In Hamburg konnten schon 2017 mehr als 90 Prozent der Schulkinder einen Ganztagsangebot nutzen. In Bremen dagegen gebe es enormen Aufholbedarf bei der Nachmittagsbetreuung für Grundschulkinder, das kritisiert die FDP-Fraktion in der Bürgerschaft. Die Liberalen haben eine Kleine Anfrage zum Ganztagsausbau in Bremen verfasst und erkundigen sich unter anderem nach der Zahl der Ganztags- und Hortplätze und dem Angebot in den Stadtteilen.
Anlass dafür ist auch, dass mit den zuletzt beschlossenen Haushalts-Eckwerten 250 Vollzeitstellen in der Bildung nicht finanzierbar sein werden, darunter 40 Stellen für den Ganztagsausbau. Dies wurde durch ein Schreiben der Bildungssenatorin bekannt.
„Der Wegfall der Finanzierung für diese Stellen ist tragisch“, sagt FDP-Bildungspolitikerin Birgit Bergmann. „Wir brauchen den Ganztagsausbau ganz dringend, denn für viele Familien ist der Start der Grundschulzeit ein richtiges Schlagloch.“ Vielen Eltern, die für ihr Kita-Kind einen Platz hatten, breche dann die Betreuung ab mittags weg. Dies bedeute, dass ein Elternteil, häufig die Frauen, beruflich wieder kürzer treten müsse.
Der Bund will bis 2025 einen Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung für jedes Grundschulkind einführen. Doch dafür fehlen Studien zufolge bundesweit Hunderttausende Nachmittagsplätze. Für Bremen sei die Umsetzung des Rechtsanspruchs kaum zu schaffen, urteilt der Zentralelternbeirat (ZEB): „Der Ganztagsausbau wird in keiner Weise bis 2025 da sein, wo er mal sein sollte“, sagt Martin Stoevesandt vom ZEB. „Der Rechtsanspruch wäre nur zu erreichen, wenn alle Halbtagsschulen ein offenes Ganztagsangebot bis 2025 hätten. Das ist aus heutiger Sicht zu 100 Prozent ausgeschlossen.“ An einigen Schulen reichten derzeit die Hortkapazitäten nicht aus, betont auch die Zentralelternvertretung (ZEV).
Beim Ganztagsausbau steuert Bremen aus Sicht der FDP auf ein „Potpourri aus Problemen“ zu: „Das Personal für den Ganztagsausbau müsste man eigentlich jetzt suchen, und die Haushaltseckwerte machen keine Hoffnung“, so Bergmann.
Die Landesregierung hatte sich 2016 vorgenommen, zehn Grundschulen in den Ganztag zu überführen. An sechs der Standorte sei dies umgesetzt, teilte die Behörde im Herbst auf Nachfrage von SPD und FDP mit. An den verbleibenden vier Standorten gebe es Nachmittagsbetreuung über einen Hort oder eine Hausaufgabenbetreuung. An mehreren Schulen muss noch eine Mensa gebaut werden.
Von 107 Grundschulen im Land Bremen sind 61 Schulen im Ganztagsbetrieb. Das teilt die Behörde auf Anfrage des WESER-KURIER mit. Das entspricht einem Anteil von 57 Prozent. Allerdings sind einige Schulen im offenen Ganztags-Betrieb, dort haben oft nicht alle Kinder einen Nachmittagsplatz. Der Behörde zufolge haben derzeit 45 Prozent der mehr als 23.000 Grundschüler im Land Bremen einen Ganztagsplatz. Die Horte, in denen ein Teil der Grundschulkinder nachmittags betreut wird, sind in diesen Angaben der Behörde zufolge allerdings nicht erfasst.