Der letzte Sonnabend im April wurde zu einem der ersten Frühlingsabende dieses Jahres, an dem es sich lange im Freien aushalten ließ. Rund um den Stadtwaldsee bot er gleichzeitig einen Vorgeschmack dessen, was in den kommenden Monaten wieder bevorstehen wird: Am Seeufer wurde lautstark gefeiert vom Nachmittag bis in die Morgenstunden. Das Areal im Bereich der Slipanlage ist seit einigen Jahren offiziell als Feier-Fläche deklariert. Die Nachbarn haben jetzt genug davon: In einem Bürgerantrag fordern sie den Horner Beirat auf, das Feiern zu verbieten. Zuvor wurde die Unterstützung des Findorffer Beirats gesucht. Dort einigte man sich auf ein konzilianteres Vorgehen. Es sollen Lösungen gesucht werden, wie das Recht auf Feiern und die Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft besser vereinbart werden könnten.
Ortsgesetz seit 2008
Seit 2018 gilt in Bremen ein Ortsgesetz, das die Organisation von „spontanen nicht kommerziellen Feiern unter freiem Himmel mit elektronisch verstärkter Musik“ einfacher macht. Kurzfristig und ohne großen bürokratischen Aufwand können seitdem Veranstaltungen für bis zu 300 Gäste organisiert werden. Zwischen den einzelnen Veranstaltungen müssen nur mindestens 18 Tage liegen.
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Im Vorfeld waren die Stadtteilbeiräte aufgerufen worden, geeignete Orte auszuweisen. In Findorff wurde keine Fläche dafür gefunden. Der Horner Beirat beschloss nach Angaben von Ortsamtsleiterin Inga Köstner bereits im Mai 2016, das Areal am Unisee freizugeben. Seitdem habe es für den Beirat keinen Anlass gegeben, das Thema auf die Tagesordnung zu nehmen. „Die Beschwerdelage war sehr überschaubar“, so Köstner. „Wir hatten daher den Eindruck: Okay, das muss wohl alles gut laufen.“
Entlegenster Winkel im Stadtteil
Kein Wunder, dass in Horn alles so ruhig blieb – man habe sich ja auch das entlegenste Stück des Stadtteils ausgesucht, kritisierte ein Parzellist im Rahmen der aktuellen Findorffer Beiratssitzung. „Unsere Kleingartenanlage beginnt circa 50 Meter neben den Musikboxen beziehungsweise 20 Meter neben den Feiernden“, erklärt Wiebke Hartmann-Mühlisch, Vorsitzende der Findorffer Kleingärtnergemeinschaft Eiche mit rund 160 Mitgliedern. Mehrfach hätten Nachbarn in den vergangenen Jahren versucht, freundlich das Gespräch mit den Veranstaltern zu suchen. Mit der Bitte „eine Spur leiser zu drehen“, sei man nicht auf Verständnis gestoßen. „Jedes Mal hieß es: Das ist genehmigt, wir dürfen das.“ Mitunter sei auch die Polizei verständigt worden – auch dies ohne nachhaltigen Effekt, so Hartmann-Mühlisch. „Die Lautstärke wurde kurz heruntergedreht, und danach ging es wieder weiter.“
Mittlerweile sei es schon so, dass viele Kleingärtner alle drei Wochen das Weite suchten. „Bitter ist es, dass es vor allem um die schönen Wochenenden und die Feiertage geht, an denen man selbst gerne im Garten sitzen möchte“, sagt die Vereinsvorsitzende. Denken solle man aber auch an die verbliebenen häufig sehr betagten Bewohner der Kaisenhäuser, die der Lärmbelästigung nicht entgehen können.
Immense Lautstärke
Die letzte Feier im April habe man als „sehr, sehr extrem“ erlebt, so die Vereinsvorsitzende. Die „immense Lautstärke“ sei nicht nur ins Parzellengebiet, sondern auch weit in den Stadtteil herübergeschallt. Sie war Anlass für die Kleingärtnergemeinschaft, einen Antrag zu formulieren, der nach eigenen Angaben auch für das italienische Restaurant am Stadtwaldsee, für den Campingplatz und den benachbarten Kleingartenverein Tulpe spricht, sowie für Bewohner des Weidedamms, die nachts nicht mehr bei geöffnetem Fenster schlafen könnten.
Berichtet wird darin auch von erheblichem nächtlichem Durchgangsverkehr, von Wildpinklern, Müll und Erbrochenem. Die Feiernden nähmen den Rückweg durch das Kleingartengebiet. „Sie reißen Pflanzen aus und baden in unseren Gartenteichen“, heißt es weiter.
Beirat zeigt Verständnis
Im Findorffer Beirat fanden die Antragsteller durchaus Verständnis. Einige der Beiratsmitglieder, die selbst Gärten bewirtschaften, konnten die Schilderungen bestätigen. Betont wurde indes, dass ein Beschluss zum Bürgerantrag im Zuständigkeitsbereich des Beirats Horn liege. Für die Interessen der Findorffer Bürgerinnen und Bürger will man sich in einer Mittlerrolle einsetzen.
Beiratsmitglied August Kötter (CDU) könnte sich einen runden Tisch mit Vertretern der beiden Beiräte, der Antragsteller und des Ordnungsamts vorstellen. Oliver Jäger (Grüne) plädierte dafür, die Fläche zu erhalten, unter der Voraussetzung, dass ein „vernünftiger Kompromiss“ gefunden werde, um den Lärmpegel und den Zeitrahmen der Partys auf tolerierbare Maße zu begrenzen.
"Wir wollen keine Spielverderber sein"
Vorschläge, mit denen auch die Antragsteller zufrieden sind, wie Wiebke Hartmann-Mühlisch bestätigt: „Uns ging es vor allem darum, Gehör zu finden“, erklärt die Vereinsvorsitzende. „Wir wollen keine Spielverderber sein. Wir feiern ja selbst gerne. Aber dieses Ausmaß ist übermäßig, und die Saison beginnt ja gerade erst.“ Der Beirat Horn-Lehe wird sich bei nächster Gelegenheit der Anliegen der Findorffer Nachbarschaft annehmen, kündigt Ortsamtsleiterin Köstner an: Sie bietet sich bei der öffentlichen Sitzung am Donnerstag, 16. Mai, 19 Uhr, im Gemeindesaal der evangelischen Kirchengemeinde Horn, Horner Heerstraße 28.