Nicht als Konkurrenten, sondern gemeinsam sollen die Bundesländer den Lehrkräftemangel bekämpfen. Das Mittel dafür: ein Staatsvertrag, der die Ausbildung angehender Lehrkräfte koordiniert. Als bundesweit erstes Landesparlament hat die Bürgerschaft am Donnerstag einen interfraktionellen Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und Linken beschlossen. Damit ist der Senat gehalten, sich in der Kultusministerkonferenz (KMK) für den Abschluss eines Bildungsstaatsvertrags einzusetzen. Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) erklärte, ein solcher Staatsvertrag liege im Gesamtinteresse ganz Deutschlands.
Ausgegangen ist die Initiative von der CDU, die Regierungsfraktionen haben sich angeschlossen. So kurz vor der Landtagswahl sei ein gemeinsames Vorgehen "etwas Besonderes", sagte Aulepp. Ein "wirklich starkes parlamentarisches Zeichen" sieht CDU-Bildungsexpertin Yvonne Averwerser in dem parteiübergreifenden Beschluss. "Das ist ein wichtiger Tag für die Bildungslandschaft in Bremen und Bremerhaven." Als kleinstes Bundesland habe Bremen ein ureigenes Interesse daran, nicht in einen ruinösen Wettbewerb mit den anderen Ländern zu treten.
Gegen den Antrag stimmte die FDP. Zur Begründung sagte Bildungsexperte Hauke Hilz, die Ausarbeitung eines Staatsvertrags dauere zu lange und nehme zu viele Kapazitäten in Anspruch. Hilz rechnete vor, bis zur Verabschiedung eines Staatsvertrags würden drei bis vier Jahre vergehen. Bei der Lehramtsausbildung gibt es Hilz zufolge nur eine sehr überschaubare Wanderungsbewegung. Die Priorität müsse auf der Ausbildung an der eigenen Universität liegen. "Deshalb ist dieser Antrag der falsche Weg."
Der Staatsvertrag soll auch Ausgleichszahlungen von Ländern vorsehen, die nicht genügend in die Lehramtsausbildung investieren. Ein weiterer Bestandteil: gemeinsame Modellrechnungen, um den Lehrkräftebedarf zu ermitteln. Daran hapert es derzeit. Einig sind sich die Experten nur, dass der Bedarf in die Zehntausende geht, die Schätzungen reichen von 30.000 bis 70.000. Miriam Strunge (Linke) beklagte ein "großes Nicht-Wissen über die Größe des Problems". Um kurzfristig Abhilfe zu schaffen, soll parallel zur Ausgestaltung des Staatsvertrags eine bundesweite Ausbildungsoffensive in Gang gebracht werden. Das Ziel ist, die Zahl der Lehramtsstudierenden in allen Bundesländern gleichermaßen zu steigern.
Nicht verkneifen konnte sich Gönül Bredehorst (SPD) die Anmerkung, dass der im CDU-Antrag als Kapazität angeführte ehemalige Berliner Bildungsstaatssekretär Mark Rackles ein Sozialdemokrat sei. Auch die Linken beanspruchen einen Anteil an der CDU-Expertise: Strunge wies darauf hin, dass der viel beachtete Rackles-Aufsatz über "Wege aus dem Lehrkräftemangel" bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung erschienen sei. Dazu Averwerser: "Natürlich nehmen wir Ideen auf, wenn sie gut sind." In dieser Hinsicht sei man nicht so ideologisch wie andere Parteien.