Milliardär Roman Abramowitsch beauftragt die Lloyd-Werft mit dem Bau einer Megajacht. Das der russische Auftraggeber dafür in Bremerhaven anfragt, kommt nicht von ungefähr.
Dass der russische Milliardär Roman Abramowitsch auf der Lloyd-Werft eine Megajacht bauen lassen will, kommt nicht von ungefähr: Bereits 2010 lieferte die Lloyd-Werft dem Oligarchen ein solches Schmuckstück – die 115 Meter lange und 18 Meter breite „Luna“. Die „Luna“ wurde nach dreijähriger Bauzeit und einem Preis von geschätzten 400 Millionen Euro an den russischen Milliardär abgeliefert.
Abramowitsch besuchte seinerzeit die Lloyd-Werft persönlich, um sich von dem Baufortschritt seiner eisverstärkten Jacht zu überzeugen. Inzwischen ist die „Luna“ im Frühjahr 2014 an den aserbaidschanischen Unternehmer und Abramowitsch-Freund Farkhad Akhmedov, ein im Ölgeschäft tätiger Geschäftsmann, weiterverkauft worden.
Wie üblich in der Branche wird über Details Stillschweigen vereinbart. Nach Informationen des WESER-KURIER soll die neue Jacht mit etwa 140 Meter Länge ein gutes Stückchen größer sein als die „Luna“. Und es ist davon auszugehen, dass das neue Schmuckstück von Abramowitsch sicherlich noch umfangreicher ausgestattet sein wird als die „Luna“ und damit auch ein paar Millionen mehr in die klamme Kasse der Lloyd-Werft spülen wird.
Neubau-Auftrag wäre gute Perspektive
Und auch die „Luna“ hat eine Ausstattung, die sich mehr als sehen lassen kann: Eine 50-köpfige Crew kümmert sich um das Wohl der Gäste und ist für den nautischen und technischen Bereich zuständig. Über eine Wassertreppe am Heck gelangen die Gäste auf diverse Wasserfahrzeuge, die in den seitlich im Schiffsrumpf eingelassenen Stauräumen mitgeführt werden. Dazu gehören insgesamt acht Tenderboote, ein Mini-U-Boot oder auch Jetskis.
Der große hintere Außenbereich mit Bar und einem großen 20 Meter-Außenpool dient gleichzeitig auch als Hubschrauberlandedeck. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 25 Knoten. Außergewöhnlich ist auch die große Tankkapazität von über 1000 Tonnen. Dies ermöglicht bei einer Reisegeschwindigkeit von 16 bis 18 Knoten eine Reichweite von über 9500 Seemeilen.
Für die Lloyd-Werft würde grundsätzlich ein solcher Neubau-Auftrag eine gute Perspektive sein, so Karsten Behrenwald, Geschäftsführer der IG Metall Bremerhaven. Allerdings müsste die Zeit, bis dieser Auftrag auch in der Produktion wirksam werde, überbrückt werden. Und da ist der Gewerkschafter optimistisch, dass das der Lloyd-Werft gelingen werde. „Ich betreue die Werft seit etwa 25 Jahren, und das Geschäft ging immer auf und ab, und die Lloyd-Werft hat es durch jede Krise geschafft.“
Bewegte Geschichte
Letztlich habe sie immer wieder mit ihrem Know-how überzeugen können. In den vergangenen Jahren war die Werft hauptsächlich im Reparaturgeschäft tätig, „und ich gehe davon aus, dass sie in den nächsten Wochen und Monaten auch in diesem Bereich wieder neue Aufträge aquirieren wird.“ Das bedeute dann wahrscheinlich nicht für die komplette Belegschaft Arbeit, aber in Kombination mit der Kurzarbeit könne dann zumindest verhindert werden, dass es zu einem Personalabbau komme.
Zur Auftragslage hatte Werftvorstand Rüdiger Pallentin im September gesagt, dass gerade das Reparaturgeschäft ein sehr kurzfristiges sei. Sollten neue Aufträge ausbleiben, müsse Kurzarbeit angemeldet werden.
Was das Auf und Ab angeht, hat die Lloyd-Werft in der Tat sehr abwechslungsreiche Phasen hinter sich – daran hat sich auch nichts geändert, nachdem die malaysische Genting-Gruppe die Werft zum Jahreswechsel 2015/2016 komplett übernommen hatte, um von ihr mehrere Kreuzfahrtschiffe bauen zu lassen: Vor ein paar Monaten sah die mögliche Auftragslage für die Lloyd-Werft geradezu noch großartig aus, auch noch als im April Genting Werften in Wismar, Rostock und Stralsund gekauft hatte und in die Lloyd-Werft-Gruppe integrierte.
Ernüchternde Nachricht von Genting
Anschließend kam die Ernüchterung: Genting verkündete völlig überraschend, dass die Milliarden-Aufträge für geplante Kreuzfahrtschiffe ausschließlich an den drei neu erworbenen Werftenstandorten in Mecklenburg-Vorpommern realisiert werden sollen.
Der Ursprung der Lloyd-Werft ist eng mit der bremischen Reederei „Norddeutscher Lloyd“ verbunden: Als diese 1857 ihre Geschäfte aufnahm, wurde zur gleichen Zeit eine kleine Reparaturwerkstatt in Bremen eröffnet, die fünf Jahre später nach Bremerhaven verlegt wurde. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges konnte das Unternehmen zunächst mit Aufträgen für die US-Streitkräfte über Wasser gehalten werden. Im Laufe der 1950er-Jahre öffnete sich das Unternehmen dann endgültig als Reparaturbetrieb für alle Schiffstypen und für Auftraggeber aller Nationen.
Mitte der 1980er-Jahre übernahm die Bremer Vulkan AG die Werft. Als „Lloyd Werft Bremerhaven GmbH“ machte sich das Unternehmen weltweit einen Namen mit dem Umbau großer Passagierschiffe. Krisenhaft spitzte sich die Lage für die Werft Mitte der 1990er-Jahre zu, als die Bremer Vulkan AG in den Konkurs geriet und im Zuge dessen die Werft gezwungen war, das Vergleichsverfahren zu eröffnen. Mit neuen Kapitalgebern konnte die Werft wieder stabilisiert werden.