So richtig heiß soll es am kommenden Wochenende im Norden werden. Für diesen Freitag sagt der Deutsche Wetterdienst Temperaturen von 28 bis 31 Grad voraus. Am Sonnabend soll es erneut viel Sonnenschein und nur wenige Wolken bei lokal bis zu 35 Grad geben. Abkühlung ist erst in der Nacht zu Sonntag in Sicht, wenn von Westen bis zur Weser erste Schauer und Gewitter aufziehen. Für viele Menschen dürfte die Hitze am Wochenende gerade recht kommen, es winken schöne Stunden im Freien. Die rekordverdächtigen Temperaturen haben allerdings auch eine Schattenseite: Immer mehr Menschen leiden unter dem extremen Sommerwetter. In Bremen hat es deshalb 2019 erste Überlegungen zur Erstellung eines Hitzeaktionsplans gegeben, der ursprünglich in diesem Frühjahr, dann im Sommer fertig sein sollte. Doch die Umsetzung verzögert sich immer weiter.
Warum liegt der Hitzeaktionsplan noch nicht vor und wann ist mit ihm zu rechnen?
Das federführende Haus von Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf (Grüne) verweist auf einen sehr breiten Abstimmungsprozess mit anderen Ressorts, aber auch mit externen Beteiligten wie der Ärztekammer, der Apothekerkammer oder dem Verband der Ersatzkassen. Es hätten zahlreiche Termine mit vielen Beteiligten koordiniert und durchgeführt werden müssen, sagt Ressortsprecherin Ramona Schlee. Dieser Prozess habe "etwas mehr Zeit gebraucht". Die finale Abstimmung mit den Ressorts und Bremerhaven sei jetzt für August geplant, teilt Arabella Walter mit, die persönliche Referentin der Senatorin. "Das hat sich ein kleines bisschen nach hinten verschoben." Im September werde der abgestimmte Hitzeaktionsplan redaktionell fertiggestellt und gehe dann in die politischen Gremien. "Im Herbst ist der Hitzeaktionsplan hoffentlich durch", sagt Walter. Der CDU dauert das zu lange. Der Senat Bovenschulte mache "offenbar lieber hitzefrei" und vertröste die Menschen mit weiteren Ankündigungen, sagt Martin Michalik, klimapolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Senatorin Moosdorf müsse den Hitzeaktionsplan schnellstmöglich vorlegen.
Was sind die Kernelemente des Hitzeaktionsplans?
Ein wesentliches Element des Hitzeaktionsplans ist laut Umweltressort die Kommunikation von Hitzerisiken und Verhaltensempfehlungen. In einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion heißt es, die Arbeitsfassung des Hitzeaktionsplans enthalte verschiedene Maßnahmen zur Risikokommunikation, Information und Sensibilisierung der Bevölkerung. Dazu zählen ein Hitzeportal für das Land Bremen und eine Sensibilisierungskampagne. Von besonderer Bedeutung seien aber auch Maßnahmen für bestimmte Zielgruppen. Als Beispiel werden vulnerable Gruppen genannt, also etwa Kinder oder ältere Menschen. Dazu gehört die Aus- und Weiterbildung von Berufsgruppen, die mit vulnerablen Menschen umgehen. Als mögliche Maßnahmen gelten auch die Versorgung wohnungsloser Menschen mit Trinkwasser, Nachbarschaftshilfen ("Buddy-System") sowie verbesserter Hitzeschutz für Menschen, die im Freien arbeiten, etwa durch verkürzte Arbeitszeiten. Eine Koordinierungsstelle soll die Umsetzung und Weiterentwicklung des Hitzeaktionsplans steuern.
Welche Maßnahmen gibt es schon jetzt bei Hitzewellen und welche werden gefordert?
