Einen dringenden Hilferuf setzt Sarah Stoppe-Ramadan aus dem SOS-Kinderdorfzentrum in der Neustadt ab: Händeringend sucht die Ehrenamtskoordinatorin des Vereins Freiwillige, um insbesondere ab November den Betrieb des jetzt zum zehnjährigen Bestehen neu gestalteten offenen Cafés mit sozialem Mittagstisch von 9 Uhr bis 18 Uhr ausweiten zu können. "Wir merken, dass es von Familien mehr Bedarf gibt", sagt sie.
Die Verlängerung der Öffnungszeit um vier Stunden bis zum frühen Abend wäre wichtig und familienfreundlicher. Denn dann könnten sich befreundete Eltern mit ihren Kindern, denen zu Hause der Platz dafür fehle, nach Kita-Schluss um 16 Uhr noch im Familien- und Stadtteiltreff zum Klönen, Spielen und Basteln treffen.
Freiwillige Helferinnen und Helfer werden nach Aussage von Sylvia Schikker ebenfalls akut benötigt, um bestehende Angebote fortführen, neue auflegen und auf die gestiegene Nachfrage nach Unterstützung reagieren zu können. Unter anderem sollen die Sprachcafés belebt werden für alle Nichtmuttersprachler, die bei einer Tasse Kaffee Deutsch lernen wollen.
"Das SOS-Kinderdorf Bremen ist mit der neuen Bildungssenatorin Sascha Aulepp im Gespräch zur Einrichtung zusätzlicher Angebote für Kinder, die keinen Kita-Platz haben", informiert die SOS-Kinderdorf-Pressesprecherin. "In diesem Zusammenhang suchen wir für die Neustadt und für Hemelingen pensionierte Grundschullehrerinnen und -lehrer sowie andere Interessierte, die Kinder in spielerischer Form auf die Schule vorbereiten."
"Unsere Angebotspalette steht und fällt mit Ehrenamtlichen", unterstreicht Sarah Stoppe-Ramadan den dringenden Bedarf. Dem SOS-Kinderdorfzentrum seien wie anderen auch viele Engagierte während des Lockdown weggebrochen, die meisten aus gesundheitlichen Gründen. Von vorher rund 120 Freiwilligen seien nur noch sehr wenige zurückgekommen, schildert die Ehrenamtskoordinatorin, obgleich sie in der Schließzeit zu allen Kontakt gehalten habe.
"Es ist sehr persönlich und familiär hier", bestätigt Bärbel Gmehling und hebt das gute Miteinander von Festangestellten und Ehrenamtlichen sowie auch Gästen hervor. Während des Lockdown habe sie diese Freiwilligenarbeit "wirklich vermisst", die sie seit knapp sieben Jahren "mit viel Freude" ausübt. Sie sei sogar auf der Straße gefragt worden, wann das Café wieder öffne und sie dort anzutreffen sei, erzählt die Helferin, die seit einem Jahr mit Angela Böge ein eingespieltes Serviceteam bildet. Es ist offensichtlich, dass sich zwischen ihnen eine vertrauensvolle Bindung entwickelt hat.
Beide Neustädterinnen wollten mit dem Eintritt in den Ruhestand nicht die Hände in den Schoß legen, sondern eine sinnstiftende Aufgabe erledigen und haben aktiv nach einem Ehrenamt gesucht. Die aktiven, offen und zufrieden wirkenden Frauen wohnen in der gleichen Straße, kannten sich vorher gar nicht und haben sich im SOS-Kinderdorfzentrum auf Anhieb angefreundet.
Nun engagieren sie sich verlässlich jeden Donnerstag als Team fünf Stunden im Café, teilen sich die Aufgaben und unterstützen sich: Eine empfängt als Gastgeberin die Besucher und führt die 3-G-Kontrolle durch, die andere gibt als Servicekraft Getränke und Speisen aus, kassiert und serviert Bestellungen am Tisch.
"Das Schöne ist, dass man Kontakt zu so vielen Menschen hat, von Kindern bis zu Senioren", sagt Angela Böge, die sich im Service genau am richtigen Platz wähnt. "Dieses Füreinander", betont die ehemalige Bibliotheksangestellte, "es ist nicht immer nur ein Geben, stattdessen ist es ein Miteinander." Damit spricht sie auch Bärbel Gmehling aus der Seele. "Die Stimmung ist gut, hier kann man mal lachen", ergänzt sie.
Für beide ist wichtig, dass kein Zwang dahinter steckt. Ihre Motivation sei, versichern die Neustädterinnen, dass sie Spaß an ihrer freiwilligen Aufgabe haben und gleichzeitig Gutes für andere tun können. Darüber hinaus strukturiere der Dienst in dieser sozialen Einrichtung ihre Woche, erklären die umtriebigen Seniorinnen gut gelaunt.
Die Zufriedenheit der Freiwilligen ist für Sara Stoppe-Ramadan ein zentrales Anliegen. "Wenn ich schon Zeit spende, um eine gute Sache unentgeltlich zu unterstützen, dann bitte mit Freude – das ist unser Anspruch", sagt sie. Als erstes Zeichen von Wertschätzung nimmt die Ehrenamtskoordinatorin sich fürs Erstgespräch mit an Freiwilligenarbeit Interessierten Zeit. Zeit, um herauszufinden, was sie mitbringen und welche Interessen sie haben, um gemeinsam das passende Einsatzfeld auszusuchen. Regelmäßige Fortbildungen, der Austausch mit SOS-Kinderdorf-Kollegen und weiteren Ehrenamtlichen beim Betriebsausflug oder der Weihnachtsfeier sind Sara Stoppe-Ramadan wichtig. Auch sie selbst bietet sich jederzeit als Ansprechpartnerin an. Denn Zufriedenheit ist die Basis für ein längerfristiges Engagement. "Wir finden für jede Lebenssituation etwas", gibt sie sich zuversichtlich - vom Studierenden bis zum Pensionär. Gegebenenfalls vermittelt sie ob ihres guten Netzwerks auch Ehrenamtliche an andere Einrichtungen.