Mit seiner Geduld ist Ralph Saxe so ziemlich am Ende. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion fordert durchgreifende Maßnahmen gegen Raser und Poser. Nicht nur in der Überseestadt, die zuletzt besonders im Fokus stand, sondern überall in Bremen. „In dem Bereich passiert nichts mehr“, sagt Saxe. Immer wieder werde deutlich, dass das Thema keine Priorität habe. Es gebe offensichtlich eine andere Schwerpunktsetzung. „Oder weniger nett formuliert: Das Problembewusstsein fehlt.“ Dabei ließe sich die leidige Angelegenheit aus Sicht der Grünen relativ einfach aus der Welt schaffen. Wenn sich Bremen ein Beispiel an Hamburg nehmen würde. Die Bremer Polizei widerspricht Saxes Darstellung.
In der Elbmetropole haben Raser und Poser einen schweren Stand. „Da gibt es keine Hotspots mehr, weil der Kontrolldruck so groß ist“, sagt Saxe. Schon seit 2017 arbeitet bei der Hamburger Polizei eine Kontrollgruppe Autoposer, die vor allem in den Sommermonaten auffällige Fahrzeuge überprüft. Bestehe bei einem Auto der Verdacht auf unzulässige Manipulation, wird es laut Saxe sofort beschlagnahmt und von einem Experten begutachtet. Die Erfolgsquote könne sich sehen lassen. „Mehr als 98 Prozent der kontrollierten Fahrzeuge sind manipuliert.“ Für die Fahrzeughalter sei das ein teures Vergnügen, weil sie für die Gutachterkosten aufkommen müssten. „So eine Begutachtung kostet ein paar Tausend Euro.“ Das sei eine ganz andere Dimension, als Raser und Poser nur wegen unnötigen Hin- und Herfahrens zu belangen.
Auch bei der Bremer Polizei gibt es nach Angabe des Innenressorts nach wie vor eine Kontrollgruppe Raser und Poser. Allerdings ist sie seit Sommer 2023 nicht mehr aktiv gewesen. Zur Begründung verwies die Behörde damals auf Personalmangel. Die Spezialisten würden ihre Arbeit als ständige Einheit aber wieder aufnehmen, sobald es die Personalsituation zulasse, hieß es aus dem Haus von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Wann damit zu rechnen ist, ist derzeit freilich nicht absehbar. Auf eine Berichtsbitte der Grünen-Fraktion antwortete die Behörde am Donnerstag in der Innendeputation: „Eine Festlegung, wann die Kontrollgruppe Raser und Poser in der Stadtgemeinde Bremen wieder in vollem Umfang agiert, ist unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Schwerpunktsetzung nicht möglich.“
Innenbehörde weist die Vorwürfe zurück
Gleichwohl wehrt sich die Innenbehörde gegen Saxes Vorwurf, gegen Raser und Poser würde nicht genug unternommen. „Nur weil die Ermittlungsgruppe ‚Raser und Poser‘ aktuell nicht aktiv ist, hat die Polizei Bremen ihre Arbeit nicht eingestellt“, sagt Ressortsprecher René Möller. Im Gegenteil, die Polizei habe in den vergangenen Wochen ihren Kontrolldruck deutlich erhöht. Bei den Kontrollaktionen an szenetypischen Orten seien etliche Verstöße festgestellt worden. Die Polizei werde ihre Kontrollen auch in den kommenden Tagen und Wochen an unterschiedlichen Orten fortsetzen. Ergänzend dazu ist ein Verkehrsversuch in der Überseestadt gestartet: Der Kommodore-Johnsen-Boulevard ist jetzt eine Tempo-30-Zone, sogenannte Berliner Kissen sollen Raser ausbremsen.
Grundsätzlich zieht die Innenbehörde in Zweifel, ob tatsächlich übermäßig viele Fahrzeuge frisiert werden. Die als zu laut empfundenen Lärmemissionen beruhten oftmals auf serienmäßigem Einbau oder würden sogar durch zulässige Änderungen hervorgerufen, teilt die Behörde mit. Lärm entstehe auch, wenn der Fahrer beispielsweise das Gaspedal durchtrete. „Insofern handelt es sich in den seltensten Fällen um Manipulationen.“ Das wiederum will Saxe nicht ohne Weiteres als Tatsache akzeptieren. „Woher will man das wissen, wenn keine ausreichenden Kontrollen vorgenommen werden?“
Aus Sicht der Polizei besteht eine Kluft zwischen öffentlicher Wahrnehmung und dem tatsächlichen Umfang des Raser- und Poser-Problems. Es gebe gar nicht so viele Vorfälle wie gemeinhin angenommen, sagte am Donnerstag ein Polizeivertreter in der Innendeputation. In den Augen von Saxe wird diese Einschätzung der Situation in keiner Weise gerecht. Lärm könne zu einer massiven Schädigung der Gesundheit führen.