Voraussichtlich im letzten Quartal des Jahres wird es Klarheit darüber geben, ob es zu einer Übernahme des Abwasserentsorgers Hansewasser durch die Stadt Bremen kommt. Dann nämlich gibt es eine Antwort auf wichtige steuerrechtliche Fragen, die mit einer solchen Rekommunalisierung der Stadtentwässerung verbunden sind. Das ist am Freitag im Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft (Hafa) deutlich geworden. Doch auch ohne diese Klärung haben sich die politischen Lager inzwischen positioniert. Rot-Grün-Rot befürwortet einen hundertprozentigen Einstieg der Stadt, während CDU und FDP einem solchen Schritt skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen.
Das Thema ist politisch zu entscheiden, weil die Konzessionsverträge der Stadt mit Hansewasser Ende 2028 auslaufen. Rührt sich die Stadt nicht, verlängern sie sich um wenige Jahre. Kündigt Bremen 2026, müsste eine wie auch immer geartete Anschlusslösung für den Zeitraum ab 1. Januar 2029 gefunden werden.
Wie berichtet, hatte der Senat das Institut Econum mit einer Prüfung der Handlungsoptionen beauftragt. Empfehlenswert erscheint den Fachleuten eine 100-prozentige Übernahme durch die Stadt. Derzeit hält die Stadt 25,1 Prozent der Anteile, das Gros teilen sich die Unternehmen Gelsenwasser und SWB. In dem von Econum favorisierten Modell bliebe Hansewasser als GmbH auch weiterhin ein privatrechtlich geführter Betrieb. Ein finanzieller Vorteil ergäbe sich sowohl für die Stadt als auch für die Abwassergebührenzahler, wenn Hansewasser in komplett kommunaler Eigentümerschaft keine Umsatzsteuer mehr auf seine Personalkosten bezahlen müsste. Wahrscheinlich jedenfalls, muss man derzeit einschränken. Die Fachleute von Econum schätzen es steuerrechtlich zwar so ein, doch eine verbindliche Bestätigung durch das Finanzamt Bremen steht bisher aus. "Wir rechnen damit, dass diese Prüfung etwa neun Monate in Anspruch nimmt", sagte Finanzstaatsrätin Wiebke Stuhrberg im Hafa. Falls sich der Steuervorteil bestätigt, würde sich für Bremer Privathaushalte und Gewerbebetriebe ein Potenzial für Gebührensenkungen von rund sieben Prozent ergeben. Für die Stadt Bremen sogar noch ein bisschen mehr.
Kernfrage Gebührenstabilität
Im Haushalts- und Finanzausschuss unterschieden sich die politischen Positionen von Regierungs- und Oppositionsfraktionen deutlich. "Gefühlt lief es die letzten 20 Jahre mit den jetzigen Strukturen ganz gut", meinte Jens Eckhoff (CDU), der am liebsten alles beim Alten lassen würde, auch weil Hansewasser in der bisherigen, mehrheitlich von privaten Eigentümern beherrschten Form weitgehende Gebührenstabilität garantiert habe. Ole Humpich (FDP) lehnte eine Rekommunalisierung kategorisch ab. Die in Aussicht gestellte Gebührensenkung sei bisher nichts als eine ungeprüfte These. Dagegen hätten die Reformpläne bereits jetzt "Unruhe in die Stadt und die Belegschaft von Hansewasser getragen".
Arno Gottschalk (SPD) setzte ein Fragezeichen hinter die vermeintliche Preisstabilität der vergangenen Jahre. Seit 2017 habe es drei Drehungen an der Gebührenschraube gegeben. Der SPD-Finanzpolitiker machte zudem darauf aufmerksam, dass Bremen mit der gegenwärtig von einem privaten Dienstleister betriebenen Abwasserentsorgung eher eine Ausnahme darstelle. In den 15 größten Städten Deutschlands sei die Stadtentwässerung – mit Ausnahme Bremens – überall in kommunaler Hand. Klaus-Rainer Rupp (Linke) ließ sich das Econum-Gutachten von CDU und FDP nicht kaputtreden. Die Grundaussage sei klar: Eine Rekommunalisierung von Hansewasser eröffne Spielraum für Gebührensenkungen, "und den sollten wir zugunsten der Bürgerinnen und Bürger auch ausschöpfen", riet Rupp.
Außerhalb der Politik gibt es bisher kaum Stimmen, die für eine Rekommunalisierung plädieren. Zuletzt hatte sich unter anderem die Handelskammer skeptisch geäußert. Die Pläne der rot-grün-roten Koalition signalisierten "ein Misstrauen gegenüber privaten Unternehmen", so Präses André Grobien. Die Handelskammer rechne jedenfalls nicht mit zurückgehenden Gebühren. "Im Gegenteil – aus unserer Sicht werden die Gebühren absehbar sogar zunehmen durch zusätzliche Personalstellen, durch mehr Aufgaben und durch Effizienzverluste. Die Gebühren in der Stadt Bremen sind bereits heute überdurchschnittlich hoch", mahnte Grobien. Das Beispiel Müllabfuhr habe gezeigt, dass die Kosten für Privatleute und Unternehmen durch die Rekommunalisierung deutlich gestiegen seien.
Auch unter den rund 400 Beschäftigten von Hansewasser gibt es Vorbehalten gegen Veränderungen. Der Betriebsrat hatte kürzlich die Ergebnisse einer Umfrage unter den Mitarbeitern veröffentlicht. Viele von ihnen, so die Arbeitnehmervertretung, hätten darin ihre Sorge vor einem Wandel der Unternehmenskultur zum Ausdruck gebracht, sollte Hansewasser wieder mehr oder minder direkt von der Stadt Bremen kontrolliert werden. Von der Politik erwarte man "eine klare Perspektive, die Stabilität und Sicherheit gewährleistet".