Dieser Konflikt war so sicher wie der Anstieg der Temperaturen im Frühjahr: Nach ersten Freiluftpartys in Bremer Grünanlagen gibt es Anwohnerproteste. Zuerst betroffen war Ende April der Bereich um den Stadtwaldsee. Im Findorffer Beirat beschwerten sich Kleingärtner über Dauerbeschallung bis tief in die Nacht. Erneut steht also die Frage im Raum, ob der Wunsch nach Feiern unter freiem Himmel und das Erholungsbedürfnis der vom Lärm betroffenen Stadtteilbewohner richtig ausbalanciert sind.
Was ist gegenwärtig erlaubt?
Seit 2018 gilt ein von der Stadtbürgerschaft beschlossenes Ortsgesetz. Es stellt den rechtlichen Rahmen für Freiluftpartys dar. Wer auf öffentlichen Flächen für eine nicht kommerzielle Party eine Musikanlage mit Boxen aufbauen will, muss dies spätestens 24 Stunden vorher beim Ordnungsamt anmelden. Veranstalter müssen Lärm vermeiden, der „geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen“, wie es im Gesetzestext heißt. Müll, Schmutz und mögliche Schäden sind am Folgetag zu beseitigen. Die Veranstalter der Partys dürfen keinen Eintritt kassieren. Die Zusammenarbeit mit Polizei und Rettungsdiensten ist zu gewährleisten.
Wo sind Freiluftpartys zulässig?
Im Grundsatz an vielen Stellen im Stadtgebiet, unter anderem in Grünanlagen. Allerdings gibt es zahlreiche Einschränkungen. Nicht erlaubt sind Freiluftpartys zum Beispiel in Naturschutz- und teilweise auch in Landschaftsschutzgebieten. Außerdem können die Stadtteilbeiräte Flächen ausschließen. Das haben sie in den vergangenen Jahren auch getan. So strich beispielsweise der Vegesacker Beirat so gut wie alle theoretisch verfügbaren Veranstaltungsorte, etwa den Stadtgarten und die Maritime Meile. Der Neustädter Beirat untersagte Partys auf den Wiesen am Werdersee beim Deichschart und an der Juliushöhe.
Wie häufig kommt es zu Konflikten?
Die Polizei kann eingreifen, wenn es zu Beschwerden kommt und die Bestimmungen des Ortsgesetzes nicht beachtet werden. Wie oft das passiert, dazu hat die Behörde keine belastbaren Zahlen. „In unserer Leitstelle gehen vereinzelt Mitteilungen hinsichtlich etwaiger Lärmbelästigungen über zuvor genehmigte Freiluftpartys ein“, sagt Polizeisprecherin Franka Haedke. Am Stadtwaldsee war das beispielsweise Ende April der Fall. Im Uferbereich wurde dort bis in die frühen Morgenstunden lautstark gefeiert. Der Lärm trieb nicht nur die Kleingärtner aus einer angrenzenden Laubenpieperkolonie auf die Barrikaden, sondern auch Anwohner im Bereich Weidedamm.
Was sagen Veranstalter?
Nico Salzwedel hat mit seinem „Armonia-Kollektiv“ schon die eine oder andere Freiluftparty ausgerichtet, unter anderem am Grambker See und am Stadtwaldsee. Nach eigener Darstellung sucht er schon im Vorfeld den Dialog mit Anrainern. „Wir haben zum Beispiel im Fall des Stadtwaldsees mit den Betreibern des Tierheims an der Hemmstraße gesprochen“, sagt Salzwedel. Das Kollektiv sei bestrebt, Störungen für das Umfeld des Veranstaltungsortes zu minimieren. Immo Wischhusen ist Veranstalter des Hemelinger Kulturprojekts „Komplette Palette“ – inzwischen eine Institution im Stadtteil und insofern nicht mit spontanen Partys vergleichbar, aber eben auch eine Freiluftveranstaltung mit Musik. „Die Beschwerdelage habe ich über die Jahre auf null reduzieren können“, sagt Wischhusen. Aber dafür habe er auch eine Menge getan, etwa durch die Ausrichtung der Lautsprecher und andere Schallschutzmaßnahmen. Leider gebe es bei den Partykollektiven im Stadtgebiet auch Akteure, „die einfach die ganze Nacht durchbolzen und verbrannte Erde hinterlassen“.
Wie reagieren Politik und Verwaltung?
Hemelingens Ortsamtsleiter Jörn Hermening findet es problematisch, dass sich das Freiluftpartygeschehen auf wenige Örtlichkeiten konzentriert. Anders als manche anderen Stadtteile habe Hemelingen geeignete Orte ausgewiesen, etwa eine Freifläche in der Nähe des Hastedter Osterdeichs. Diese werde nun eifrig genutzt. „Es wäre solidarischer, wenn mehr Flächen im Stadtgebiet zur Verfügung stünden und sich die Belastung damit besser verteilen würde“, meint Hermening. Aus Sicht des SPD-Kulturpolitikers Elombo Bolayela ist es an der Zeit, die Erfahrungen mit dem Ortsgesetz von 2018 gründlich auszuwerten. Nach seinem Dafürhalten sollten die Zügel für die Macher von Freiluftpartys ein wenig gestrafft werden. „Wenn bei manchen Partys zwei-, dreimal die Polizei kommen muss, ist das nicht mehr in Ordnung. Es gibt zurzeit zu viele Beschwerden.“