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Tagesstätten in Bremen-Nord Zwei Kinder, aber nur ein Kitaplatz

Viele Familie wissen schon, in welchen Kitas ihre Kinder nach den Sommerferien betreut werden. Anders als die Wolfs, die noch auf eine Zusage warten – und einen Anwalt eingeschaltet haben.
04.07.2023, 18:00 Uhr
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Zwei Kinder, aber nur ein Kitaplatz
Von Christian Weth

Donnerstag ist der erste Ferientag – und Thorsten Wolf weiß noch immer nicht, ob alle seine Kinder nach der Sommerpause einen Kitaplatz haben werden. Trotz Rechtsanspruch. Um den durchzusetzen, haben er und seine Frau Marlena einen Anwalt eingeschaltet. Und bereiten sich trotzdem darauf vor, dass sich möglicherweise einiges bei ihnen ändern wird. Die Sorge, eine letzte fehlende Zusage könnte ausbleiben, ist so groß, dass der Vater von Jobaufgabe spricht. Und davon, dass die Familie vor einer Zerreißprobe steht.

Seit Monaten sucht das Ehepaar inzwischen nach einem Platz für seine Tochter und seinen Pflegesohn. Die Eltern registrierten beide auf dem Online-Portal der städtischen Tagesstätten, schrieben private Kindergärten an und versuchten es, weil sie nicht mehr weiterwussten, auch bei niedersächsischen Kitas. Seit vergangener Woche steht nun fest: Ihre Tochter kommt bei der Vegesacker Rasselbande unter. Der Vater sagt, dass sie ungeheures Glück hatten, weil ein anderes Kind abgesprungen ist. Und weil der Kindergarten quasi gleich um die Ecke ist.

Thorsten Wolf hatte schon geglaubt, dass jetzt alles gut wird und auf die eine Zusage nun die andere folgt. Nur ist sie es eben nicht. Dabei hat sein Pflegesohn einen noch größeren Förderbedarf als seine Tochter. Nach dem Punktesystem, das die Bildungsbehörde zur Platzvergabe eingeführt hat, kommt sie auf einen Wert von 37 und er von 40. Höher, meint der Vater, geht es nicht. Ärzte gehen davon aus, dass der Junge FAS hat. Das Kürzel steht für fetales Alkoholsyndrom. Seine leibliche Mutter hat während der Schwangerschaft getrunken.

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Auf der Suche nach Hilfe haben die Wolfs inzwischen mit vielen Leuten über ihren Fall gesprochen: nicht nur mit ihrem Rechtsanwalt, sondern auch mit Vertretern der Bildungsbehörde und des Jugendamtes. Und immer wieder mit ihren Chefs. Der Sozialpädagoge und die Sozialassistentin erklärten ihnen, dass einer von ihnen eventuell kündigen muss, wenn ihr Pflegesohn ab August nicht betreut werden kann. Auch wenn sie sich das eigentlich finanziell nicht leisten können, jedenfalls nicht längerfristig und schon gar nicht auf Dauer.

Der Vater sagt, dass er mit seiner Frau deshalb in der Zwischenzeit noch ganz andere Gespräche geführt hat, wenn die Kinder nicht im Zimmer waren. Zum Beispiel darüber, wie lange sie das Haus noch halten können, wenn nur noch einer von ihnen Geld verdient. Und über die Gedanken, die sie dann manchmal überkommen, so sehr sie sich auch gegen sie wehren: über das Ende der Pflegschaft für ihren Sohn. Thorsten Wolf bezeichnet die vergangenen Monate als Qual. Und die bisherigen Bemühungen der Ämter als ergebnislos.

Erst hat sich das Ehepaar nach eigenem Bekunden wiederholt mit dem Bildungsressort ausgetauscht, dann mit dem Jugendamt. Die Wolfs wollten sogenannte Fachleistungsstunden beantragen, in denen ihr Pflegesohn von jemanden betreut wird, solange sie arbeiten. Und solange er keinen Kitaplatz hat. Die Behörde, sagt der Vater, hat das abgelehnt. Ob das tatsächlich so ist, kann Maike Wiedwald auf Anhieb nicht sagen. Der letzte Stand der Sprecherin von Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) ist, dass man auf eine Rückmeldung der Familie wartet.

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Was die Wolfs allerdings der Behörde zurückmelden sollen, wissen sie nicht. Der Familienvater weiß nur, dass seine Frau zuletzt vor einer Woche beim Jugendamt persönlich vorgesprochen hat. Und dass es so nicht mehr weitergehen kann. Darum soll jetzt ihr Anwalt klären, was die Eltern bisher nicht klären konnten: Was mit einem Rechtsanspruch auf eine Betreuung in einer Kindertagesstätte eigentlich gemeint ist, wenn von den Einrichtungen doch keine Zusage für alle Kinder kommt. Oder zumindest nicht dann, wenn diese Zusage gebraut wird.

Es ist inzwischen der zweite Auftrag des Ehepaars an den Juristen. Der erste hat mit dem Grund für die Platzsuche der Wolfs zu tun: Eine Blumenthaler Kita, die den Pflegesohn und die Tochter vorher betreute, hat den Eltern gekündigt. Zu unrecht, wie der Anwalt meint, der deshalb gegen den Träger der Tagesstätte vorgeht. Auch wenn die Eltern für eines ihrer Kinder jetzt eine neue Kita haben – und das andere in die alte nicht wieder zurück soll.

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