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Ausbau zur Ganztagsschule Die Baustellen-Bilanz

Auf einer Länge von 40 Metern loderten Flammen aus dem Dachstuhl der Grundschule an der Wigmodistraße im Sommer 2022. Bis heute sind Arbeiter dabei die Schäden zu beheben...
16.03.2023, 18:00 Uhr
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Die Baustellen-Bilanz
Von Patricia Brandt

Das Gerät klingt ein bisschen wie ein alter Wagen, der nicht anspringen will. Zum Stottern und Röcheln gesellt sich ein Zischen, dann spitzt eine neue Ladung Putz aus der Pistole des Trockenbauers auf die graue Wand. Seit Jahren läuft der Aus- und Umbau der Grundschule an der Wigmodistraße in Blumenthal zur Ganztagsschule – ein Zehn-Millionen-Euro-Mammutvorhaben. Nachdem ein Großbrand im Dachstuhl im Sommer 2022 alle Arbeiten lahmlegte, zieht es sich weiter hin. Eine Zwischenbilanz.

Was ist geplant?

Nachdem die Mobilbauten „abgängig“ waren, wie Katrin Scheele, Projektleiterin bei der zuständigen Liegenschaftsverwaltung Immobilien Bremen (IB), formuliert, fasste die Behörde 2017 den Plan, die Schule auch mit Blick auf den geplanten Ganztagsschulbetrieb vierzügig auszubauen.  

Die Architektengruppe Rosengart & Partner entwarf einen etwa 2000 Quadratmeter großen Neubau, der sich nicht nur mit seinem Giebel an der Form der 1906 gebauten Grundschule orientiert, sondern auch mit dieser verbunden ist. Architekt Norman Brockhage führt durch großzügige Klassenräume und kleinere Differenzierungsräume für Gruppenarbeiten im ersten Stock. Im Erdgeschoss befinden sich eine Mensa und diverse Funktionsräume.

Die zum Teil bodentiefen Fensterrahmen sind allesamt aus Lerchenholz, ebenso wie die eingebauten Garderobenschränke. „Die Türen der Klassenzimmer werden allerdings aus Fichtenholz sein – Lerchenholz ist nicht mehr zu bekommen“, bedauert Norman Brockhage Lieferengpässe. Durch eine Lasur werde später kein Unterschied auffallen. Flure gibt es übrigens in Zukunft an der Schule nicht mehr – wohlweislich nicht: „Wir wollten die Fläche sinnvoll nutzen, um Aufenthaltsqualität zu schaffen. Die Ganztagsschule ist ein Stück Lebensraum für die Schüler“, erläutert Udo Stoessel, Referatsleiter für Liegenschaften im Bildungsressort.

Wo hakt es?

Zuletzt wurde die Bausumme mit zehn Millionen Euro angegeben. Der Brand, der im Sommer 2022 im Dachstuhl des Neubaus ausbrach, verursachte nach den Worten von Udo Stoessel aus dem Bildungsressort jedoch einen Schaden in Höhe von einer weiteren Million Euro. Der Schaden wird laut IB aber von der Versicherung übernommen. Dazu kommen Lieferengpässe und Fachkräftemangel, die die Baustelle für die Behörden und Schulleitung zur Herausforderung werden lassen. 

Wie sieht der Zeitplan aus?

Immobilien Bremen geht von einer Verzögerung von etwa einem halben Jahr bis zur Fertigstellung aus. Zurzeit findet der Unterricht im Altbau und in Containern vor der Schule statt. Ursprünglich war geplant, dass Schulleiterin Maribel Ramirez und Co-Rektorin Simone Mahlo gleich nach den Osterferien den Neubau in Betrieb nehmen. Daraus wird nichts. Stattdessen gehen beide davon aus, dass sie frühestens im Sommer in den Neubau ziehen können. Mit dem Umzug soll zeitgleich die Sanierung des Altbaus stattfinden. „Wir ziehen dann mit Schülern und der Verwaltung um und quetschen uns alle in den Neubau, aber wir wissen noch nicht genau: Wann gehen wir rüber?“   

Das Bildungsressort hat beim Umzug schon Unterstützung zugesichert. Gleichzeitig spricht auch Udo Stoessel von einer organisatorischen und logistischen Herausforderung.

