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Knappes Personal im Finanzamt Betriebsprüfungen sind eine Seltenheit

Bremen verzichtet jedes Jahr auf Steuereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe, weil es in der Finanzbehörde nicht genügend Betriebsprüfer gibt. Die Linken fordern eine Kurskorrektur in der Personalpolitik.
16.02.2023, 05:00 Uhr
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Betriebsprüfungen sind eine Seltenheit
Von Jürgen Theiner

Die Bremer Finanzbehörde verfügt nicht über genügend Personal, um ihre Ziele bei Betriebsprüfungen, bei der Steuerfahndung und der Aufdeckung sonstiger Verstöße gegen die Steuerpflichten zu erreichen. Das geht aus einer Antwort des Ressorts von Senator Dietmar Strehl (Grüne) auf eine Anfrage der Bürgerschaftsfraktion der Linken hervor.

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Wie hoch die Einnahmeverluste der Landeskasse durch Steuertricksereien und -kriminalität sind, kann die Behörde nicht einmal annäherungsweise abschätzen, wie sie in dem Papier einräumt. Von einer großen Dunkelziffer sei auszugehen. "Eine auskömmliche personelle und technische Ausstattung der Steuerverwaltung ist deshalb besonders wichtig", heißt in der Senatsantwort. Aus dem mitgelieferten Zahlenmaterial geht allerdings hervor, dass genau diese Voraussetzungen in Bremen nicht gegeben sind. Existierten im Jahr 2010 noch gut 1130 Vollzeitstellen in der Finanzverwaltung des Bundeslandes, so waren es 2021 etwa 100 weniger. Besonders eklatant ist der Mangel an Betriebsprüfern. Dort sollten eigentlich 189 Vollzeitstellen besetzt sein, faktisch vorhanden waren zum Stichtag 31. Dezember 2022 insgesamt 87, also nicht einmal die Hälfte. Bei der Steuerfahndung waren drei Viertel der Planstellen besetzt, bei der Umsatzsteuersonderprüfung 55 Prozent.

Entsprechend selten müssen in Bremen Betriebe unterschiedlicher Größen damit rechnen, dass das Finanzamt bei ihnen genauer in die Bücher schaut. Lag der Prüfungsturnus bei örtlichen Großbetrieben im Jahr 2010 noch bei 5,1 Jahren, so mussten die Unternehmensleitungen 2021 im Schnitt alle 10,2 Jahre mit einer Betriebsprüfung rechnen. Bei Betrieben mittlerer Größe lag der Prüfungsintervall 2010 bei 15,2 und 2021 bei 29,5 Jahren. Eigentümer von Klein- und Kleinstfirmen können sich in Bremen fast schon sicher sein, dass bei ihnen nie ein Außendienstler des Finanzamtes klingelt. Für Kleinbetriebe lag der Durchschnittsintervall 2010 bei gut 28 Jahren, 2021 bei 66 Jahren.

Was sind die Gründe für diese Entwicklung? Nach Darstellung der Behörde hat sich gerade in der Betriebsprüfung der Personalbestand durch hohe Zahlen altersbedingt ausscheidender Mitarbeiter und durch Wechsel in andere Tätigkeitsbereiche "kontinuierlich reduziert". Während der Pandemie seien zudem einige Prüfer fachfremd eingesetzt worden, etwa bei der Bearbeitung von Anträgen auf Corona-Hilfen und sogar in der Kontaktverfolgung von Covid-Infizierten. Einziger Lichtblick: Die Zahl der Auszubildenden in der Finanzverwaltung entwickelte sich zuletzt nach oben, von 85 im Jahr 2016 auf 143 im Jahr 2021.

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Der Linken-Finanzpolitiker Klaus-Rainer Rupp befürchtet allerdings, dass es auf dieser Basis in den kommenden Jahren nur für eine Verstetigung der Prüfaktivitäten auf niedrigem Niveau reicht. Die Finanzbehörde müsse personell noch stärker aufholen, denn: "Jeder Betriebsprüfer bringt dem Staat bares Geld ein, ein Vielfaches seiner Personalkosten", so Rupp. Aus seiner Sicht geht es bei dem Thema auch um Steuergerechtigkeit. Während abhängig Beschäftigten Steuern automatisch abgezogen würden, drückten sich manche Unternehmen davor, ihre Abgaben in der korrekten Höhe zu entrichten. Für Bremen gehe es dabei in jedem Jahr um hohe zweistellige Millionenbeträge.

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