Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Nachfolge ab März ungewiss Drogentests bei Eltern und Kindern in Bremen gefährdet

Die Zukunft der Drogenkontrollen bei Eltern und Kindern in Bremen ist ungewiss: Das Klinik-Labor sollte ab März durch einen privaten Anbieter ersetzt werden. Daraus wird zunächst nichts. Wie geht es nun weiter?
07.01.2025, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Drogentests bei Eltern und Kindern in Bremen gefährdet
Von Sabine Doll
Inhaltsverzeichnis

Am 28. Februar soll das Labor für Pharmakologie und Toxikologie am Klinikum Bremen-Mitte schließen – aus Kostengründen, wie der Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) zu dem Beschluss vom Herbst mitteilte. Seit mehr als zehn Jahren werden in dem Labor Eltern, die Drogen konsumieren oder in einem Substitutionsprogramm sind sowie ihre Kinder im Auftrag des Jugendamtes regelmäßig auf Drogenrückstände kontrolliert. Nach Plänen der Gesundheits- und Sozialbehörde sollte ab März ein privater Anbieter übernehmen – daraus wird nun vorerst nichts.

Was ist der Grund dafür?

"Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass ein nahtloser Wechsel zu einem alternativen Labor nicht gelingen wird", sagt Bernd Schneider, Sprecher der Sozialbehörde, die für den Übergang federführend ist. Das Problem sei nicht die Labortechnik, sondern die Probenentnahme, die das alternative Bremer Labor nicht im erforderlichen Umfang sicherstellen könne. "Das soll sich ändern, ist aber mit dem vorgesehenen Umzug des Labors verbunden, mit dem wir nicht vor Jahresende 2025, Jahresanfang 2026 planen können."

Lesen Sie auch

Wie sind die Abläufe in dem Labor am Klinikum Mitte?

Bei den Analysen werden Haar-, Urin-, Blutproben oder auch der Inhalt von Windeln auf Rückstände von Kokain, Heroin, Methadon und andere Substanzen untersucht. Zur Probenentnahme werden die Klienten in das Labor einbestellt. Dafür müssen Räume zur Verfügung stehen. Die Messwerte würden nicht nur erhoben, sondern an die Fallmanager des Jugendamts übermittelt und eingeordnet, so eine Labormitarbeiterin. Jeder Klient habe eine Akte, sodass Verläufe nachvollzogen werden könnten. Blut-, Urin- und Windelproben werden im Labor am Klinikum Mitte untersucht, Haarproben – die nur ein Bestandteil seien – auch an die Berliner Charité geschickt.

Es gibt einen Brandbrief von Kinder- und Hausärzten an die Geno und die Gesundheitsbehörde – was sind die Befürchtungen?

"Es geht um das Kindeswohl in Bremen. Das Labor und die enge Vernetzung mit Jugendämtern und Ärzten ist hierfür ein wesentlicher Bestandteil. Wenn dem die Grundlage entzogen wird, begeht man Kindeswohlgefährdung", betont Kinder- und Jugendarzt Andreas Mühlig-Hofmann. Auch in seiner Praxis habe er öfter mit Substanzgebrauch in Familien zu tun. "Deshalb bin ich entsetzt, dass es einfach so geschlossen werden soll", betont er.

Lesen Sie auch

Es gehe nicht nur darum, standardisierte Messwerte zu bestimmen, sondern um die Beratung. "Und auch darum, bei klarem Verdacht mit weiteren Verfahren zu messen." In Fortbildungen informiere das Labor zudem, welche neuen Drogen auf dem Markt seien und passten die Messverfahren an. Dieses Profil könne ein privater Anbieter kaum erfüllen – "und kostenlos ist das ohnehin auch nicht", so der Kinderarzt. In dem Brandbrief fordern die Ärzteverbände, auf die Schließung zu verzichten.

Wie soll es nun laut Sozialbehörde ab März mit dem Drogen-Überwachungsprogramm weitergehen?

Laut Schneider gebe es Gespräche über eine verlängerte Zusammenarbeit mit dem Labor am Klinikum Mitte. Ansonsten müsse das Jugendamt für jede Probenentnahme eine ärztliche Praxis finden.

"Meines Wissens gibt es keine Pläne für einen nahtlosen Übergang nach dem 28. Februar 2025. Wir verfügen über eine große Menge von Fallakten und haben bislang keine klare Regelung, wie oder an wen eine Übergabe stattfinden soll. Die ersten konkreten Gespräche hierzu sind in einigen Tagen geplant", sagt Bernd Mühlbauer, Professor und Leiter des Instituts für Pharmakologie am Klinikum Mitte, zu dem das Labor gehört. Mühlbauer geht Ende Februar in den Ruhestand, damit soll auch das Institut geschlossen werden.

Aufgrund der fehlenden Perspektive des Labors beziehungsweise des ungeklärten Übergangs habe die Aufnahme neuer Fälle für die Jugend- und Sozialämter Bremens seit Dezember gestoppt werden müssen, erklärt Mühlbauer. „Ich bin erstaunt, dass es seitens Gesundheit, vor allem aber aus der Sozialbehörde keinen energischeren Widerstand gegen den Geno-Beschluss gab, das Labor aus Kostengründen zu schließen – und damit das Schutzprogramm für Kinder, mit dem Bremen bundesweit eine Vorreiterrolle eingenommen hat, im Grunde auf Eis zu legen."

Lesen Sie auch

Zur Sache

Drogenspuren in Kinderhaaren

Haaranalysen sind ein Bestandteil der Laboranalysen: Die jüngsten Auswertungen, über die der WESER-KURIER berichtete, stammen aus dem Jahr 2021. Demnach gab es 53 Erstuntersuchungen: In einem Viertel der Fälle (13) waren diese ohne Befund. Bei der Hälfte, in 27 Fällen, wurden Spuren von Kokain in den Haaren festgestellt; bei etwas mehr als einem Drittel, in 20 Fällen, Abbauprodukte von Cannabis, wie die Behörde berichtete. In Einzelfällen hätten Kontaminationen mit Heroin, Methadon, Amphetamin und Ecstasy vorgelegen, teils kombiniert mit anderen Drogen (daher liegt die Gesamtzahl über 53).

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)