Was passiert auf der Baustelle?

Zurzeit sind Arbeiter noch dabei, die Schäden, die durch das Löschwasser entstanden sind, zu beheben. Architekt Norman Brockhage geht davon aus, dass es noch weitere vier Wochen dauern wird, bis der Neubau getrocknet ist: „Die komplette Kerndämmung war durchnässt.“  

Dennoch sind aktuell acht bis zehn weitere Gewerke gleichzeitig im Neubau der Wigmodischule beschäftigt, zählt Udo Stoessel aus dem Bildungsressort auf. Neben Malern, Elektrikern und Klempnern sollen in Kürze noch Bodenleger dazustoßen. Die Klassenräume sollen zum Beispiel Kautschukböden bekommen. 

Während im Erdgeschoss des Neubaus die Fliesenleger die neue Küche für die Mensa fliesen, zieht Trockenbauer Marcel Tietjen aus Farge oben Klebestreifen vom Deckenfries ab. Deckenfriese zählen im Trockenbau zur Königsdisziplin. Aber der Farger gibt sich auf seiner Leiter gelassen: „Das läuft hier wie ein Länderspiel.“ 

Für wen wird gebaut?

Die Schule mit 320 Schülern liegt in einem Gebiet mit Sozialindikator 5. Das ist in Bremen der höchste Sozialindikator, erklärt Udo Stoessel. Das heißt, dass im Umfeld der Schule besonders viele Hartz-IV-Empfänger, allein Erziehende und Geflüchtete leben. In den Klassen würden bis zu acht verschiedene Sprachen gesprochen, berichtet Maribel Ramirez. Die Schulleiterin freut sich deshalb besonders, dass in Zukunft frisch für die Jungen und Mädchen gekocht wird: „In unserem Stadtteil gibt es keine andere Option, das muss so sein." Ebenso werde es für die Grundschüler einen gut ausgestatteten Musik- und Bewegungsraum geben.

Zur Sache

Der Großbrand 

70 Feuerwehrkräfte in 22 Fahrzeugen sind im Juli 2022 ausgerückt, als der Dachstuhl des Schulneubaus an der Wigmodistraße ab vier Uhr morgens auf einer Länge von 40 Metern brannte. Laut Feuerwehr wurde das Dach durch die Flammen komplett zerstört. Verletzte gab es nicht. Bis heute sei der Verursacher nicht zur Verantwortung gezogen worden, heißt es aus der Bildungsbehörde.

Die polizeilichen Ermittlungen sind zwar laut Polizeipressestelle abgeschlossen, derzeit liegt der Fall aber noch bei der Staatsanwaltschaft Bremen. Offen ist, ob die beiden betroffenen Mitarbeiter überhaupt jemals vor Gericht erscheinen müssen, die mit den Dacharbeiten beauftragt worden waren. 

"Wir sind uns nicht 100-prozentig sicher, ob es einen strafrechtlich relevanten Vorwurf geben kann", erläutert Frank Schmitt, ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Gutachter gingen davon aus, dass durch Hitze ein Schwelbrand entstanden ist, der nicht unbedingt sofort zu erkennen gewesen sein muss, weil es zunächst keine  Rauchentwicklung gegeben habe. Der Brand brach demzufolge "irgendwo unterhalb der Bitumenbahnen" gegen vier Uhr am Morgen aus. Es habe bereits Fälle von Selbstentzündung nach dem Schmelzen von Bitumenbahnen gegeben. Schmitt: "Das ist das Problem, vor dem wir stehen." Der Sprecher der Staatsanwaltschaft schließt nicht aus, dass das Verfahren eingestellt wird.  

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