- Was genau ist geplant?
- Was sagen die Eigentümer?
- Was sagt die Ortspolitik?
- Wie viele Geflüchtete werden erwartet?
Das Gesicht des Lilienthaler Ortseingangs könnte sich in absehbarer Zeit erheblich verändern. Denn allem Anschein nach gibt es konkrete Pläne, das Borgfelder Landhaus abzureißen und an dessen Stelle eine Unterkunft für Geflüchtete zu bauen. In einem Papier der Bremer Sozialbehörde, das unserer Redaktion vorliegt und mit dem sich der Bremer Senat an diesem Dienstag befassen wird, ist die Rede von vier Neubauten. Sie könnten genau dort entstehen, wo derzeit noch die Traditionsgaststätte steht. Auch ein Bezugstermin wird in dem Papier bereits genannt.
Was genau ist geplant?
Die Sozialbehörde drückt sich so aus: "An der Warfer Landstraße 73 in Borgfeld kann an der Stelle des ehemaligen Borgfelder Landhauses ein neues Übergangswohnheim entstehen." Weiter ist die Rede vom Bau vier neuer Gebäudekomplexe, "die sich gut in den Stadtteil und die Umgebung integrieren" lassen, heißt es in dem Papier, das sich an die Landesregierung richtet. Bremen braucht auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges erheblich mehr Wohnplätze für geflüchtete Menschen. 127 dieser Plätze könnten in Borgfeld neu entstehen. „Der Bau wird vollumfänglich auf die Bedarfe für Menschen in staatlicher Unterbringung ausgerichtet“, werden die Vorteile der Neubauten beschrieben. So sollen auch 14 rollstuhlgerechte Appartements eingerichtet werden sowie flexibel gebaute Einheiten, die auch zu größeren Wohnungen zusammengefasst werden können, "sodass auch größere Familien darin einen Platz finden“.
Viel Zeit für die Umsetzung soll laut den Verfassern der Vorlage gar nicht verstreichen: Im dritten Quartal, also zwischen Juli und September 2023, sollen die 127 Plätze in dem geplanten Übergangswohnheim bereits verfügbar sein. So geht es aus der Übersicht der Behörde hervor. Weitere Wohnheime sind unter anderem im Breitenweg, in der Horner Eiche im Hollergrund, in Friedehorst, und im ehemaligen Hotel Deutsche Eiche an der Lilienthaler Heerstraße vorgesehen.
Was sagen die Eigentümer?
Eigentümerin des Borgfelder Landhauses ist die Familie Bührmann, die sich auf Anfrage unserer Redaktion bis Sonntag aber nicht zu dem Vorhaben geäußert hat. Laut einer Sprecherin der Bührmann-Gruppe fand Ende Januar im Borgfelder Landhaus die letzte große Kohlparty statt. Die Firma Bremer Catering Service (BCS) hatte das Gasthaus zuvor drei Jahre lang bespielt. Die Tochterfirma der Bührmann-Unternehmensgruppe renovierte den großen Saal 2019 aufwendig und nutzte den vorderen Restaurantteil als Veranstaltungsfläche für kleinere Gesellschaften.
Die Corona-Pandemie habe dem Betrieb stark zugesetzt, berichtet die Sprecherin. Was in Zukunft geplant sei, dazu möchte sie keine Stellung nehmen. Wie es mit dem Landhaus, einst beliebter Treffpunkt für große Hochzeiten, Firmenfeiern, Silvesterpartys, Weihnachtsfeiern und Familienfeste, weitergeht, bleibt also fraglich. Verträge wurden nämlich noch keine geschlossen, heißt es aus dem Sozialressort.
Was sagt die Ortspolitik?
Borgfelds Ortsamtsleiter Karl-Heinz Bramsiepe ist über das Vorhaben bereits informiert. Details seien ihm jedoch nicht bekannt, erklärt er auf Nachfrage. Ihm sei von dem Vorhaben nur mündlich berichtet worden. "Ich habe gehört, dass es Pläne gibt, das Borgfelder Landhaus abzureißen, um dort Wohnraum entstehen zu lassen", erklärt Bramsiepe. An diesem Dienstag wolle er das Thema im Koordinierungsausschuss des Borgfelder Beirates diskutieren – also zunächst im kleinen Kreis der Fraktionssprecher. Der Ortsamtsleiter geht davon aus, dass es sich um ein sehr langfristiges Projektvorhaben handele. Ein Bauantrag für einen möglichen Neubau liege seines Wissens noch nicht vor. Zugleich betont er: "Es wäre ein Verlust, wenn das Gebäude abgerissen würde."
Wie viele Geflüchtete werden erwartet?
Bereits im Februar hatte der Bremer Senat sowie der Haushalts- und Finanzausschuss der Schaffung von zusätzlichen Plätzen zur Unterbringung von Geflüchteten und duldungssuchenden Menschen zugestimmt. Der Handlungsdruck sei hoch, heißt es aus dem Sozialressort. Wenn die Zahlen der Ankommenden, die bislang erhoben worden sind, fortgeschrieben würden, sei mit 535 weiteren Duldungssuchenden pro Monat zu rechnen. Dazu kämen, wenn auch vielleicht nur kurzfristig, 145 Menschen pro Monat aus der Ukraine hinzu, so die vorläufigen Berechnungen.
Insgesamt sei die Zahl der Schutzsuchenden im Land Bremen in den ersten Monaten des Jahres sprunghaft angestiegen, heißt es aus der Sozialbehörde. Das Ressort spricht von einem Plus von 275 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres – und das auch ohne Berücksichtigung der Ukrainerinnen und Ukrainer. Bis zum 16. Mai waren es laut Behörde rund 9000 Geflüchtete, die in Bremen aufgenommen werden mussten, nachdem sie vor dem Angriff Russlands geflohen waren. Damit werde deutlich, dass sich die Zugänge in das Unterbringungssystem weiterhin auf sehr hohem Niveau bewegen würden, heißt es.