Die Bremer Innenbehörde unternimmt einen erneuten Anlauf beim Kampf gegen illegale Graffiti und sogenannten Farbvandalismus. Mit im Boot ist diesmal der Energieversorger SWB. Dessen Tochter Wesernetz unterhält im Bremer Stadtgebiet mehr als 1600 Trafostationen, Schalthäuser, Umspannwerke und andere technische Anlagen, allesamt potenzielle Leinwände für Sprayer. "Wir wollen derart beschmierte Fassaden schnell reinigen – gemeinsam mit unseren Partnern, denn als lokaler Infrastrukturbetreiber fühlen wir uns auch mitverantwortlich für ein gepflegtes Stadtbild", sagt dazu SWB-Vorstandssprecher Karsten Schneiker. Zwar räumt er ein, dass es kaum möglich sei, all diese Objekte dauerhaft frei von Farbschmierereien zu halten, aber zumindest in der Neustadt will man nun an ausgewählten und gut sichtbaren betroffenen Stellen zu Werk gehen.
Den Auftakt macht das Umspannwerk in der Schulstraße. Das großflächig mit Graffiti versehene Gebäude wird mit tatkräftiger Unterstützung vom Verein Hoppenbank in diesen Tagen gereinigt und neu gestrichen. Als Träger zahlreicher Projekte der Straffälligenhilfe konnte Hoppenbank dafür ehemalige Strafgefangene gewinnen, die hier so etwas wie "Wiedergutmachung" vollbringen, wie Svenja Böning von Hoppenbank es formulierte. "Die Arbeit sorgt für Tagesstruktur und sie erleben natürlich auch positives Feedback für ihr Tun", beschrieb sie den sozialen Effekt.
Über die Aktivitäten der SWB hinaus gab es zum Thema Farbvandalismus vor allem viel Klartext von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) und Juliane Rath vom Präsidialstab der Polizei Bremen. Nahezu gleichlautend betonten beide, dass es sich bei Farbschmierereien keinesfalls um ein Kavaliersdelikt handele. Mäurer sprach gar von einer "Seuche", die für "massive Schäden" sorge, teilweise die Substanz historischer Gebäude angreife. Seine Ansage: "Wir wollen und dürfen uns damit nicht abfinden, denn allgegenwärtige Schmierereien im öffentlichen Raum tragen zu weiteren Unordnungserscheinungen in einem Quartier bei."
Rath schilderte die Schwierigkeiten aus polizeilicher Sicht. Die Täter arbeiteten natürlich nachts, sie seien organisiert und vielfach auch maskiert unterwegs. Nahezu nie blieben Farbdosen oder andere Hinweise am Tatort zurück. "Es gibt da nichts für die Spurensicherung." Man sei daher auf Zeugen und Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.
Kein eigenes Budget, um Graffiti zu entfernen
Was die offiziellen Aktivitäten Bremens bei den eigenen Immobilien angeht, sieht das Innenressort leichte Verbesserungen bei der Beseitigung illegaler Graffiti. Wurden in Bremen 2023 und 2024 jeweils um die 40 öffentlichen Objekte von Farbschmierereien befreit, sind es in diesem Jahr in sechs Monaten bereits 37, wie Immobilien Bremen (IB) mitteilt. Beispielhaft verweist Mäurer auf das Südbad, wo die Rückwand wiederholt gesäubert wurde und nun inzwischen ein Zaun weitere Graffiti verhindern soll. Zugleich erleichtert die Umzäunung rein rechtlich gesehen die Installation einer Videoüberwachung.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es für derartige Aktivitäten kein eigenes Budget gibt, sondern die Kosten aus dem allgemeinen Topf für den Gebäudeunterhalt bezahlt werden. "Da steht die Verkehrs- und Betriebssicherheit der Gebäude natürlich im Vordergrund", sagt IB-Sprecher Fabio Cecere. Die schon unter Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) geltende Richtschnur ist daher unverändert: Beseitigt werden vor allem Graffiti mit völkerverhetzenden, rassistischen, sexistischen oder ähnlich diskriminierenden Inhalten sowie an denkmalgeschützten Gebäuden.

Wolfgang Budde (links) und Ingmar Vergau, Geschäftsführer Haus & Grund, arbeiten im Bündnis gegen Farbvandalismus eng zusammen.
"Wir waren eigentlich schon weiter", kommentiert denn auch Wolfgang Budde vom Bremer Bündnis gegen Farbvandalismus die Aktivitäten des Innenressorts. Die Bürgerinitiative hat dem Senator in einem umfangreichen Papier ein ganzes Bündel von Maßnahmen gegen unerlaubte Wandmalereien vorgelegt, unter anderem die Forderung nach einer zentralen Anlauf- und Koordinationsstelle für das Problem unterschiedlicher Zuständigkeiten, je nach betroffener Fläche. Auch zahlreiche Überwachungstechniken werden aufgelistet. Vieles davon sei im Innenressort auch auf Gegenliebe gestoßen, doch dann hieß es, man habe weder Geld noch Personal. "Das gibt es aber für gegenteilige Aktivitäten anderer Ressorts", sagt Budde und nennt als Beispiel eine Förderung der App "Street-Art City" durch das Wirtschaftsressort sowie Graffiti-Workshops für Kinder im
Rahmen des Ferienprogramms der Sozialsenatorin.
Letzteres hält auch Mäurer nach eigener Aussage für fragwürdig. Nicht zuletzt deshalb beschreibt Ingmar Vergau, Geschäftsführer des Immobilieneigentümerverbands "Haus & Grund" in Bremen, seinen Eindruck, dass Mäurer beim Thema Farbvandalismus offenbar von seinen Senatskollegen allein gelassen werde.