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Interview Warum im Beirat Borgfeld öfter die Fetzen fliegen

Wie weiter im Borgfelder Beirat? Beiratssprecher Jörn Broeksmid (CDU) spricht im Interview über die Rolle des Jugendforums, Mitsprache in der Stadtbürgerschaft und die politischen Auseinandersetzungen.
10.01.2025, 05:00 Uhr
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Warum im Beirat Borgfeld öfter die Fetzen fliegen
Von Antje Stürmann

Herr Broeksmid, von außen betrachtet könnte man die Arbeit des Borgfelder Beirates 2024 so zusammenfassen: viele Anträge, zahlreiche Forderungen, Drohgebärden in Richtung Senat – und wenig erreicht. Stimmen Sie zu?

Jörn Broeksmid: Bedingt. Wenig erreicht, ja. Aber das waren alles Dinge, die nicht im Kompetenzbereich des Beirates lagen. Wir haben viele Dinge angestoßen, gerade nach dem Jahrhunderthochwasser. Das war oder ist ja immer noch das bestimmende Thema. Der Verlust der Postfiliale in Borgfeld, die offene Kinder- und Jugendarbeit mit der auskömmlichen Finanzierung der Hans-Wendt-Stiftung und des Freizis, der Ordnungsdienst, die Sauberkeit im Ort – das sind Dinge, wo wir auch abhängig sind von externen Playern. Dinge, auf die wir immer nur wieder hinweisen können. Wir bekommen ja teilweise nicht einmal Antwort aus den Senatsressorts. Es ist für uns unheimlich schwierig, in Teilen frustrierend und auch für den Bürger oft nicht nachvollziehbar, dass hier wenig passiert in Borgfeld.

Was lernen Sie daraus?

Man könnte den Kopf in den Sand stecken und sagen: Es bringt ja eh alles nichts. Oder man sagt, wir kämpfen weiter, dafür sind wir gewählt und das ist unsere Aufgabe: zu versuchen, die Lebensbedingungen für die Borgfelder zu verbessern. Wir machen alles, was gut ist fürs Dorf – über alle Parteigrenzen hinweg, um punktuelle Verbesserungen hinzubekommen. Wir arbeiten gerade daran, die Qualität der Spielplätze zu erhalten. Die Schulwegsicherheit ist ein Thema. Wenn Sie durch Borgfeld laufen, dann sehen Sie an vielen Stellen, wo die Infrastruktur so langsam kaputt geht, wo man Fußwege verbessern könnte. Oder der Beirat wird präventiv tätig. Wir sprechen Dinge an, bereiten Anträge vor und treten damit an die Behörden heran.

Was kann der Beirat 2025 besser machen?

Wir können über alle Parteigrenzen hinweg auf unsere Bürgerschaftsabgeordneten einwirken und versuchen, dort noch mehr Gehör zu bekommen.

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Die Beiräte können neuerdings über die Beirätekonferenz Einfluss auf die Agenda der Bürgerschaft nehmen und Themen aus den Stadtteilen direkt im Parlament zur Sprache bringen...

Nein, das können Sie nicht. Das ist Augenwischerei. Der Beirat muss sich erst einmal einig sein über einen Antrag, den er in die Stadtbürgerschaft einbringen will. Das, denke ich, kriegen wir in Borgfeld leicht hin. Dann gehen wir damit in die Beirätekonferenz, die viermal im Jahr tagt. In der Beirätekonferenz muss das Ganze mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden, um in die Stadtbürgerschaft zu gelangen. Und der Vorstand der Stadtbürgerschaft entscheidet dann, ob das Thema auf die Tagesordnung kommt oder nicht. Das sind ganz viele Hürden. Die Beirätekonferenz tagt viermal im Jahr – mit was für einem Zeitverzug wollen Sie denn da bei dringlichen Themen arbeiten? Und je nachdem, wie die Mehrheitsverhältnisse sind, schaffen es viele Sachen gar nicht in die Stadtbürgerschaft. Also: gut gemeint, aber am Bedarf vorbei.

Was schlagen Sie vor?

Es wäre viel besser, wenn man Anträge direkt an die Stadtbürgerschaft stellen könnte. Die Stadtbürgerschaft sollte den Beiräten in jeder zweiten Sitzung im Rahmen einer Aktuellen Stunde ein Rederecht einräumen.

Im Borgfelder Beirat kracht es oft. Warum gerät die CDU so oft mit den anderen Parteien aneinander? Nicht nur Jannik Kartscher vom Jugendforum findet das öffentliche Hickhack „lächerlich“. Er sagte, gute Ideen dürften nicht verhindert werden, wenn sie aus der anderen politischen Ecke kommen. Sehen sie das genauso?

Das sehe ich in Teilen auch so. Ich finde es auch schlecht, dass es oft so ein Hickhack gibt. Allerdings muss man sagen, dass das ja ganz gerne der CDU vorgeworfen wird...

