Werder hat es geschafft. Klassenerhalt. Gut so für den Verein, sehr gut. Gut aber auch für die gesamte Stadt, weil der Bundesligist ein enorm wichtiger Imageträger ist und Bremen an den Spieltagen außerdem einen ordentlichen Umsatz beschert. Freude und kurzes Innehalten – doch dann ist es gleich wieder da, dieses verflixte Problem. Werder ist darauf angewiesen, für die Profiabteilung eigenen Nachwuchs heranzuziehen. Es will und will aber nicht gelingen, ein neues Leistungszentrum zu bauen. Warum ist das so? Wer ist schuld daran?
Die Diskussionen laufen seit Jahren. Es gab ein aufwendiges Moderationsverfahren, das in der vergangenen Woche geplatzt ist. Die Teilnehmer haben ihr Bestes versucht, sich bis zuletzt aber auch notorisch beargwöhnt.
Weil einzelne Anwohnerinnen und Anwohner der Pauliner Marsch über das verbriefte Recht verfügen, im Gebiet rund ums Weserstadion gegen bauliche Veränderungen vorzugehen, ist Werder auf sie angewiesen. Der Verein, das sagt er selbst, würde sonst gar nicht mit ihnen verhandeln. Mit der Stadt muss Werder es so oder so tun, ihr gehört der Grund und Boden, außerdem soll sie sich an den Kosten für den Bau des Leistungszentrums beteiligen. Grund und Boden übrigens, die im Überschwemmungsgebiet liegen. Noch so ein Problem, ein gewaltiges.
Alles in allem ist das für Werder eine extrem schwierige Gemengelage. Selbst wenn es zum Beispiel eine Einigung mit einem Teil der Anwohner gegeben hätte – wer garantiert, dass am Ende nicht doch jemand klagt? Das würde wieder enorm viel Zeit kosten. Zeit, die Werder nicht hat.
Zwei Fragen an den Verein: Wenn jetzt darüber nachgedacht wird, Platz 11 lediglich zu ertüchtigen und das geplante Stadion kleiner zu bauen, warum ist dieser Weg nicht längst gegangen worden? Die Bedenken der Anwohner, des Beirats, der Deichschützer und von Teilen des Senats gegen eine große Lösung im Naherholungsgebiet Pauliner Marsch sind doch bekannt. Wenn die Angelegenheit so eilig ist, und das ist sie, warum hat man sich dann nicht beeilt? Die Antwort lautet, dass Werder mit dem Leistungszentrum lange Zeit alles auf eine Karte gesetzt hat und das womöglich immer noch tut. Der Verein sollte langsam begreifen, dass diese Karte nicht sticht.
Zweite Frage: Warum ist nie ernsthaft über eine Alternative zur Pauliner Marsch nachgedacht worden? Andere Bundesligavereine machen das vor, dass an der einen Stelle in der Stadt das Stadion steht und woanders trainiert und gefördert wird. Warum nicht auch in Bremen? Es hat dafür eine hervorragende Gelegenheit gegeben.
Als vor vier Jahren per Volksentscheid die geplante Wohnbebauung auf dem 30 Hektar großen Gelände der Galopprennbahn im Bremer Osten zu Fall gebracht wurde, bot sich diese Fläche für eine Teilnutzung regelrecht an. Sie liegt nur wenige Kilometer Luftlinie vom Stadion entfernt – ein in jeder Hinsicht idealer Standort, an dem auch günstiger als in der Pauliner Marsch gebaut werden könnte, weil kein Hochwasserschutz benötigt wird.
Ja, diese Option ist geprüft worden, offenbar aber nur halbherzig, wenn als Ergebnis herauskommt, dass es an dem Ort andere städtischen Interessen gebe. Es wäre die Aufgabe von Werder gewesen, früh darauf Einfluss zu nehmen. Nach dem Volksentscheid war zunächst offen, was genau mit der Rennbahn geschieht. Nur eben, dass keine Wohnungen gebaut werden dürfen.
Mittlerweile gibt es für das Gelände Pläne der Stadt, sie sind das Ergebnis eines langen Verfahrens mit Bürgerbeteiligung und können deswegen nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Eine verpasste Chance für Werder, schwer versemmelt, muss man sagen. Oder stimmt das gar nicht?
Danebenzielen kann man auch mit Absicht. Die Rennbahn war von den Vereinsbossen wahrscheinlich von Anfang nicht gewollt. Sie klammern sich an die Pauliner Marsch. Sprechen von einem "emotionalen Ort", den es zu nutzen gelte. Und verspielen damit womöglich ein Stück Zukunft von Werder.