Es ist das Dauerthema der vergangenen Wochen: der Zustand der Bremer Weserbrücken. Einmal mehr hat sich nun die Bremer Politik mit den maroden Bauwerken auseinandergesetzt. Die Stadtbürgerschaft diskutierte am Dienstag auf Antrag der FDP unter anderem über die geplante Brückenbaugesellschaft und die Frage, wie sich das klamme Bremen einen Ersatz für die Bürgermeister-Smidt-Brücke leisten könnte. So haben die Fachpolitiker argumentiert.
Fynn Voigt (FDP): Voigt berichtete von Sorgen, die viele Bremer und Bremerinnen wegen der Brückensituation hätten. „Komme ich noch zur Arbeit, kann ich meine Kunden beliefern und meine Kinder in die Schule bringen?“, gab Voigt die Fragen wieder, die die Menschen beschäftigten. Die FDP wolle Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD) nun an ihren Ankündigungen messen – Ünsal hatte zuletzt bekräftigt, dem Neubau der Bürgermeister-Smidt-Brücke höchste Priorität einzuräumen. Voigt forderte ebenfalls einen schnellstmöglichen Bau und brachte dabei auch Nachtschichten ins Spiel. Bis zum Baubeginn wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Die Brückenbaugesellschaft, die Ünsal plant, muss zunächst gegründet werden. Voigt äußerte Skepsis hinsichtlich der Finanzierung des Brückenneubaus, der nach Schätzungen der Behörde einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag kosten soll.
Sven Schellenberg (BD): Bremen habe „Schulden an der Infrastruktur“ gemacht, sagte Schellenberg. Es gelinge dem Senat nicht, „lebenswichtige Verkehrsadern“ zu erhalten. Verantwortlich dafür sieht Schellenberg vor allem die Grünen, die in den vergangenen Legislaturperioden das Verkehrsressort geführt hatten. Bremens derzeitige Verkehrssenatorin trage keine Schuld am Status quo, liege aber mit der Idee einer Brückenbaugesellschaft daneben. Anstatt neues Personal zu finanzieren, müsse das Geld direkt in die Brücken fließen. „Wir brauchen eine neue, moderne Brücke – und das in Rekordgeschwindigkeit“, sagte Schellenberg.
Anja Schiemann (SPD): Schiemann warnte vor einer „Panikmache“ – schließlich sei es nicht so, dass man derzeit über die Weser paddeln müsse. Sie verwies darauf, dass marode Brücken kein Bremer Phänomen seien, sondern bundesweit Probleme bereiten. Zudem plädierte Schiemann dafür, positive Dinge stärker hervorzuheben: Es sei lobenswert, in welcher Geschwindigkeit man die Bürgermeister-Smidt-Brücke instandgesetzt habe. Schiemann äußerte zudem die Hoffnung, dass bis Mitte des Jahres zumindest Busse wieder über die Bürgermeister-Smidt-Straße fahren können. Trotzdem sei ein Neubau notwendig, betonte die SPD-Verkehrspolitikerin. Eine Brückenbaugesellschaft befürwortet Schiemann unter anderem mit dem Argument, dass es dadurch leichter gelingen könne, das notwendige Fachpersonal zu gewinnen.
Bithja Menzel (Grüne). Ein Brückenneubau sei eine komplexe Angelegenheit und werde mehrere Jahre in Anspruch nehmen, sagte Menzel. Für die Brückenbaugesellschaft spreche neben Vorteilen bei der Personalsuche auch die Möglichkeit einer langfristigen Planung. Menzel warb in diesem Zusammenhang für eine gerechte Verkehrspolitik, zu der auch die geplanten Fahrradbrücken über die Weser gehörten. Grundsätzlich müsse man sich darauf einstellen, in nächster Zeit sehr viel Geduld und Flexibilität zu brauchen. Sie verwies andererseits auf positive Beispiele aus der Vergangenheit: So sei die Lesumbrücke „in Rekordzeit“ saniert worden. Für Menzel ist aber auch klar, dass Bremen Unterstützung vom Bund brauchen werde, um mit dem Brückenproblem umzugehen.
Michael Jonitz (CDU): Laut Jonitz drohen der „verkehrspolitische Super-Gau“ und eine „Zweiteilung Bremens“, falls die Bürgermeister-Smidt-Brücke und die Wilhelm-Kaisen-Brücke zeitgleich für den Straßenbahnverkehr gesperrt werden müssten. Jonitz sprach von einer jahrelang falschen Prioritätensetzung im Senat Bovenschulte. Eine Brückenbaugesellschaft sei eine weitere „Idee im Schaufenster des Senats“, die keine klare Zielsetzung habe. „Was würden wir denn gewinnen durch eine solche Gesellschaft?“, fragte Jonitz. Mit dieser Idee verschenke man kostbare Zeit. Die Finanzierung der Brücke ist für Jonitz weiterhin vollkommen unklar. Er forderte höhere Löhne für entsprechende Fachkräfte im öffentlichen Dienst, um das benötigte Personal zu gewinnen.
Tim Sültenfuß (Linke): Der Linken-Verkehrspolitiker fürchtet durch die Brückenproblematik eine Verzögerung der Verkehrswende. Schuld daran, dass viele deutsche Brücken marode sind, hat für Sültenfuß das jahrelang von der CDU und zuletzt von der FDP geführte Bundesverkehrsministerium. Auch die Schuldenbremse ist seiner Ansicht nach dafür verantwortlich, dass die Sanierung wichtiger Infrastruktur bundesweit verzögert werde. Die kommende Bundesregierung werde die Schuldenbremse reformieren müssen. Falls sich herausstellen sollte, dass langfristig keine Straßenbahnen über die Bremer Weserbrücken fahren dürfen, brauche es Alternativen durch Busse, forderte Sültenfuß.
Özlem Ünsal: Man stehe an einem „verkehrspolitischen Wendepunkt“, sagte Verkehrssenatorin Ünsal. Ziel sei es, alle Kräfte in den Neubau der Bürgermeister-Smidt-Brücke zu stecken. Eine Brückenbaugesellschaft sei für den kurz-, mittel- und langfristigen Brückenbau „unumgänglich“. Für Ünsal ist die Gründung der Gesellschaft keine Verzögerung, sondern Voraussetzung, um den Neubau schneller voranzubringen. Die Senatorin betonte, dass die Finanzierung keineswegs eine reine Bremer Angelegenheit sein könne. „Die Weserbrücken mögen zum Teil kommunale Brücken sein, doch Bremen und Bremerhaven sind international bedeutende Hafen- und Logistikstandorte“, argumentierte Ünsal.