Sie konnten sich in gut zweieinhalb Jahren nicht einigen, und nun ist Schluss mit dem Moderationsverfahren für ein neues Werder-Leistungszentrum in der Pauliner Marsch. Das teilten der Verein und weitere Mitglieder des Begleitgremiums am Freitag mit. Aufgeben will Werder nach eigener Aussage seinen Plan aber nicht, im Schatten des Weserstadions zu bauen. Gleichzeitig geraten jetzt stärker andere Optionen ins Spiel: „Wir müssen Alternativen prüfen, die wieder vollkommen offen sind", erklärt Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald. Im Stadtgebiet einen anderen Standort zu finden, sei außerordentlich schwierig. Deshalb komme auch das niedersächsische Umland infrage.
In dem Gremium, das sich so lange mit dem Leistungszentrum befasst hat, votierte eine knappe Mehrheit gegen die Fortführung der Beratungen. "Das kam absolut überraschend", sagt Sylke Draschba, die als Anwohnerin des Osterdeichs beteiligt war. Werder habe wohl einen Strich ziehen wollen. Von den fünf Anwohnern hätten sich drei bei der Abstimmung fürs Weitermachen entschieden, sie aber nicht. "Ich bin mir sicher, dass die Pauliner Marsch perspektivisch regelmäßig überflutet wird, so hat es zuletzt auch der bisherige Deichhauptmann gesagt", erklärt Draschba. Die Flächen an der Weser sind als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen. Dort trotzdem zu bauen, sei unverhältnismäßig teuer, meint Draschba, außerdem werde sich wegen des hohen Risikos für die Gebäude nur schwer eine Versicherung finden lassen.
Michael Schirmer, langjähriger Vorsteher des „Bremischen Deichverbandes am rechten Weserufer“, hatte im März kurz vor Ende seiner Amtszeit einmal mehr davor gewarnt, dem Überflutungsraum Pauliner Marsch Volumen wegzunehmen: "Ich werde an diesem Punkt langsam ein wenig nervös, weil ich fest davon überzeugt bin, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die Pauliner Marsch Wasser aufnehmen muss, weil die Weser zu viel davon hat. Es wird dort in den nächsten zehn Jahren sicherlich Überschwemmungen geben."
Große Skepsis, allerdings in anderer Hinsicht, auch beim Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel: „Werder kann das Leistungszentrum nicht aus eigener Kraft finanzieren, und haushaltspolitisch ist es für das Land Bremen im Grunde ebenfalls nicht machbar.“
Was Hubertus Hess-Grunewald zum Werder-Leitungszentrum sagt
Hess-Grunewald, der am vergangenen Sonntag für die SPD in die Bürgerschaft gewählt worden ist, stimmt Hickel in einem Punkt zu: "Werder kann das nicht alleine und ist auf die Hilfe der Stadt angewiesen." Schon deshalb, weil der Grund in der Pauliner Marsch in öffentlichem Besitz ist, so der Vereinspräsident im Gespräch mit dem WESER-KURIER. Die Kosten für den Bau des Leistungszentrums schätzt er auf rund 70 Millionen Euro. Sein klarer Favorit ist als Standort weiterhin die Pauliner Marsch: "Das ist die naheliegendste Lösung und passt auch emotional am besten." Werder wolle nun ausloten, was durchsetzbar ist und die Pläne möglicherweise abspecken: "Wir haben zum Beispiel verstanden, dass das geplante Stadion als zu groß wahrgenommen wird." Ein Weg könne sein, Platz 11 zu ertüchtigen, was auch immer das heiße.
Klar sei, dass für das Projekt nicht noch viele Jahre ins Land gehen dürften. Werder sei zwingend darauf angewiesen, um in der Bundesliga wettbewerbsfähig zu bleiben: "Wir haben eigentlich keine Zeit mehr, das drückt." Denn mit dem maroden Leistungszentrum wird es immer schwieriger, verheißungsvolle Talente von einem Wechsel zu Werder zu überzeugen. Dem Moderationsverfahren gewinnt Hess-Grunewald trotz des Ausgangs auch positive Seiten ab. Es sei zwar nicht möglich gewesen, einen politischen Konsens herzustellen – "wir stehen aber nicht mit leeren Händen da und wissen nun noch besser, wo den Anwohnern der Schuh drückt."