Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Grundversorgung Müllabfuhr & Co: Was die Bremer Koalition bei Dienstleistungen plant

Öffentliche Dienstleistungen wie die Müllabfuhr sind ein wichtiger Teil der sogenannten Daseinsvorsorge. Der rot-grün-rote Koalitionsvertrag widmet sich auch der Frage, wie es damit in Bremen weitergehen soll.
11.07.2023, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Müllabfuhr & Co: Was die Bremer Koalition bei Dienstleistungen plant
Von Jürgen Theiner

Müllabfuhr, Straßenreinigung, Versorgung mit Strom und Trinkwasser, Abwasserentsorgung – ein ganzer Strauß an elementaren Dienstleistungen wird in Bremen jeden Tag für die Bürger erbracht. Teils in privater Trägerschaft, teils halbstaatlich, teils komplett durch die öffentliche Hand. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und Linke mit der Frage befasst, wie diese Strukturen in Zukunft aussehen sollen. Wo gibt es Anlass, etwas zu ändern, und wo sollte man fortsetzen, was sich über viele Jahre bewährt hat?

Die Antworten sind zum Teil noch vage. Ein gewisser Trend zu mehr Einfluss der Kommune auf die Institutionen der Grundversorgung ist allerdings nicht zu verkennen. Er spiegelt sich bei den einzelnen Themen in unterschiedlichem Maße.

Abwasserentsorgung

Seit 1999 befindet sich der Betrieb von Kanalisation und Kläranlagen in privater Regie. Damals übernahm Hansewasser die vormals kommunale Aufgabe. An dem Unternehmen, das überwiegend den Versorgern Gelsenwasser und SWB gehört, hält die Stadt mit 25,1 Prozent einen Minderheitsanteil. In der Koalition herrscht schon länger der Eindruck vor, dass Hansewasser bei den Entsorgungsleistungen einen übermäßigen Gewinn erzielt und die Gebühren für die Bremer Haushalte eher intransparent kalkuliert werden. Es müsse sich also in jedem Fall etwas ändern. Gelegenheit dazu besteht spätestens 2028. Dann könnte die Stadt die Verträge mit Hansewasser auslaufen lassen, sofern sie bis Ende 2026 kündigt. Das wird sie wohl auch tun, denn im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir streben eine Erweiterung des öffentlichen Einflusses auf die Abwasserentsorgung und eine Erhöhung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an.“

Aber was bedeutet das konkret? Der Grünen-Abgeordnete Ralph Saxe mag sich noch nicht festlegen. „Größerer Einfluss heißt für mich: mehr als die jetzigen 25 Prozent“, formuliert er zurückhaltend. Er sei allerdings „kein Freund totaler Verstaatlichung“. Hansewasser sei ein „hervorragend geführtes Unternehmen“. Ziel müsse es deshalb sein, für Stadt und Gebührenzahler einen besseren Deal zu bekommen, ohne funktionierende Strukturen zu zerschlagen. Linken-Finanzexperte Klaus-Rainer Rupp ist mit der Formulierung im Koalitionsvertrag nach eigenen Worten „sehr unzufrieden“. Er hält eine vollständige Übernahme von Hansewasser durch die Stadt für erstrebenswert – nicht um das Unternehmen durch eine bürokratische Ämterstruktur zu ersetzen, sondern um im Interesse der Gebührenzahler Schluss zu machen mit der „Profitgarantie“ für Gelsenwasser und SWB. Der SPD-Fachpolitiker Arno Gottschalk legt sich noch nicht fest. Bei der gegenwärtigen 25-Prozent-Beteiligung werde es aber sicherlich nicht bleiben. In der Koalition gibt es also noch einigen Beratungsbedarf, wie mit Hansewasser weiter verfahren werden soll.

Trinkwasser

Die Wasserversorgung ist in Bremen eines der Geschäftsfelder des Regionalversorgers SWB. Zur Zukunft dieser Infrastruktur bleibt der Koalitionsvertrag noch unbestimmter als beim Abwasser. Hingewiesen wird lediglich auf das Auslaufen der bestehenden Konzession für die SWB im Jahr 2028. Danach könnte die Stadt die Versorgung theoretisch wieder in eigene Regie übernehmen, wird das aber wohl nicht tun. Arno Gottschalk kann sich eher vorstellen, über eine neugestaltete Konzession Einfluss auf die Bewirtschaftung der Trinkwasserreserven zu nehmen. So sieht es auch Ralph Saxe. „Trinkwasser wird potenziell ein Mangelprodukt sein“, mahnt der Grünen-Politiker. Deshalb müsse es künftig auch darum gehen, den Trinkwasserverbrauch durch Nutzung von Regenwasser und sogenanntem Grauwasser, also gering belastetes und aufbereitetes Abwasser, zu senken. Entsprechende Zielvorgaben könnten Gegenstand einer überarbeiteten Konzession sein.

Lesen Sie auch

Müllabfuhr/Stadtreinigung

An diesem Punkt schlagen die Koalitionäre einen Pflock ein. Gegenwärtig sind Müllabfuhr und Straßenreinigung unter dem Dach der Bremer Stadtreinigung (DBS) gebündelt. Ausgeführt werden beide von privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen. An ihnen hält die Stadt jeweils einen Minderheitsanteil. Zumindest die Straßenreinigung soll ab 2028 wieder im gesamten Stadtgebiet als kommunale Dienstleistung erbracht werden, so wie es jetzt schon in Bremen-Nord der Fall ist. Eine Blaupause für die Müllabfuhr? Eher nicht. In der SPD hat die Begeisterung für eine vollständige Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft in letzter Zeit deutlich abgenommen. Die Partnerschaft mit dem Entsorgungsunternehmen Nehlsen unter dem Dach der DBS funktioniert aus Arno Gottschalks Sicht gut. Auch Ralph Saxe zeigt sich zurückhaltend: „Die Müllabfuhr ist eine andere Nummer als die Straßenreinigung.“

Strom/Wärme

Am unverbindlichsten sind die Formulierungen zur Zukunft der Elektrizitäts- und Wärmeversorgung. Die Passage lautet wörtlich: „Wir werden den öffentlichen Einfluss im Bereich der Energieversorgung strategisch ausbauen, um die anstehenden zentralen Aufgaben der sozialökologischen Transformation insbesondere der Wärmewende und der zukunftsfähigen Aufstellung der Stromnetze zu bewältigen.“ Aber was bedeutet das konkret? Weder Ralph Saxe noch Klaus-Rainer Rupp haben darauf eine Antwort. Rupp spricht von einer „vagen Absichtserklärung, die noch nicht mit konkreten Inhalten hinterlegt ist“.

Für Arno Gottschalk zielt die Passage vor allem auf die aktuellen Entwicklungen bei künftigen Nahwärmenetzen, insbesondere durch Nutzung von Erdwärme. Zuletzt sind in mehreren Stadtteilen entsprechende Genossenschaften aus der Taufe gehoben worden. Gottschalk begrüßt das im Grundsatz. Er bezweifelt aber, dass diese privaten Zusammenschlüsse über längere Zeiträume tragfähig sind. Der Sozialdemokrat hält es deshalb für sinnvoll, dass die Stadt Bremen entsprechende Trägerstrukturen aufbaut. Die SWB könne dabei Partner sein.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)