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Lena Frerichs "Es ging mir richtig schlecht"

Die Bremer Hockey-Nationalspielerin fällt mit einem Kreuzbandriss für mehrere Monate aus. Es ist ein herber Rückschlag für die 19-Jährige, die eine Kandidatin für die Olympischen Spiele in Paris war.
15.06.2023, 20:00 Uhr
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Von Frank Büter

Den 7. Mai 2023 wird Lena Frerichs so schnell nicht vergessen. Es ist der Tag, an dem die Karriere der ambitionierten Hockeyspielerin vom Bremer HC abrupt gebremst wird. Es ist der Tag, der von jetzt auf gleich alles auf den Kopf stellt und für eine große Leere sorgt. Es ist kurz nach Mittag an diesem Sonntag, als sich die 19-Jährige im letzten Hauptrundenspiel der Bundesligasaison gegen den Münchner SC in einem Zweikampf am rechten Knie verletzt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht verlässt Lena Frerichs humpelnd den Platz. Es ist ein Schockmoment. Für sie. Für ihre Teamkameradinnen. Für den Trainerstab um Florian Keller. Für die Familie, für Zuschauer und Freunde.

Eine Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) bestätigt am nächsten Tag den bösen Verdacht: Lena Frerichs hat sich das vordere Kreuzband gerissen. Damit ist klar: Die junge A-Nationalspielerin, die sich berechtigte Hoffnungen auf eine Nominierung für die im August in Mönchengladbach anstehende Hockey-Europameisterschaft gemacht hat und als eine der größten Bremer Olympia-Hoffnungen für die Spiele in Paris 2024 galt, wird lange pausieren müssen. Sie sei nach der Diagnose sehr niedergeschlagen gewesen, sagt Lena Frerichs. "Es ging mir richtig schlecht, das hat mich sehr getroffen." Der Gedanke, ein halbes Jahr oder gar noch länger nicht auf dem Hockeyplatz stehen zu dürfen, behagt ihr gar nicht. Das sei sehr hart, sagt sie. "Ich kenne das ja gar nicht anders, weil ich kaum mal verletzt war." Und sie sagt auch: "Ich habe es noch immer nicht realisiert."

Inzwischen ist Lena Frerichs operiert worden. Der Eingriff wurde in einer Klinik in Hamburg-Bergedorf gemacht, "die OP ist gut verlaufen", sagt die amtierende Bremer Sportlerin des Jahres. Die Operation ist am 19. Mai erfolgt – und tags darauf musste Lena Frerichs vom Krankenbett aus tatenlos mitverfolgen, wie ihre Mannschaft auch das zweite Play-Down-Spiel gegen den TSV Mannheim verlor. Mit Lena Frerichs auf dem Platz hatte der Bremer HC zwei Wochen zuvor noch um die Qualifikation für das Play-off-Viertelfinale gespielt, und nun war der Klub zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte gleich wieder abgestiegen aus Liga eins. Die kleinen Narben am rechten Knie werden Lena Frerichs auch daran erinnern.

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Es sind schmerzvolle Erfahrungen, die Lena Frerichs in diesen Wochen macht. Ihre Eltern haben einen Rollstuhl besorgt. So kann sie auch in den Tagen nach der Operation mal raus und einen längeren "Spaziergang" machen. "Auf Krücken komme ich nur 100 Meter weit", sagt sie. "Dann bin ich kaputt." Und bei dem Wetter im Haus sitzen? Nein, das sei keine Option, "da werde ich ja verrückt". Lena Frerichs geht auch wieder zur Uni. Sie habe nur zwei Tage verpasst und sich dann hingequält, sagt sie. Inzwischen ist sie schon etwas mobiler. Sie darf wieder auftreten mit dem rechten Bein, kann also die Gehhilfen auch mal an die Seite legen.

Nach langer Überlegung hatte sich Lena Frerichs im vergangenen Herbst für ein Studium in Bremen entschieden. Heute ist sie froh darüber, sehr sogar. Denn dieses Lehramtsstudium mit den Fächern Mathe und Physik sorgt nun für eine willkommene Abwechslung im arg eingeschränkten Tagesablauf. "Das war eine perfekte Entscheidung", sagt sie. Das Studium und das dort bald anstehende mehrwöchige Praktikum werden ihr helfen, die Tage mit Inhalt zu füllen, "da habe ich was zu tun". Neben der Reha natürlich. Sie hat schon mehrfach Lymphdrainage bekommen und beginnt jetzt die Physiotherapie mit leichtem Bewegungstraining. Ganz schmerzfrei ist sie noch nicht, "es tut weh, wenn ich das Bein strecke", sagt sie. Und sie merke, dass ihr auch die Kraft im Bein fehle.

"Schon nach zwei Wochen Trainingspause war die Muskulatur am rechten Oberschenkel nur noch halb so dick, es ist echt krass, wie schnell sich das abbaut", sagt Lena Frerichs. Sie hofft darauf, dass sie bald schon wieder Fahrrad fahren und zum Schwimmen gehen darf. Die Inhalte der Reha, so schildert sie es, seien eng abgestimmt mit dem Betreuerstab des Deutschen Hockey-Bundes (DHB). Lena Frerichs genießt A-Kader-Status. In Absprache mit ihren Ärzten erhält sie auch Trainingspläne vom DHB, um an ihrem Comeback zu arbeiten. "Ich habe eine super Betreuung, alle unterstützen mich", sagt sie.

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Mit alle ist auch ihre Familie gemeint, klar. Gemeint ist aber auch ihr Klub, der Bremer HC, für den sie seit ihrem dritten Lebensjahr aktiv ist. Und dem sie auch jetzt, nach dem Abstieg, die Treue hält. "Mein Pass bleibt beim BHC", sagt Lena Frerichs. "Ich habe hier perfekte Möglichkeiten und bekomme jede Unterstützung, die ich brauche." Sie will in den kommenden Monaten engen Kontakt halten zum Team und zu Trainer Florian Keller. So oft es geht, will sie beim Training zuschauen und sich bei den Ligaspielen womöglich auch auf die Bank setzen. Sie wird ihr schwer fallen, diese Zuschauerrolle, das weiß Lena Frerichs, "aber ich will dabei sein". Und natürlich will sie intensiv an ihrer Rückkehr arbeiten – an der Rückkehr ins BHC-Team, aber auch in die Nationalmannschaft.

Bundestrainer Valentin Altenburg war übrigens einer der ersten, die Lena Frerichs nach dem Kreuzbandriss besucht haben. Mit Blumen in der Hand stand Altenburg vor ihrer Haustür, "er hat sich erkundigt, wie es mir geht", sagt Lena Frerichs, "das war echt nett". Aktuell telefoniere man wöchentlich, einen konkreten Plan in Sachen Nationalmannschaft gebe es aber nicht. Sechs Monate? Neun Monate? "Ich kann doch nicht vorhersagen, wie die Reha verlaufen wird", sagt Lena Frerichs. Ein gutes Jahr ist es noch hin bis zu den Olympischen Spielen, "aber über Paris mache ich mir gar keine Gedanken", sagt sie. "Ich muss erstmal wieder fit werden, nur darauf habe ich Einfluss."

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