Am Abend des Pfingstmontags war es so weit: Das Sportgericht des Norddeutschen Fußball-Verbandes (NFV) wertete das abgebrochene Spiel zwischen dem Bremer SV und Teutonia 05 Ottensen (siehe Text unten) mit 5:0 zugunsten der Bremer. Eine echte Überraschung war damit allerdings nicht verbunden. Die Spielordnung der Regionalliga Nord gab das Urteil quasi vor.
Nach §14 der Spielordnung („Spielwertung in besonderen Fällen“) gibt es im Fall eines Spielabbruchs zwei Möglichkeiten: Trifft keine Mannschaft ein Verschulden, wird das Spiel neu angesetzt. Lässt sich der Abbruch dagegen auf eine Mannschaft zurückführen, wird das Spiel gegen sie gewertet. Nachdem die Teutonia den Platz rund zehn Minuten nach der in Rede stehenden rassistischen Beleidigung verlassen und auch keine Anstalten zur Rückkehr gemacht hatte, brach Schiedsrichter Jannik Weinkauf die Partie schließlich ab. Seine Entscheidung stützte sich dabei allein auf die Verweigerung der Gästemannschaft.
Eine mögliche Beleidigung von Hamburgs Marcus Coffie durch BSV-Stürmer Nikky Goguadze spielte dagegen keine Rolle im Verfahren. Selbst wenn der Unparteiische oder seine Assistenten etwas mitbekommen hätten, wäre der Bremer persönlich bestraft worden, nämlich mit einer Roten Karte. Das Spiel hätte man aber auch in diesem Fall fortgesetzt. Insofern ließ sich die Entscheidung des Sportgerichts relativ leicht vorhersagen. „Es gab aus meiner Sicht auch keine andere Möglichkeit“, sagt Ralf Voigt, der Sportliche Leiter des Bremer SV. Sein Team werde sich nun intensiv auf das erste Relegationsspiel bei Lupo Martini in Wolfsburg an diesem Mittwoch (19 Uhr) vorbereiten.
Geschäftsführer Frank Baumann enttäuscht
Das ist die drastische Auswirkung des Urteils: Der Bremer SV hat nun 46 Zähler auf seinem Konto. Das reicht, um die U23 des SV Werder vom Relegationsplatz zu verdrängen. Während der BSV also noch eine weitere Chance zum Klassenerhalt erhält, ist der grün-weiße Talentschuppen zum Gang in die Bremen-Liga verurteilt. „Ein Abstieg am Grünen Tisch ist natürlich sehr enttäuschend“, sagt Frank Baumann, Werders Geschäftsführer Fußball. Er betont allerdings auch: „Wir können mit unserer Leistung während der Saison nicht zufrieden sein.“ Neben dem Spielbetrieb in der Bremen-Liga, der man „mit Respekt“ begegnen möchte, will der Verein mit Testspielen für weitere Wettkampfpraxis sorgen.
Eines ist nach dem Abstieg aber sicher: Es kam wirklich alles zusammen in dieser Saison. Das begann mit einem Kader, der bereits vor dem ersten Spiel nicht zu allzu großen Erwartungen Anlass gab. Aber es wäre ja auch eigentlich kein großes Problem gewesen, zählte die U23 einmal nicht zur Regionalliga-Spitze. Das gehört quasi dazu; auch andere Nachwuchsteams treten immer mal wieder mit einem Jahrgang an, der nicht so weit vorn platziert ist.
Einige Ausfälle und Leihgaben aus der Profiabteilung, die nicht die Erwartungen erfüllten, mündeten dann aber in so mäßigen Leistungen, dass es nur zum unteren Mittelfeld für die U23 reichte. Das wurde zum Problem, als sich die Anzahl der Absteiger der Regionalliga Nord angesichts des Drittligaabstiegs des VfB Oldenburg und des SV Meppen auf stolze fünf erhöhte: Die U23 war nun mittendrin im Abstiegskampf. Am Ende half auch die Trennung von Trainer Konrad Fünfstück nicht mehr, unter seinem Nachfolger Christian Brand erlebte die bittere Saison sogar einen letzten Tiefpunkt: Aus dem fast schon sicher geglaubten 2:1-Sieg bei Phönix Lübeck wurde in der 86. Minute ein Unentschieden – das noch immer zum Klassenerhalt gereicht hätte – und in der dritten Minute der Nachspielzeit eine 2:3-Niederlage.
Es war aber nicht nur die monatelange Pechsträhne – am Ende reichte die Leistung des jungen Teams und dessen 45 Punkte einfach nicht aus zu einer entspannten Saison. Der BSV kommt nach der positiven Spielwertung auf 46 Zähler, und am Panzenberg wird dieses Ergebnis gefeiert: Unter seinen Voraussetzungen hat der Aufsteiger eine richtig gute Spielzeit absolviert.
Sie soll nun mit einem Erfolg in der Relegation gekrönt werden. Aber werden die Spiele gegen Lupo Martini nicht vom Abbruch und der in Rede stehenden Beleidigung überschattet? „Aus unserer Sicht garantiert nicht“, sagt Ralf Voigt. Beim Bremer SV bleibt man bei der Darstellung: Nikky Goguadze habe Marcus Coffie nicht beleidigt. „Ich kenne Nikky nun seit fünf Jahren und wehre mich dagegen, ihn als Rassisten darzustellen“, betont der Sportliche Leiter. Vielmehr habe der Stürmer einige „Freunde mit dunkler Hautfarbe in der Mannschaft und im privaten Bereich“. Schon deshalb wäre die ihm unterstellte Beleidigung aus der Luft gegriffen.
Das sieht man bei der Teutonia nach wie vor anders. Aus Kreisen des Vereins heißt es, zwei Spieler und vier Zuschauer wären Zeugen der Beleidigung geworden. Man habe noch auf dem Feld angeboten, im Fall einer Entschuldigung und einer sich anschließenden Auswechslung Goguadzes weiterzuspielen. Erst als dies ausblieb, sei das Team geschlossen vom Platz gegangen. Es ginge am Ende nämlich nicht um drei Punkte, sondern um etwas Gesellschaftliches.
In der Tabelle ist das 5:0 nach Wertung für den Bremer SV noch nicht berücksichtigt. Mit den drei Punkten tauscht der BSV mit Werders U23 die Plätze.