Ist die Lounge der Deutschen Bahn am Bremer Hauptbahnhof noch zu retten? Wie berichtet, hat das Unternehmen angekündigt, die Räumlichkeiten wegen vergleichsweise niedriger Besuchszahlen schließen zu wollen – der genaue Zeitpunkt steht bislang nicht fest. Dagegen regt sich bei Reisenden, Fahrgastvertretern und in der Politik Widerstand. Beim WESER-KURIER haben sich mehrere Leser gemeldet, die den Erhalt der Lounge fordern. Der Tenor: Mit dem Angebot verlöre Bremen nicht nur einen komfortablen Warteraum für Vielreisende, sondern werde von der Bahn auch symbolisch herabgestuft.

Am Bremer Hauptbahnhof verkehren vier bis fünf Fernzüge pro Stunde.
Einer der Kritiker ist Norbert Specker, der nach eigener Aussage 20 Jahre lang mit der Bahncard 100 – quasi das Abo-Modell für den DB-Fernverkehr – unterwegs gewesen ist. Lange sei er nach Hannover gependelt. "Ich war immer froh, in die Lounge gehen zu können, wenn es kalt war", sagt Specker. Die Schließung sieht er als Schritt, gegen den sich Bremen auf jeden Fall wehren müsse: "Wenn die Bahn merkt, sie kommt damit durch, versucht sie es immer weiter."
Specker bezieht sich dabei weniger darauf, dass weitere Lounges – derzeit gibt es 15 Standorte in Deutschland – geschlossen werden könnten. Vielmehr sieht er Bremen als bedeutenden Bahnstandort gefährdet. Specker verweist in diesem Zusammenhang auf weitere Entwicklungen, die seiner Ansicht nach in die gleiche, problematische Richtung führen – beispielsweise die Streichung von IC-Verbindungen, die Bremen treffen könnte und Bremerhaven bereits getroffen hat.
Eine negative Signalwirkung befürchtet auch Bremens Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD). Ihre Bedenken hat sie der DB-Geschäftsführung in einem Brief mitgeteilt, in dem Ünsal unter anderem auf den oftmals formulierten DB-Anspruch hinweist, das Reisen im Fernverkehr attraktiver machen zu wollen. Die Senatorin erinnert zudem an Bremens Status als Landeshauptstadt sowie an die Bedeutung der Metropole im Nordwesten. Ünsal appelliert an die Bahn, die Entscheidung zu überdenken und zurückzunehmen.
Scharfe Kritik kommt vom Fahrgastverband Pro Bahn Niedersachsen/Bremen. "Für die Bahn steht nur der kurzfristige Gewinn im Vordergrund. Dass man Fahrgäste vergrault, stört anscheinend nicht", sagt der Landesvorsitzende Malte Diehl zur geplanten Lounge-Schließung. Seiner Erfahrung nach entscheiden sich viele Menschen explizit wegen solcher Serviceangebote für das Reisen mit der Bahn. Die DB wiederum sei "gefühlt dabei, alles auf die zweite Klasse auszurichten". Eigentlich, so Diehls Position, müsste die Bahn es zur Priorität machen, eine möglichst angenehme Reise zu schaffen. Mit dem Sparkurs erreiche das Unternehmen jedoch das Gegenteil.
Für den Fahrgastvertreter ist die bevorstehende Lounge-Schließung ein weiterer Schritt in Richtung weniger Service. Er erinnert daran, dass die Deutsche Bahn den Zugang zu den Lounges nach und nach erschwert hat – vor einigen Jahren konnte man das Angebot beispielsweise noch mit einem Sparpreis-Ticket der ersten Klasse nutzen. Die Bahn schließt durch strengere Zugangsregeln also bereits seit einiger Zeit einen Kreis von Kunden aus, der früher in den Lounges anzutreffen war. Überhaupt bekämen Erste-Klasse-Reisende für ihr Geld kaum noch einen Mehrwert, so Diehl. 50 Prozent teurer sei die erste gegenüber der zweiten Klasse – "das bezahlt man doch nicht nur für das weichere Kopfkissen".
In die Lounge kommen Erste-Klasse-Fahrgäste, sofern sie keinen entsprechenden BahnBonus-Status oder eine Bahncard 100 haben, ausschließlich mit einem Flexpreis-Ticket. Zur Einordnung: Wer ein solches Ticket zum Beispiel an einem Mittwoch für eine Fahrt am Freitag auf der Strecke Bremen–München bucht, zahlt mehr als 400 Euro. Selbst unter den Premiumkunden gebe es kaum jemanden, der gar nicht aufs Geld achte und diesen Vollpreis zahle, sagt Diehl. Kauft beispielsweise ein Gelegenheitsfahrer ein zuggebundenes Sparpreis-Ticket für die erste Klasse für dieselbe Strecke, bezahlt er immerhin noch 150 bis 200 Euro – und darf die Lounge nicht nutzen.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Entwicklung fordert der Fahrgastverband, dass der Bund ein gewisses Serviceniveau an allen größeren Bahnhöfen garantiert – notfalls unabhängig von der DB. Denkbar wäre in diesem Szenario also auch eine Lounge mit einem anderen Betreiber. Dass es in Bremen großen Bedarf gibt, ist für Diehl unbestreitbar. Die Aufenthaltsqualität am Hauptbahnhof sei schlecht, obwohl Bremen für Reisende im Fernverkehr als Knotenpunkt große Bedeutung habe. Vier bis fünf Fernzüge verkehren an dem Standort stündlich.