Bei Hitzewellen sollen zum Beispiel klimatisierte oder kühle Räume geöffnet werden. Eine Reihe von Tipps für das richtige Verhalten bei Hitze enthält der "Hitzeknigge", der seit Sommer 2022 in unterschiedlicher digitaler und gedruckter Form für die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven vorliegt. Auf der Website des Gesundheitsamts Bremen befinden sich weitere wichtige Hinweise zum Zusammenhang von Hitzewellen und Gesundheit. Um den Flüssigkeitsbedarf sicherzustellen, gibt es in der Stadt Bremen eine Reihe öffentlicher Trinkbrunnen. Die Website des Umweltressorts nennt 13 Standorte, in den kommenden Jahren sollen weitere 20 Trinkbrunnen hinzukommen. Über sogenannte Refill-Stationen zum Beispiel in bestimmten Cafés oder Restaurants können außerdem Trinkflaschen kostenfrei aufgefüllt werden. Auch dazu gibt es einen digitalen Wegweiser. Als schnell zu realisierende Maßnahme fordert die CDU, einen Stadtplan mit kühlen Orten in der City zu erarbeiten. "Wie Kirchen oder Museen, in die man sich bei Hitze begeben kann", sagt Klimaexperte Michalik. Bremen brauche klare Vorgaben und ein umfassendes Konzept mit mehr Schattenplätzen, mehr Grün und Trinkbrunnen. Die FDP setzt sich für Schatten- und weitere Rückzugsräume durch Sonnensegel über Spielplätzen und Fußgängerzonen ein. Denkbar seien auch Orte mit Sprühduschen und öffentlich zugängliche, gekühlte Räume.
Wie stark belastet heißes Wetter die Bremer Beschäftigten?
Nach Angaben der Krankenkasse DAK-Gesundheit fühlen sich 15 Prozent der Bremer Beschäftigten durch Hitze stark belastet. Hochgerechnet auf alle Erwerbstätigen in der Hansestadt seien das rund 67.000 Menschen. Das geht aus dem DAK-Gesundheitsreport 2024 für Bremen hervor. Mehr als zwei Drittel sehen ihre Leistungsfähigkeit durch Extremtemperaturen eingeschränkt. Etwa ein Fünftel der Beschäftigten klagt über hitzebedingte Gesundheitsprobleme wie Abgeschlagenheit, Schlafprobleme, Kreislaufbeschwerden und Kopfschmerzen. Laut Report sind auch erste Auffälligkeiten beim Krankenstand zu verzeichnen. "In der Analyse der Krankschreibungen aller DAK-versicherten Beschäftigten bundesweit zeigt sich, dass es bei steigenden Temperaturen im Sommer mehr Arbeitsausfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt", sagt Sprecher Sönke Krohn. Ein Viertel der Beschäftigten geht davon aus, dass sich die Arbeitsbedingungen durch wiederkehrende Hitzeperioden verschlechtern werden. "Hitze ist das größte durch den Klimawandel bedingte Gesundheitsrisiko – auch für die Beschäftigten", sagt Michael-Niklas Rühe, Landeschef der DAK-Gesundheit in Bremen. Seine Forderung: "Die Firmen bei uns im Bundesland müssen rasch alle Arbeitsabläufe an Hitzeperioden anpassen und Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten ergreifen."
Wie gut ist der Hitzeschutz für alte und kranke Menschen in Pflegeheimen?
In diesem Bereich gibt es aus Sicht des Biva-Pflegeschutzbunds noch viel Luft nach oben. Es gebe keine konkreten und verbindlichen Vorgaben für Hitzeschutz in Pflegeheimen, sagt der Biva-Regionalbeauftragte Reinhard Leopold. Die Empfehlungen des Bremer Gesundheitsamts "sind gut gemeint, reichen aber leider nicht aus". Auch die Vorgaben in der Bauverordnung zum Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetz seien "viel zu schwammig". Es sei nicht hinnehmbar, wenn pflegebedürftige Menschen trotz hoher Zusatzkosten in manchen Einrichtungen weiter unter Hitze leiden müssten oder sogar gesundheitliche Schäden davontrügen. Im Bundesdurchschnitt zahlten Menschen in Alten- und Pflegeheimen rund 450 Euro monatlich an sogenannten Investitionskosten. "Besonders ärgerlich sind diese hohen Investitionskosten, wenn der zunehmend wichtiger werdende Hitzeschutz, vor allem der einzelnen Bewohnerzimmer, nicht ausreicht oder schlicht nicht vorhanden ist", sagt Leopold.