Für das nächste Treffen des Blumenthaler Beirats hat das Ortsamt mehr Zeit eingeplant als für andere Sitzungen: drei Stunden. So lange werden die Fraktionen nach Einschätzung der Verwaltung brauchen, um alle Punkte und Unterpunkte der Tagesordnung abzuarbeiten. Es geht um ein neues Wohngebiet, Altlasten und vier Anträge. Worüber die Parteien im Detail diskutieren wollen – und welche Forderungen sie haben. Ein Überblick.
Wohnungsbau: Über das Projekt Cranzer Straße haben die Stadtteilpolitiker inzwischen häufiger gesprochen als über viele andere Millionenvorhaben. Seit Jahrzehnten gibt es Pläne, aus dem Brachland in Rönnebeck zusätzliches Bauland zu machen. Jetzt soll das wirklich geschehen. Sagen nicht nur Entscheider der Gewosie, sondern auch des Projektentwicklers M-Projekt. Die Nordbremer Genossenschaft hat sich den Bauträger als Partner geholt, um die sieben Hektar große Fläche zu einem neuen Quartier zu machen. Vorgesehen sind eine Schule und eine Kita sowie Wohnungen sowohl für junge Familien als auch für ältere Menschen. Wie alles werden soll, wollen den Fraktionen mehrere Architekten zeigen.
Aschedeponie: Über Jahrzehnte hat die stillgelegte Anlage für Altlasten das Stadtteilparlament kaum beschäftigt, jetzt vergeht kaum ein Quartal, in dem die Fläche in Farge nicht zum Thema wird. Zuletzt debattierten die Parteien im Dezember darüber, welche Schadstoffe im Boden sind und was getan wird, damit Passanten nicht in Kontakt mit diesen Stoffen kommen. Jetzt haben sich weitere Gesprächspartner angekündigt: Einmal hat Rainer Bewer den Fraktionen schon Fragen beantwortet, jetzt macht er das ein zweites Mal. Und diesmal gibt der Mitarbeiter der Umweltbehörde mit jemandem Auskunft, der für das Unternehmen spricht, das die Deponie verwaltet: Jörn Neumann, Chef des Farger Kraftwerks.
Projektzuschüsse: Die ersten Beiräte haben es schon getan, jetzt will das Blumenthaler Parlament folgen – und festlegen, mit wie viel Geld welches soziale Projekt im Stadtteil unterstützt wird. Im Vorjahr standen rund 65.000 Euro bereit. Die Summe für 2022 ist ähnlich hoch. Die sogenannten Globalmittel werden wieder in zwei Chargen vergeben. Der erste Termin ist im Frühjahr, der zweite im Herbst. Der Großteil der Summe, etwa zwei Drittel, sollen jetzt unter den Vereinen, Organisationen und Gruppen aufgeteilt werden, die sich um Zuschüsse beworben haben. Im Vorjahr waren beim Ortsamt rund 60 Förderanträge eingegangen. Mal ging es um Summen von mehreren 1000 Euro, mal von knapp 200 Euro.
Abriss: Die SPD findet, dass das Eva-Seeligmann-Haus in Farge weichen muss, wenn die neue Grundschule auf das Gelände des Turn- und Sportvereins kommt. Die Architekten, argumentiert die Fraktion, müssen Platz haben, um den neuen Komplex für Schüler und Lehrer planen zu können. Der Neubau soll größer werden als der Altbau – und Schluss damit machen, dass in zwei Gebäuden und an zwei Standorten unterrichtet wird. Die Sozialdemokraten gehen davon aus, dass die Begegnungsstätte des Eva-Seeligmann-Hauses verlegt werden kann. Sie soll Räume in der neuen dreizügigen Grundschule bekommen. Immer vorausgesetzt: Die anderen Fraktionen stimmen dem Abriss-Antrag der SPD zu.
Baulücken: Seit Jahren will Bremen mehr Wohnungen schaffen – und setzt seither immer wieder auf Baulücken: Bevor eine Freifläche bebaut wird, so die Sichtweise des Senats, soll lieber versucht werden, ein Grundstück in zweiter Reihe zu nutzen. Die Blumenthaler Fraktionen wissen das. Was sie dagegen nicht wissen, ist: wie viele Baulücken im Stadtteil in den vergangenen Jahren tatsächlich bebaut wurden. In einem Kataster werden ihnen zufolge für Blumenthal 664 Flächen ausgewiesen – eine Zahl, die höher ist als in allen anderen Gebieten Bremens. Und eine, von der die Kommunalpolitiker annehmen, dass sie nicht stimmt. Darum wollen sie jetzt die Baubehörde auffordern, die Angaben zu überprüfen.
Gebäudeverfall: Es passiert immer wieder: Die Stadt versucht, den Leerstand von ortsbildprägenden Immobilien zu beenden, findet aber niemanden, der diese Gebäude übernehmen will – mit der Folge, dass sie verfallen. Die CDU will jetzt, dass Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) als Senator für Kultur aufgefordert wird, dagegen vorzugehen. Nach Ansicht der Unionspolitiker gibt es vor allem im Kämmerei-Quartier viele denkmalgeschützte Industriebauten, deren Zustand immer schlechter wird, obwohl einige von ihnen für den Bau des Bildungscampus noch gebraucht werden. Für die Fraktion passt das nicht zusammen. Sie fordert deshalb sogenannte Sicherungsmaßnahmen für die Gebäude.
Steuerberatung: Die CDU will verhindern, dass Immobilieneigentümer mit der Neuberechnung der Grundsteuer alleingelassen werden. Weil sie befürchten, dass die Kalkulation viele Grundstücks- und Hausbesitzer überfordern könnte, sprechen sie sich für eine Unterstützung aus: Fachkräfte sollen bei den Angaben für die Steuer helfen, und zwar kostenlos. Die Christdemokraten wollen, dass sowohl Steuerberater unentgeltlich eingeschaltet werden können als auch Mitglieder von Vereinen, die sich auf die Berechnung von Abgaben spezialisiert haben. Nur so, glauben die CDU-Politiker, können fehlerhafte Angaben und versäumte Abgabetermine vermieden werden.