... weil oft die CDU den Aufschlag macht und oft Sie es sind, der andere Beiratsmitglieder persönlich angeht.

Ich gehe keinen Politiker persönlich an. Wenn wir Anträge einbringen, dann kommen nach und nach noch irgendwelche Ideen, das kann man auch vor der Beiratssitzung besprechen. Wenn wir etwas gut finden, gehen wir da mit, dann müssen wir nicht diskutieren.

Sie haben den Ruf, im Beirat thematisch alles auszubremsen oder umzuetikettieren, was nicht von einer Partei mit großem „C“ im Namen stammt.

Das ist so nicht richtig. Wir tragen durchaus Anträge der anderen mit. Wenn die Anträge allerdings zum fünften Mal gestellt werden, weil man die Protokolle der vorangegangenen Sitzungen nicht gelesen hat, dann gehen wir nicht mit. Natürlich stellen wir auch Nachfragen. Und wenn der Ortsamtsleiter angegriffen wird und Dinge behauptet werden von politischen Mitbewerbern, die sich danach als falsch herausstellen, muss man dagegen vorgehen.

Es gibt noch ein Thema, das hohe Wellen geschlagen hat. Das Jugendforum braucht nach eigenen Angaben mehr Unterstützung aus dem Beirat und möchte bei wichtigen Themen mitreden. Was kann der Beirat anbieten?

Es ist gut und richtig, dass Herr Kartscher mitreden möchte. Bei diesem Thema bleibt er aber leider auch hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück.

Was meinen Sie?

Ich hatte Herrn Kartscher fürs Jugendforum das Thema Aufwertung der Spielplätze vorgeschlagen. Die CDU stellt einen Antrag, das Jugendforum sammelt Ideen. Vom Jugendforum kam leider nichts.

Das hört sich beim Jugendforum anders an. Sie haben von den Jugendlichen keine Liste mit Vorschlägen bekommen?

Ich hab bisher nichts gehört, der Ortsamtsleiter leider auch nicht. Wir als Beirat wollen die Zusammenarbeit mit dem Jugendforum zum Laufen bekommen, das ist uns wichtig. Wir haben aber auch gesagt, das ist für uns Neuland. Herr Kartscher möchte, dass das Jugendforum Teil des Beirates ist – das aber möchte die Senatskanzlei nicht. Das Jugendforum soll von den Beiräten entkoppelt sein, man soll parteipolitisch keinen Einfluss auf die Jugendlichen nehmen. Das ist vollkommen richtig, die sollen ihr Ding machen. Aber wie soll das funktionieren, wenn es im Beirat keinen Ansprechpartner gibt? Diese Gemengelage ist auch Folge einer schlechten Kommunikation von außerhalb.

Wen meinen Sie mit außerhalb?

Die Senatskanzlei.

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Sandra Grohnert von der Senatskanzlei begleitet das Jugendforum engmaschig und hat mehrfach angeboten, die Fragen der Ortspolitiker zu beantworten. Noch einmal: Welche Schlüsse ziehen Sie?

Was soll man denn noch verbessern? Das Jugendforum sitzt mit im Koordinierungsausschuss und hat auf den Beiratssitzungen unter dem Punkt Anregungen und Wünsche von Bürgern ein Rederecht. Wir können den Jugendlichen nicht auch noch ein Rederecht im Beirat geben, dann müssten wir ja jedem ein Rederecht erteilen. Wir müssen dem Jugendforum auch klar machen, dass die Arbeit im Beirat Gesetzen und Regeln folgt. Der Beirat ist immer ansprechbar für das Jugendforum. Wenn die nicht sagen, was sie brauchen, passiert auch nichts.

Herr Kartscher hatte zeitweise den Eindruck, der Beirat zeigt gegenüber dem Jugendforum eine „leicht abwehrende Haltung“. Hat er recht?

Nein, definitiv nicht. Der Beirat will dieses Jugendforum. Aber das Jugendforum funktioniert vielleicht nicht so, wie Herr Kartscher das gerne hätte. Er möchte gern mehr, als vorgesehen ist. Das Jugendforum ist ja nicht einmal gewählt, das ist ein Zusammenschluss mehrerer Jugendlicher. Wir wollen gemeinsam vorankommen und das wird seine Zeit dauern. Diese Zeit muss Herr Kartscher sich und uns geben.

Das Gespräch führte Antje Stürmann.

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Zur Person

Jörn Broeksmid (47)

ist Sprecher des Beirat Borgfeld. Der Bundesbedienstete ist seit zehn Jahren CDU-Mitglied und führt seit sechs Jahren die CDU-Mehrheitsfraktion im Borgfelder Beirat. Broeksmid kommt gebürtig aus Heidelberg. Er ist verheiratet und zweifacher Vater.

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