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Kampfkandidatur um Senatorenamt bringt Spannung Rot-Grün ist noch nicht durch

Die Spannung steigt, bevor am Sonnabend in Bremen SPD und Grüne über den neuen Koalitionsvertrag und die Riege der Senatoren entscheiden. Denn bei den Grünen gibt es eine Kampfkandidatur.
07.07.2015, 00:00 Uhr
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Rot-Grün ist noch nicht durch
Von Jürgen Hinrichs

Die Spannung steigt, bevor am Sonnabend in Bremen SPD und Grüne über den neuen Koalitionsvertrag und die Riege der Senatoren entscheiden. Zwar gibt es klare Voten der beiden Parteivorstände, und die Sozialdemokraten werden dieser Empfehlung aller Voraussicht nach auch folgen. Bei den Grünen ist das aber noch nicht ausgemacht. Dort gibt es eine Kampfkandidatur. Robert Bücking gegen Joachim Lohse. Der ehemalige Ortsamtsleiter gegen den Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Bücking will Lohse beerben und konterkariert damit den Vorschlag der Parteispitze.

Sollte Bücking die Abstimmung gewinnen, könnte das schwerwiegende Folgen haben. Allemal für die Grünen, weil die Mitglieder sich gegen den Vorschlag ihrer Spitzenleute wenden würden. Vielleicht aber auch für die Senatsbildung insgesamt. Ein sorgsam austariertes Gefüge käme ins Rutschen.

Im Interview mit dem WESER-KURIER vermied Bücking Worte der Kritik gegen seinen Kontrahenten. „Ich respektiere Joachim Lohse dafür, wie er sich in seinem Amt durchgekämpft hat“, sagte Bücking. Am Ende müsse aber jeder bei den Grünen abwägen, ob diese Bilanz ausreiche. Der Abgeordnete bezeichnete sich im Machtkampf um das Senatorenamt als Außenseiter: „Ich gehe bergauf.“

Mit dem Gedanken zu kandidieren, habe er sich bereits länger getragen. Der ungewöhnliche Zeitpunkt dies zu tun, in der letzten Nacht der Koalitionsverhandlungen, sei dem Ergebnis dieser Verhandlungen geschuldet: „Ich kam zu dem Schluss, dass wir nach dem Wahlausgang nicht so weitermachen dürfen wie bisher, mit der gleichen personellen Aufstellung.“ Der Koalitionspartner habe es schließlich auch anders gemacht.

Nach der Bürgerschaftswahl am 10. Mai und den herben Verlusten von Rot-Grün hatte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) erklärt, nicht noch einmal antreten zu wollen. Als seinen Nachfolger nominierten die Sozialdemokraten den Bundestagsabgeordneten Carsten Sieling. Anwärterin für den Posten der Senatorin für Kinder und Bildung ist Claudia Bogedan. Mit ihr präsentiert die SPD ein weiteres neues Gesicht.

Die Grünen-Spitze hat sich dagegen auf die bisherigen Amtsinhaber festgelegt: Karoline Linnert (Finanzen), Anja Stahmann (Soziales) und Joachim Lohse (Umwelt, Bau und Verkehr). Einer, der das kritisiert und den Rücktritt von Linnert gefordert hat, zog selbst die Konsequenzen und kandidierte nicht wieder: Matthias Güldner, acht Jahre lang Fraktionsvorsitzender der Grünen. Als seine Nachfolgerin wurde in der vergangenen Woche Maike Schaefer gewählt, bislang umweltpolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

Seinen Griff nach dem Senatorenamt begründet Bücking nicht allein damit, dass sich auch die Grünen in der Regierung personell erneuern müssten, um wie die SPD glaubhaft einen Aufbruch zu markieren. Er will genauso inhaltlich punkten und zum Beispiel das Thema Stadtentwicklung viel weiter fassen als das bisher getan wurde. „Bremen muss unwiderstehlich werden für junge Leute. Dafür müssen wir ihnen etwas bieten, und zwar nicht nur Wohnungen und Arbeit, sondern ein Klima von Offenheit, Aufbruch Wagnis, Innovation“, so der 62-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.

Senator Lohse hat am Montag gekontert und als Reaktion auf die Bewerbung von Bücking sich selbst noch einmal bei der Grünen-Basis empfohlen. „Ich habe jetzt vier Jahre hart gearbeitet und viele Erfolge erzielt, an denen unser grünes Profil deutlich sichtbar wird“, schreibt Lohse in einem Brief an alle Mitglieder seiner Partei. Er sei kein wortgewaltiger Ankündigungsminister, sondern jemand, der vor allem durch seine Ergebnisse spricht.

„Ich scheue die Konkurrenz um das Senatorenamt mit Robert Bücking nicht“, so Lohse. Den Zeitpunkt dafür finde er allerdings unglücklich, weil die Auseinandersetzung die Grünen erneut vor eine harte Probe stelle, zu einem Zeitpunkt, als nach acht turbulenten Wochen gerade erst wieder Ruhe einzukehren beginne.

Wenn am Sonnabend auf den Parteitagen von SPD und Grünen, die zeitgleich stattfinden, über den Koalitionsvertrag und die Senatoren entschieden wird, ist das lediglich ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Regierungsbildung. Das letzte Wort haben am folgenden Mittwoch, 15. Juli, die neu gewählten Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft. Interview Seite 11

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