in den vergangenen Jahren verstärkt unter die Lupe genommen wird. Aber für den gelernten Ökonomen, der das Amt des Bremer Wahlleiters seit sechs Jahren ausübt, gebe es ein einfaches, aber sehr stabiles Sicherheitsnetz: die Gesetze. "Und die sind in Stein gemeißelt und immer oberstes Gebot."