Mit Fußpatrouillen kennt sich der Elektroroller-Verleiher Lime aus. "Lime-Fußpatrouillen sind auch in anderen deutschen Städten unterwegs", sagt Unternehmenssprecherin Sarah Schweiger. Bremen hat den beiden neuen Anbietern Lime und Bolt eine Art Ordnungsdienst zur Auflage gemacht. Eigene Beschäftigte sollen mit Inkrafttreten der Lizenzen am 1. Mai ein Auge auf falsch abgestellte, umgeworfene oder umgekippte E-Scooter haben.
Ausgewiesene Abstellflächen für E-Roller sind nicht Bestandteil der Lizenzen. Ordnungsamt und Innenressort gingen das Thema aber bereits an, sagt Behördensprecherin Karen Stroink. Es habe schon Gespräche mit dem Landesbehindertenbeauftragten gegeben. Bislang sei lediglich ein Pilotprojekt zur Erprobung vorgesehen. Als Abstellzonen kämen Parkstreifen in Betracht. Das Problem: Die Abstellflächen müssten an den Bedarf angepasst werden, damit nicht unnötig Platz in Anspruch genommen werde.
Laut Sondernutzungserlaubnis können die beiden Anbieter jeweils bis zu 1250 E-Scooter auf die Straße bringen. Die zulässige Höchstzahl will Lime nach eigener Angabe auch ausschöpfen, allerdings nicht sofort. "Wir werden den Betrieb langsam starten und über die kommenden Wochen hinweg aufstocken", sagt Schweiger. Im gleichen Tempo soll sich auch die Fußpatrouille vergrößern. Mit dem Mitbewerber Bolt hat Lime deswegen Verbindung aufgenommen. "Wir eruieren derzeit, inwieweit eine gemeinsame Fußpatrouille zielführend sein könnte", so Schweiger.
Den Weg dorthin pflastert die Sondernutzungserlaubnis – gibt sie den beiden Verleihern doch ausdrücklich vor, sich bei ihren Kontrollgängen auch um die Roller der Konkurrenz zu kümmern. Ein Betätigungsfeld für seine Fußpatrouillen hat Lime schon im Blick. "Fest steht, dass das Team insbesondere im Innenstadtbereich unterwegs sein wird", sagt Schweiger. Durch fortlaufende Evaluierungen will Lime ermitteln, wo die Patrouillen am meisten gebraucht werden.
Die meisten Auflagen bleiben gleich
"Die meisten Auflagen bleiben wie bisher", sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innenressorts. "Jedoch haben wir an einigen Stellen neue Auflagen eingefügt oder verschärft." Eine davon sei die Fußpatrouille. Damit reagiert die Stadt auf wiederholten Unmut über achtlos abgestellte Roller. Für Schlagzeilen sorgte der Fall eines Blinden, der über zwei umgekippte Voi-Roller gestürzt war. Seine Klage wurde vom Landgericht abgewiesen, er legt jetzt Berufung ein.
Voi-Nachfolger Lime kündigt an, mit den lokalen Blinden- und Sehbehindertenverbänden eng zusammenzuarbeiten. Falsch geparkte E-Scooter dürften keine Gefahr für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung darstellen, sagt Schweiger. Vorschusslorbeeren gibt es von der Landesverkehrswacht Bremen. Dessen Geschäftsführer Ralf Spörhase zitiert der neue Verleiher mit den Worten: "Das Engagement von Lime zum Thema Sicherheit und Verkehrsprävention ist vorbildlich."
Schon einmal war Lime so gut wie angekommen in Bremen. Erst in letzter Minute machte der amerikanische Anbieter im Januar 2021 einen Rückzieher. Der Grund: die damalige Obergrenze von 500 E-Scootern. Als dauerhaft hatte Lime die Absage aber nicht verstanden wissen wollen. Bremen sei "ein sehr attraktiver Markt" verlautete damals aus der Chefetage. "Wir standen von Anfang an in einem guten und konstruktiven Austausch mit der Stadt, Behörden und Verbänden", betont Lime-Sprecherin Anna Montasser.
Der Anbieter Bolt ist mit seinen lindgrün gehaltenen E-Rollern erst vor zwei Jahren in Deutschland an den Start gegangen, aber inzwischen nach eigenen Angaben in 62 Städten unterwegs. Für den Beginn in Bremen zum 1. Mai muss es das Unternehmen sportlich angehen. „Wir haben ja vergangene Woche erst per Los die Konzession erhalten, werden das aber zum 1. Mai hinbekommen“, sagt Sprecherin Natascha Spörle. Es soll aber erst mal mit einer kleineren Flotte als den erlaubten 1250 Rollern losgehen. Entsprechend der Nachfrage und in Abstimmung mit der Stadt werde die Zahl dann erhöht.
Als Bolt vor zwei Jahren in Köln loslegte, wurden die Kunden durch Kampfpreise gelockt. Die Nutzer zahlten keine Grundgebühr und einen Cent Miete pro Minute, danach waren es fünf Cent pro Minute ohne Grundgebühr. In Oldenburg ist Bolt jetzt schon vertreten. Von dort aus wird womöglich auch der ein oder andere Kollege Unterstützung für den Start in Bremen leisten. Aber Bolt selbst hat bereits auch hier schon einige Beschäftigte gefunden.
Was die Bolt-Roller in Bremen an Miete kosten werden, steht noch nicht fest. „Wie in anderen Städten ist es das Ziel, das günstigste Angebot zu haben und eine hohe Auslastung unserer Flotte zu gewährleisten“, erläutert Spörle. Wenn sie die Stadt Bremen betrachtet, fällt ihr auf: „In Bremen ist die Besonderheit, dass es da recht viele kleine Straßen gibt, mit schmalen Gehwegen und mit Kopfsteinpflaster. Da müssen wir schauen, inwiefern man dort an der einen oder anderen Stelle noch Verbotszonen einrichtet.“ Die Nutzer werden ab Montag genau auf der App sehen können, wo sie die Roller abstellen können.
Auf der Strecke bleiben die bisherigen Elektroroller-Verleiher Voi und Tier. Eigentlich hatten die beiden Anbieter große Pläne für Bremen. Noch Ende vergangenen Jahres wollten sie nach Bremen-Nord expandieren, Voi zog es auch in die Vahr. Beide Unternehmen hatten beim Ordnungsamt erneut eine Sondernutzungserlaubnis beantragt, mit Lime und Bolt gab es laut Innenressort insgesamt vier Bewerber. Alle hätten die Anforderungen erfüllt.
Zur Rangfolge wollte die Behörde keine Angaben machen. Die Verlautbarungen von Lime lassen aber den Schluss zu, dass der US-Anbieter das Rennen machte. Bolt und Voi bestätigten, um den verbliebenen zweiten Platz ins Losverfahren gegangen zu sein. Den Entscheid per Los hatte die Behörde bei gleichwertiger Qualifikation angekündigt. "Sachliche Gründe waren nicht ausschlaggebend", sagt ein Voi-Sprecher. "Hier hatten wir schlicht Pech."
Voi bedauert das Ergebnis des Auswahlverfahrens. "Wir warten weiterhin auf eine Begründung für die Platzierung seitens der Stadt." Man habe jetzt nur wenige Wochen, um den Betrieb komplett einzustellen. Vor allem für die Mitarbeiter vor Ort sei die kurzfristige Verkündung der Entscheidung ein Tiefschlag.