- Wie ist die Situation in Bremen?
- Woher weiß man, dass die höhere Krankheitsquote auf dem Fachkräftemangel beruht?
- Welche Folgen hat das für die Mitarbeiter und die betroffenen Branchen?
- Wie bewertet die DAK ihre Befunde?
- Welche Gegenstrategien gibt es?
Wo Personal- und Fachkräftemangel herrscht, sind die noch vorhandenen Beschäftigten besonders belastet und häufiger krank. Das zeigt eine Auswertung von über 2,4 Millionen Patientendaten durch die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK). Demnach sind besonders Mitarbeiter in der Altenpflege sowie Berufskraftfahrer betroffen. Von 1000 bei der DAK versicherten Beschäftigten in diesen Bereichen fehlten an jedem Tag des vorigen Jahres 68 bis 70 wegen Krankheit. Über alle Berufsgruppen hinweg lag der Durchschnitt deutlich darunter und wird mit 55 krankheitsbedingten Ausfällen pro Tag und 1000 Beschäftigten angegeben. Auffallend höhere Fehlzeiten zeigten sich demnach in neun der zehn Berufe, die laut des Instituts für Deutsche Wirtschaft besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen sind.
Wie ist die Situation in Bremen?
Bremen unterscheidet sich nicht auffällig vom Gesamtergebnis. Allerdings ist hier der Krankenstand 2022 insgesamt etwas niedriger gewesen. Über alle Berufsgruppen hinweg lag er laut DAK-Analyse bei 53 Fehltagen. Die größte Abweichung unter den Mangelberufen hatten in Bremen mit 69 Tagen Beschäftigte aus dem Bereich der Kindererziehung und -betreuung. Unter den Bremer Berufskraftfahrern fehlten von 1000 Beschäftigten rein rechnerisch 66 an jedem Tag des Jahres 2022. Diese Angaben beruhen auf der Auswertung der Daten von 14.600 erwerbstätigen DAK-Versicherten in Bremen.
Woher weiß man, dass die höhere Krankheitsquote auf dem Fachkräftemangel beruht?
Zusätzlich zu der Analyse der Patientendaten hat die DAK insgesamt 7000 erwerbstätige Männer und Frauen repräsentativ durch das Forsa-Institut befragen lassen. Rund 45 Prozent davon bestätigten, dass es in den letzten zwölf Monaten lang andauernde Phasen gab, in denen die Arbeit mit dem vorhandenen Personal nur unter großen Anstrengungen zu bewältigen war. Bei 43 Prozent war das zumindest zeitweilig der Fall, nur für knapp 13 Prozent traf das nicht zu.
Die Antworten zur konkreten Arbeitsbelastung fielen entsprechend unterschiedlich aus. Wo Mitarbeitermangel vorherrscht, wird je nach Branche fünf bis zehnmal so häufig von starkem Termin- und Leistungsdruck, Überstunden und einem Verzicht auf Pausen berichtet, wie in den gut besetzten Arbeitsverhältnissen. In der Folge sind mehr als die Hälfte dieser Befragten ständig müde und erschöpft. Auch andere Beschwerden treten in dieser Gruppe häufig oder sehr häufig auf: Fast 40 Prozent berichten über Schlafstörungen und mehr als ein Drittel klagt über Rückenschmerzen. Jeder und jede Fünfte leidet unter Kopfschmerzen. Eine große Mehrheit von rund 70 Prozent derjenigen, die regelmäßig Personalmangel erleben, berichten außerdem, in den vergangenen zwölf Monaten auch krank gearbeitet zu haben, während dies in Belegschaften ohne Personalmangel für deutlich weniger als die Hälfte gilt.
Welche Folgen hat das für die Mitarbeiter und die betroffenen Branchen?
Bundesweit haben einige Beschäftigte persönliche Konsequenzen gezogen. Neun Prozent haben ihre Arbeitszeit reduziert und weitere neun Prozent erwägen, dies zu tun – was die Arbeitslast der übrigen Kolleginnen und Kollegen noch weiter erhöhen dürfte. "In einer Studie der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg hat jede sechste Pflegekraft angegeben, dass sie sich vorstellen kann, aus dem Beruf auszusteigen“, berichtet Jennie Auffenberg, Referentin für Gesundheits- und Pflegepolitik in der Arbeitnehmerkammer Bremen. Sie selbst hatte schon 2021 in einer Studie in Bremen ausgelotet, unter welchen Bedingungen sich Aussteiger aus den Pflegeberufen vorstellen könnten, wieder in der Pflege zu arbeiten. Danach erhält der Fachkräftemangel den Mangel aufrecht. "Man braucht mehr Pflegekräfte, um eine Qualität der Arbeit zu ermöglichen, die für Pflegekräfte so attraktiv ist, dass sie im Beruf bleiben und wiedereinsteigen“, sagt Auffenberg. Der Personalmangel sei der Beginn eines Teufelskreises.
Wie bewertet die DAK ihre Befunde?
Wie Auffenberg sieht es auch Jens Juncker, Landeschef der DAK in Bremen. „Der Personalmangel kann durch Stress und Belastungen den Krankenstand hochtreiben, was wiederum zu mehr Fehltagen führt und die Situation weiter verschärft." Für Andreas Storm, Vorstandschef der DAK, wird deutlich, dass der Zusammenhang zwischen Personalmangel und Krankenstand größer ist als bislang vermutet.
Welche Gegenstrategien gibt es?
Soweit der Fachkräftemangel als Kern des Problems nicht unmittelbar beseitigt werden kann, verweist die DAK auf die Möglichkeiten eines betrieblichen Gesundheitsmanagements. Das bedeutet unterschiedliche, aufeinander abgestimmte Maßnahmen, die zudem die Situation am Arbeitsplatz berücksichtigen. Ein paar allgemeine Kurse zum Thema Gesundheit reichen nicht aus. Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, pro Mitglied und Jahr 3,44 Euro in betriebliches Gesundheitsmanagement zu investieren. Für die 4,6 Millionen Mitglieder der DAK bedeutet das ein Gesamtbudget von knapp 16 Millionen Euro pro Jahr, mit dem die Kasse Firmen darin unterstützen kann, die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu erhalten.