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Nach Vechta verlegt Hochschwangere im Klinikum Bremen-Mitte abgewiesen

Immer wieder gibt es in Bremer Geburtskliniken Kapazitätsengpässe: Die Folge ist, dass Schwangere auch in andere Bundesländer verlegt werden müssen. Eine Bremerin schildert, was dies für ihre Tochter bedeutete.
15.08.2023, 05:00 Uhr
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Hochschwangere im Klinikum Bremen-Mitte abgewiesen
Von Sabine Doll

Hochschwanger und keine Möglichkeit, in einer Bremer Geburtsklinik zu entbinden. Dies musste in der vergangenen Woche eine Bremerin erleben, nachdem bereits die Fruchtblase geplatzt war und leichte Wehen eingesetzt hatten, wie die Mutter der Erstgebärenden dem WESER-KURIER berichtet. Das Kind kam schließlich in einer Klinik in Vechta zur Welt.

„Meine Tochter war für die Geburt im Klinikum Bremen-Mitte angemeldet. Aufgrund des Blasensprungs und Wehen brachte ich sie am Mittwoch, zwei Wochen vor dem eigentlichen Termin, in die Klinik“, schildert Petra Wicke. Der Tochter sei ein Zugang gelegt und ein CTG zur Überwachung der Wehentätigkeit geschrieben worden. Damit sei sie aufgenommen, habe die sehr freundliche Hebamme gesagt. „Wenig später kam sie jedoch mit der schlechten Nachricht, meine Tochter müsse verlegt werden. Das Klinikum Mitte und alle anderen Bremer Geburtskliniken hätten keine Kapazitäten zur Entbindung.“ Man habe sie in einer Klinik in Vechta angemeldet, sei der Hochschwangeren mitgeteilt worden.

„Meine Tochter wollte gerne, dass mein Mann und ich sie fahren. Da sie immer noch Fruchtwasser verlor und leichte Wehen hatte, haben wir das Auto mit einem Malervlies ausgelegt“, beschreibt Wicke. Nach gut einer Stunde hätten sie die Klinik in Vechta erreicht. Einen Tag später sei ihre Enkeltochter zur Welt gekommen, Mutter und Kind gehe es gut, alle seien überglücklich. Dem Personal im Klinikum Mitte, das zur Gesundheit Nord (Geno) gehört, mache sie explizit keine Vorwürfe. „Dennoch schockiert uns das, was wir erleben mussten, extrem“, sagt Wicke. „Wie kann es sein, dass eine werdende Mutter mit Wehen und Blasensprung holterdiepolter aus der Klinik geworfen wird?“ Die Kapazitäten reichten in Bremen offensichtlich nicht aus, gleichzeitig würden Geburtskliniken zusammengelegt, kritisiert sie und verweist auf die Verlagerung der Geburtshilfe aus dem Klinikum Links der Weser an das Klinikum Bremen-Mitte (KBM).

„Wir bedauern diese Situation sehr“, sagt Geno-Sprecher Rolf Schlüter. „Das Problem waren nicht die Kapazitäten im Kreißsaal, sondern in der stationären Versorgung nach der Geburt. Es stand kein Bett zur Verfügung.“ Ursache dafür sei vor allem der Fachkräftemangel im Pflegebereich. Zu solchen Engpässen komme es leider immer wieder einmal. Im Schnitt müssten bei etwa 50 Entbindungen wöchentlich zehn Schwangere aus dem KBM in andere Kliniken verlegt werden – „selbstverständlich nur, wenn dies medizinisch zu verantworten ist und möglichst wohnortnah, sofern es dort Kapazitäten gibt. Das war in der vergangenen Woche nicht der Fall.“

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Petra Wicke hat ihre Kritik per Facebook an die Behörde von Senatorin Claudia Bernhard (Linke) und den Gesundheitspolitiker der CDU, Rainer Bensch, gerichtet: „Es darf niemals vorkommen, dass Schwangere in Bremen Ängste und Sorgen rund um eine bevorstehende Geburt haben“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete. Die CDU werde den Fall zum Anlass nehmen, in den parlamentarischen Gremien die gesamte Geburtshilfe sowie die kinderärztliche Versorgung in Bremen zu durchleuchten. „Gesundheitssenatorin Bernhard ist politisch dafür verantwortlich, dass der Sicherstellungsauftrag einer bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung im Bundesland konsequent erfüllt wird“, sagt Bensch.

Die Behörde verweist auf den bundesweiten Pflegekräfte- und Hebammenmangel. Verlegungen kämen aus diesem Grund in Bremer Kliniken leider immer wieder vor, allerdings nur nach genauer Abwägung. „Neben dem Mangel an Personal übernimmt Bremen natürlich auch die Versorgung des niedersächsischen Umlands, was die Versorgungskapazitäten ebenfalls ausreizt“, sagt Ressort-Sprecher Lukas Fuhrmann. 2022 habe es im Land Bremen 6773 Geburten gegeben, 2804 Schwangere stammten aus Niedersachsen.

Dagegen gebe es verschiedene Maßnahmen, die zum Teil aber nicht sofort greifen könnten: Zum einen seien dies die ersten Absolventinnen des Hebammenstudiengangs an der Hochschule, die künftig in allen Bremer Geburtskliniken für Entlastung sorgen könnten. Auf Initiative des Bündnisses für natürliche Geburt sei zudem im Mai ein von der Behörde finanziertes „Verlegungsprojekt“ gestartet. Dabei handele es sich um einen standardisierten Prozess für Verlegungen, der die Kliniken entlaste und Schwangeren mehr Sicherheit gebe.

Im vergangenen Herbst warnte die Vorsitzende des Hebammenlandesverbands, Christina Altmann, im WESER-KURIER vor Versorgungsengpässen in den Geburtskliniken: „Dies führt dazu, dass Frauen in Verlegungssituationen geraten, die zum Teil auch mit Wehen stattfinden.“ Auch Risikoschwangere seien davon betroffen. In diesen Fällen sei man dann auf der Suche nach einem hochspezialisierten Zentrum.

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