Der Stolz auf den Vegesacker Hafen ist den Autoren der Chronik schon auf dem Titel anzumerken. „Unser ältester Hafen“ ist das Buch überschrieben, das Anfang der 2000er-Jahre im Auftrag der Stadtentwicklung Vegesack verfasst wurde. Schließlich handele es sich um den „ersten künstlichen Seehafen Deutschlands“, erbaut von 1619 bis 1622. So wird es in Bremen-Nord auch heute noch gerne erzählt. Doch angesichts der Erkenntnisse aktueller wissenschaftlicher Forschung ist dies nicht mehr zu halten.
Bei den Recherchen für ihr Buch über den Hafen haben die Historiker Ulrich Weidinger und Konrad Elmshäuser, Leiter des Staatsarchivs, herausgefunden, dass der Schiffsanleger im schleswig-holsteinischen Tönning älter ist. Er wurde bereits 1611 gebaut. An der Bedeutung des Vegesacker Hafens ändert dies indes nichts. Ein kurzer Streifzug durch 400 Jahre Hafengeschichte.
Vor rund 400 Jahren stand die Bremer Schiffergilde vor zwei Problemen: Zum einen gab es weder an der Schlachte noch an der Balge einen Winterhafen, zum anderen versandete die Weser zunehmend. Die Stadt entschied sich deshalb dazu, einen neuen Hafen bauen zu lassen. Als Standorte waren auch Blumenthal und Lesumbrok im Gespräch, doch letztlich wurde es Vegesack, wo im Frühjahr 1619 die ersten Arbeiten begannen. 1622 wurde der Hafen eröffnet. Die Baukosten übernahm zum größten Teil die Stiftung „Haus Seefahrt“, die dafür später Hafengebühren und Pachten einziehen durfte.
Einst beherbergte Vegesack Europas größte Fischereiflotte
1933 wurde auf der heutigen Grohner Seite von Cord Cöper die erste Werft gegründet, 1653 wurde Vegesack mit der Gründung der bremischen Grönland-Companie zum Ausgangshafen für Walfangexpeditionen. 1770 entstand unweit des Hafens die Schiffswerft von Johann Jantzen, nach und nach wurde Vegesack ein herausragender deutscher Werftenstandort. Ende des Jahrhunderts siedelte sich hier auch die Lürßen-Werft an.
1827 wurde der Hafen in Bremerhaven gegründet, die Weser versandete mehr und mehr, womit Vegesacks Bedeutung als Seehafen geringer wurde. 1895 brachte die Bremen-Vegesacker Fischerei-Gesellschaft dem Hafen mit ihren Heringsloggern neuen Betrieb. Vegesack beherbergte seinerzeit Europas größte Fischereiflotte. Ab 1970 wurde der Hafen zu einem Museumshafen umgestaltet.