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Elektronische Krankschreibung Das Ende des gelben Scheins

Eigentlich soll es den gelben Krankenschein in Papierform seit Jahresbeginn nicht mehr geben. Der wird ab jetzt elektronisch. Sind Arztpraxen, Krankenkassen und Arbeitgeber darauf vorbereitet?
03.01.2023, 05:00 Uhr
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Das Ende des gelben Scheins
Von Florian Schwiegershausen
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Der Krankenschein wird elektronisch, das ist an vielen Arbeitnehmern und Unternehmen vorbeigegangen. Eigentlich ist die papierlose Krankschreibung seit Jahresanfang Pflicht, doch nicht nur die Kassenärztliche Vereinigung geht davon aus, dass es in den kommenden Monaten noch etwas knirschen wird, bis der gelbe Schein in Papierform endgültig ausgemustert ist. Wie die Krankschreibung künftig ohne Papier funktionieren soll.

Was ändert sich für Arbeitnehmer?

Arbeitnehmer müssen künftig ihrem Arbeitgeber nur noch mitteilen, dass sie arbeitsunfähig sind. Das muss auch weiterhin der Hausarzt bescheinigen, aber Arbeitnehmer haben dann keine "Bringschuld" mehr. Das bedeutet: Sie müssen sich nicht mehr darum kümmern, dass der Arbeitgeber den gelben Krankenschein erhält. Beschäftigte sollten sich jedoch dringend bei ihrem Arbeitgeber erkundigen, ob dieser bereits technisch in der Lage ist, die Daten vom Krankenkassen-Server abzurufen. Auch der Krankenkasse müssen Arbeitnehmer ihre Krankmeldung nicht mehr mitteilen.

Was ändert sich für Arbeitgeber?

Arbeitgeber sind in der "Holschuld". Das bedeutet: Wenn ein Beschäftigter wie bisher spätestens am vierten Ausfalltag gemeldet hat, dass er krankgeschrieben ist, muss der Arbeitgeber diese Information von der Krankenkasse abrufen. An dem Tag, an dem der Hausarzt den Beschäftigten als arbeitsunfähig eingestuft hat, meldet er dies bis Mitternacht an die Krankenkasse. Dort liegen dann die Daten so vor, dass der Arbeitgeber die Krankmeldung am nächsten Tag abrufen kann. Eigentlich sollten sich die Arbeitgeber mit ihrer Software bereits darauf vorbereitet haben. Die Arztpraxen sind mit ihrer Technik auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, kurz eAU, größtenteils vorbereitet, wie es heißt.

Welche Vorteile bringt die elektronische Krankschreibung?

So manche Arbeitnehmer, die in der Pandemie telefonisch krankgeschrieben wurden, warteten per Post auf den gelben Schein. Entweder verschickte der Hausarzt die Krankmeldung an die Patienten nach Hause oder auf Wunsch direkt an den Arbeitgeber. Das entfällt nun. Die Praxen sparen dadurch Porto- und Briefkosten, für die krankgeschriebenen Patienten entfällt die Wartezeit.

Sind alle Seiten darauf vorbereitet?

Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen (KVHB) sagt, dass die Praxen auf die Umstellung technisch vorbereitet sind. "Die zugrunde liegende Technik, die Telematik-Infrastruktur, ist in allen Praxen implementiert. Die Anbieter von Praxisverwaltungssystemen müssen die Software zum Stichtag angepasst haben", sagt KVHB-Sprecher Christoph Fox. Die KVHB rechnet dennoch mit einer holprigen Umstellung. "Viele Arbeitgeber werden weder organisatorisch noch technisch in der Lage sein, die eAU elektronisch vom Krankenkassenserver abzurufen", sagt Fox. Wenn dies nicht gelinge, bedeute das einen Mehraufwand für die Praxen. Sie können weiterhin eine Papiervariante ausstellen. "Die Praxismitarbeiter müssen mit jedem Patienten das Verfahren abstimmen. Dieser Mehraufwand kommt angesichts der aktuellen Erkrankungswelle zur Unzeit", betont der Sprecher.

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Was sagen die Bremer Hausärzte?

Der Vorsitzende des Bremer Hausärzteverbands, Hans Michael Mühlenfeld, kritisiert das gewählte Datum für den Start: "Wir befinden uns nicht nur nach einem Feiertag, sondern auch noch an einem Quartalsbeginn. Schon allein daran merkt man, wie dilettantisch das umgesetzt und vorbereitet ist." Die Patienten wüssten von so gut wie nichts, sein Praxisteam müsse jetzt jedem Patienten erklären, warum man denn nun keinen gelben Papierschein bekommen solle. Auch auf Arbeitgeberseite herrscht laut dem Allgemeinmediziner, der seine Praxis in Woltmershausen hat, Unwissenheit. Er habe sich um die Technik im vergangenen Jahr gekümmert, andere Kollegen und Kolleginnen hätten sich damit Zeit gelassen.

Der Allgemeinmediziner Matthias Juricke mit seinem Praxisteam im Werder Karree in Habenhausen hat Verständnis, wenn Firmen technisch noch nicht darauf vorbereitet sind: "Viele Firmen haben in der momentanen Situation ganz andere Dinge im Kopf." Er selbst habe sich früh im vergangenen Jahr um die Technik gekümmert und nehme seit einigen Monaten am Verfahren teil, das bisher für die Arztpraxen auf freiwilliger Basis gelaufen sei. Juricke und Mühlenfeld werden auch vorerst weiterhin Krankschreibungen in Papierform ausstellen. Bis Dezember 2023 ist dies als Übergangsfrist im Notfall noch möglich, spätestens ab 2024 soll das neue Verfahren überall umgesetzt sein. Wenn es technisch einwandfrei läuft, ersparen dieser Schritt der Digitalisierung den Praxen Arbeit – da sind sich Mühlenfeld und Juricke sicher.

Erhalten alle Versicherten eine elektronische Krankschreibung?

Nein, bisher erhalten nur gesetzlich versicherte Arbeitnehmer die elektronische Krankschreibung; privat versicherte Arbeitnehmer, Minijobber oder Empfänger von Bürgergeld noch nicht. Weitere Informationen gibt die Verbraucherzentrale Bundesverband im Internet auf ihrer Seite https://bit.ly/3i5UWw6.

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