Blumenthal. Als eine der ältesten erhaltenen Raubritterburgen ist die Mitte des 14. Jahrhunderts wieder errichtete Burg Blomendal reich an Geschichte und Legenden. Nun soll auch die Anzahl der Mythen ausgeweitet werden – zumindest wenn es nach der Künstlerin Michaela Gieschen geht. Laut Gieschen mangelte es der Burg bislang an einem eigenem Gespenst. Obwohl in den vergangenen Jahren unter anderem diverse Musikanten aus Übersee bei Übernachtungen im Anschluss an Burgkonzerte im Brustton der Überzeugung berichteten, nächtliche Spukerscheinungen auf der Burg vernommen zu haben.

Die Geschichte beginnt 1305.
Derartige Anekdoten sorgten nicht nur bei den Mitgliedern des Trägervereins der Burg für Erheiterung, sondern dienten auch der dem Verein nahestehenden Comic- und Cartoonkünstlerin Michaela Gieschen als Inspiration. Denn sie selbst hatte bereits ähnliche Gedanken gehegt und unter anderem dem Vorsitzenden Klaus Peters nahelegt, dass ein „eigener Burggeist“ beispielsweise den Unterhaltungswert abendlicher Burgführungen durchaus steigern könnte.
Bebilderte Geschichte
Bereits seit 2017 steht Gieschen, die auch das „Künstlerpicknick“ in der Burg initiierte, in regem Austausch mit dem Verein. In dieser Zeit ersann sie gemeinsam mit dem Vorstand weitere, derzeit mangels Möglichkeit noch nicht umgesetzte Veranstaltungskonzepte. Darüber hinaus nahm sie die Idee eines Blumenthaler Burggespents auch mit in die Lockdowns der vergangenen Jahre, in deren Rahmen sich diese zu einer reich bebilderten Geschichte ausweitete – eine Graphic Novel.
Als „Graphic Novel“ wird die literarische Gattung bezeichnet, durch welche die hierdurch entstandene Geschichte um das Schicksal der fiktiven Burgköchin „Coletta“ demnächst auch Einzug in heimische Bücherregale halten kann. Grob beschrieben also eine etwas anspruchsvollere Variante eines Comics.
Mit beidem hat Gieschen langjährige Erfahrung und machte auch bereits durch diverse Veröffentlichungen auf sich aufmerksam. „Gezeichnet habe ich eigentlich schon immer“, berichtet die Künstlerin. Vor etwa zwölf Jahren, parallel zu einer beruflichen Tätigkeit als Köchin in der Schweiz, begann die gebürtige Nordbremerin und studierte Theologin dieser Leidenschaft auch öffentlich nachzugehen und veröffentlichte neben „Hühnercartoons“ auch das Comic-Kochbuch „Chocatel: das Geheimnis um Tapioka“. Das bescherte ihr 2011 sogar eine Einladung zur Leipziger Buchmesse. 2013 erschien daraufhin ihre erste Graphic Novel mit dem Titel „Entwurzelt“.

Auch Raubritter spielen eine Rolle.
Die Geschichte um den Burggeist „Coletta“ fand in Form eines recht unorthodoxen Arbeitsprozesses ihren Weg zu Papier: „Durch die Gedanken um das Thema entstanden Figuren und aus beidem zusammen schließlich eine Geschichte, die sich während des Zeichenprozesses immer weiter entwickelte. Ich war geistig so in das Thema vertieft, dass ich ohne Vorzeichnungen einfach drauflos gearbeitet habe, mit Skizzenbuch und Kugelschreiber“, berichtet Gieschen. Vorab gewährt sie einen kleinen Ausblick auf die Geschichte, die trotz Fiktionalität auf historischen Ereignissen fußt.
Drei Bände geplant
„Die Geschichte beginnt 1305. Ein Jahr, in dem auch die ursprüngliche Burg Blomendal zerstört wurde – dementsprechend auch mit einer nicht allzu schmeichelhaften Darstellung des Bremer Erzbischofs, der just nach Möglichkeiten zur Burgzerstörung sucht“, verrät die Künstlerin. Sie verrät damit aber auch, dass sie als ehemalige Diakonin keine allzu hohe Meinung ihres vormaligen Arbeitgebers hat. „Dementsprechend habe ich mir die künstlerische Freiheit genommen, einen Teil des innerkirchlichen Übels überspitzt darzustellen.“
Auszüge des bereits fertig gestellten ersten Bandes, dessen Veröffentlichung Anfang Februar erfolgen soll, präsentierte Gieschen bereits beim vergangenen Vegesacker Kunstherbst. Zwei weitere Bände sollen in naher Zukunft folgen. Denn die Geschichte um Coletta, den fanatischen Erzbischof und weiteren Figuren gewannen während des Arbeitsprozesses zunehmend an Dynamik und sollten auch jenseits des Papiers zum Leben erweckt werden. Und zwar als „lebendiges Theater“ in einem Marktgeschehen auf dem Burghof, inmitten der Zuschauer.
Die Proben für eine entsprechende Aufführung, die zunächst bereits im Rahmen des entfallenen „Burgfriedens“ im vergangenen Dezember geplant waren, wurden wieder aufgenommen. Allerdings werden sie derzeit nach geltenden Präventionsverordnungen absolviert. Ein neuer Aufführungstermin ist aber auch schon ins Auge gefasst: Sonntag, 27. März 2022 könnte die offizielle Präsentation des ersten Bandes erfolgen.

Autorin und Illustratorin Michaela Gieschen veröffentlicht eine Graphic Novel, die auf Burg Blomendal spielt.
Das verdeutlicht, es gibt nicht nur einen Band. Mittlerweile wird von einer Graphic Novel-Trilogie um den „Geist von Burg Blomendal“ gesprochen. Das geschriebene Werk soll im Eigenvertrieb durch den Burgverein bereits ab Februar erhältlich sein, unter anderem bei „Edeka Schwinning“ sowie über die Burg selbst. Wer also schon vor den Theateraufführungen erfahren will, was die Burgköchin „Coletta“ so fest mit ihrer einstigen Wirkstätte verbindet, dass ihr Geist schließlich sogar in die 1354 neu errichtete Burg Blomendal zog und dort bis heute verweilt, wird bald im ausgewählten Buchhandel fündig.