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Bremer Finanzen Enge Spielräume für nächsten Senat: Was auf die Koalition zukommt

Wenn sich der neue Bremer Senat im Sommer ans Werk macht, wird er so gut wie keine finanziellen Gestaltungsspielräume vorfinden. Ein vertrauliches Papier der Finanzbehörde zeigt die Grenzen auf.
26.05.2023, 05:00 Uhr
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Enge Spielräume für nächsten Senat: Was auf die Koalition zukommt
Von Jürgen Theiner

Bremen wird aller Voraussicht nach auch in der nächsten Wahlperiode von einer rot-grün-roten Koalition regiert. Schon in der kommenden Woche werden sich erste Arbeitsgruppen zusammensetzen, um über Inhalte zu sprechen. Was das alte und neue Bündnis bis 2027 umsetzen kann, steht und fällt natürlich mit der Frage, wie viel Geld in den nächsten Jahren zur Verfügung steht. Ein aktuelles, vertrauliches Papier aus der grün-geführten Finanzbehörde gibt erste Hinweise. Auf 15 Seiten wird eine finanzpolitische Standortbestimmung vorgenommen, und ihre unausgesprochene Botschaft an die Koalitionäre lautet: Die Spielräume bleiben eng, es gibt angesichts massiver Vorbelastungen nichts zu verteilen.

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Wie war die Entwicklung der vergangenen Jahre?

Bremen kommt aus einer Phase der finanzpolitischen Konsolidierung. Weil die Bremer Haushalte seit Anfang der Siebzigerjahre chronisch defizitär waren, baute sich über Jahrzehnte eine Bugwelle von Schulden und steigenden Zinszahlungen auf, die 2010 ihren Höhepunkt erreichte. Ungefähr jeder vierte Euro, den das Land damals ausgab, war gepumpt. So konnte es nicht weitergehen. Unter der Führung der damaligen Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) und flankiert durch Konsolidierungshilfen des Bundes setzte ein Sparkurs ein, der dazu führte, dass sich die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen wieder zu schließen begann. Das Ziel bestand darin, ab 2020 wieder Haushaltsüberschüsse zu erzielen und sie zumindest teilweise für den Abbau der hohen Altschulden zu verwenden, die den Bremer Etat Jahr für Jahr mit rund 560 Millionen Euro für Zinszahlungen vorbelasten. Bedingt durch die Corona-Pandemie wurden die schwarzen Zahlen im Haushalt erst 2021 erreicht.

Wo steht Bremen jetzt?

Die Einnahmen liegen wieder leicht über den Ausgaben, allerdings gilt das nur für den "normalen" Haushalt. Denn Bremen hat im Zusammenhang mit der Pandemie und neuerdings zur Bekämpfung der Klima- und Energiekrise milliardenschwere Ausgabenprogramme aufgelegt. Dies war nur möglich, weil die für Bund und Länder gleichermaßen geltende Schuldenbremse in Krisenzeiten Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot neuer Schulden zulässt. Bezieht man diese außerplanmäßigen neuen Kredite in die Gesamtbetrachtung ein, dann "verzeichnen die geplanten Ausgaben weiterhin ein höheres Niveau als die geplanten Einnahmen", wie es in dem Papier der Finanzbehörde heißt.

Welche Entwicklungen sind absehbar?

Auf der Einnahmenseite plant die Finanzbehörde für die nächsten Jahre bei den Steuern mit Verbesserungen von jeweils 3,4 Prozent, was bis auf Weiteres unter der Inflationsrate liegen würde. Einige günstige Sondereffekte der vergangenen Jahre stellen sich nicht wieder ein. So hatte Bremen zum Beispiel die angesparten Millionen für das gestoppte Projekt Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) über einen längeren Zeitraum in den normalen Haushalt zurückfließen lassen. Bei den Ausgaben macht sich insbesondere die in den vergangenen Jahren deutlich aufgestockte Beschäftigung im öffentlichen Dienst bemerkbar. Hier und bei den Sozialausgaben sind jeweils dreistellige Millionenbeträge zusätzlich zu veranschlagen. Gleichwohl geht die Finanzbehörde in ihrem Papier davon aus, dass Bremen seinen Verpflichtungen zur Tilgung von Altschulden in den nächsten Jahren wird nachkommen können. Allerdings nur durch verstärkte Sparanstrengungen – in den kommenden Doppelhaushalt 2024/25 wird die Finanzbehörde wahrscheinlich wieder eine sogenannte globale Minderausgabe in zweistelliger Millionenhöhe einbauen müssen. Das ist eine Sparvorgabe, die über den Haushaltszeitraum noch erbracht werden muss, etwa durch Kürzungen und Verschiebungen geplanter Ausgaben.

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Gibt es zusätzliche Risiken?

In dem Ausblick der Finanzbehörde sind einige finanzwirksame Beschlüsse des Senats aus jüngerer Zeit noch nicht eingepreist. Das betrifft unter anderem mehrere Schulbauprojekte, Mehrausgaben aufgrund der Wohngeldreform und des Länderanteils am 49-Euro-Ticket, den Ausbau des Katastrophenschutzes sowie Projekte wie das "Stadtmusikantenhaus" und den Teilumzug der Uni in das Landesbankgebäude am Domshof. Für diese Belastungen muss in den Haushalten ab 2024 noch eine Lösung gefunden werden.

Welche Rolle spielt der Bund?

Er zahlt Bremen noch bis 2035 Sanierungshilfen von 400 Millionen Euro pro Jahr. Diese Hilfen sind unter anderem an Tilgungsverpflichtungen bei den Altschulden gebunden. Bremen muss jährlich im Schnitt 80 Millionen Euro dieser Verbindlichkeiten abtragen, andernfalls sind die Hilfen gefährdet. Der Stabilitätsrat von Bund und Ländern kann Bremen außerdem dazu anhalten, strengere Haushaltsdisziplin walten zu lassen. Und genau das hat er im Dezember 2022 getan. Der damals geplante und inzwischen beschlossene Klimaschutzfonds von 2,5 Milliarden Euro, so das Gremium, entfernten Bremen bei Zins- und Schuldenlast immer weiter vom Länderdurchschnitt. Das kleinste Bundesland wird in den nächsten Monaten ein Sanierungsprogramm auflegen müssen, das die Zins- und Rückzahlungsbelastungen aus dem Klimaprogramm auffängt.

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