Seit Beginn der Pandemie hat Bremen darauf gesetzt, seine Schulen und Kitas so weit wie möglich geöffnet zu lassen. Mehrere Wochen komplett geschlossen waren die Schulen nur ganz am Anfang, als Corona noch unbekannt war und alle vor Augen hatten, wie das Virus in Norditalien gewütet hatte. Später kamen vom Bund immer wieder Beschlüsse und Ansagen für erneute Schulschließungen. Und immer wieder fand Bremen Wege, nur das absolute Minimum umzusetzen. Man vermied, wo immer möglich, die vom Bund gewollten Schließungen. Maximal wurde im Winter 2020/21 eine Weile die Präsenzpflicht ausgesetzt.
Diese Schulöffnung fanden viele Lehrkräfte und ein Teil der Eltern verantwortungslos und gefährlich, manche sprachen gar von gezielter Durchseuchung. Ein anderer Teil der Eltern und die Kinderärzte forderten dagegen ein Maximum an Präsenz. Aus heutiger Sicht passt das bremische Festhalten an geöffneten Schulen und Kitas zum aktuellen Umgang mit Omikron. In Hochphasen der Pandemie fühlte sich die Strategie für viele aber auch bedrohlich an.
Maximal verwirrend
Nachvollziehbar ist, dass gerade Bremen mit seiner hohen Zahl an Kindern, die in Armut und mit Sprachschwierigkeiten aufwachsen, besonders auf Präsenz setzen wollte. Kinder, die mit einer größeren Familie in einer engen Wohnung leben, die noch nicht gut Deutsch sprechen oder deren Eltern ihnen kaum beim Lernen helfen können, haben es besonders schwer, beim Distanzunterricht mitzukommen. Im zweiten Pandemie-Winter hatte Bremen im Unterschied zu vielen anderen Bundesländern ein weiteres gutes Argument, die Schulen in größerem Maße zu öffnen als anderswo, und zwar die hohe Impfquote im Stadtstaat.
Allerdings: Das Grundprinzip der offenen Kitas und Schulen brachte im Bremer Alltag keineswegs Klarheit, im Gegenteil. Ständig wurden die Test- und Quarantäneregeln verändert. Kohorte, Wechselunterricht, Notbetreuung, das war das neue Vokabular für alle, die Kinder haben oder mit ihnen arbeiten. Phasenweise wurde alle drei Wochen am Betriebsmodus der Bildung herumgedoktert, mal von Bremen, mal vom Bund. Nach dem Motto: „Bleibt alles anders.“
Schulleitungen verzweifelten an den immer wieder neuen, komplexen Vorschriften. Und viele Eltern blickten phasenweise schlicht nicht mehr durch, was gerade galt. Als maximal verwirrend dürfte vielen die ersten Monate von 2021 in Erinnerung sein, als in Bremen jeweils halbe Schulklassen im Wechselmodus vor Ort und zu Hause unterrichtet wurden. Und das auch noch auf freiwilliger Basis – die Präsenzpflicht war nämlich gerade aufgehoben.
Inzwischen ist der Werkzeugkasten des Pandemie-Managements bekannt. Vorschriften für Masken, Tests, Lüften, Quarantäne gehören zum Instrumentarium. Doch nach den Änderungen des Bundesinfektionsgesetzes kann Bremen einige Werkzeuge nicht mehr nutzen. Das Land hat es zum Beispiel nicht mehr in der Hand, eine Maskenpflicht an Schulen zu erlassen.
Behörde legt sich nicht fest
Manches aber könnte man festlegen und tut es nur nicht: zum Beispiel eine Sicherheitsphase zum Schuljahresauftakt, in der sich Schüler und Lehrkräfte verstärkt testen. Der Personalrat Schulen forderte eine solche Sicherheitsphase bereits Ende Juni und verlangte, es müssten jetzt von der Behörde verlässliche Regelungen für den Schulbetrieb nach den Ferien getroffen werden. Das aber geschah nicht. Die Sommerferien haben begonnen, ohne dass klar ist, ob sich Schüler und Lehrer zum Schulstart verstärkt testen müssen.
Auf eine solche Testphase zu setzen, wäre in jedem Fall sinnvoll. Schließlich böte sie nach der Reisezeit einen Einblick in die Infektionslage, um einschätzen zu können, was man tun muss oder im besten Fall gerne bleiben lassen kann. Mit Blick auf das neue Schul- und Kita-Jahr kann man sagen: Vor neuen Virus-Varianten ist niemand gefeit, ebenso wenig wie vor neuen kurzfristigen Manövern der Politik. Die Aussagen des Bremer Bildungsressorts zeigen, dass man keine Einschränkungen will, sie aber auch nicht ausschließt. Es gilt mal wieder: Sicher ist, dass nichts sicher ist.