Anwohner befürchten massive Lärmbelästigungen auch in den Nachtstunden, mehrere Unternehmen haben Klage eingereicht, und die Bürgerinitiative (BI) Oslebshausen geht ebenfalls gerichtlich gegen den Planfeststellungsbeschluss vor. BI-Sprecher Dieter Winge zeigte sich auf dem jüngsten Bürgerschnack für Burg, Grambke, das Werderland und umzu denn auch zuversichtlich, dass der vom französischen Alstom-Konzern an einem umstrittenen Standort geplante Neubau einer Bahnwerkstatt noch gestoppt werden kann. Dafür gab es während der Versammlung unisono Solidaritätsbekundungen.
Über das vom Bremer Senat befürwortete 760-Millionen-Projekt wird seit gut vier Jahren diskutiert und gestritten. Im März 2021 war bekannt geworden, dass die Werkstatt, in der Züge repariert und gewartet werden können, auf einem Bahnareal an der Straße Reitbrake entstehen soll. Ausgerechnet dort, wo sich ein Gräberfeld für russische Soldaten befand, die im Zweiten Weltkrieg in Bremen ums Leben kamen. Sie haben inzwischen auf dem Osterholzer Friedhof eine neue Ruhestätte gefunden.
Doch damit hatte sich der Widerstand gegen das Alstom-Projekt nicht gelegt, wie sich schnell herausstellte. Anwohner befürchten nach den Worten des Sprechers der Bürgerinitiative Oslebshausen, Dieter Winge, erhebliche Lärmbelästigungen und damit einhergehend eine gesundheitliche Gefährdung. In der Nähe der Straße Reitbrake steht zum Beispiel die Großwohnanlage Wohlers Eichen, die rund 1000 Menschen beherbergt. Und die Abstellanlage für die Züge, die gewartet und repariert werden sollen, befinde sich nur rund 20 Meter von den Häusern an der Straße Finkenau entfernt, kritisiert die Bürgerinitiative.
Initiative schlägt andere Standorte vor
Während des Bürgerschnacks ließ Dieter Winge mit weiteren Argumenten aufhorchen, die gegen eine Bahnwerkstatt an der Reitbrake sprächen. Wegen der weiten Entfernung des geplanten Werkstatt-Standortes zum Bremer Hauptbahnhof würden lange Leerfahrten entstehen, die unnötig Kohlendioxid produzierten und die ohnehin stark frequentierte Bahnstrecke Bremer Hauptbahnhof/Bremer Rangierbahnhof zusätzlich belasteten. Als alternativen Standort für eine Bahnwerkstatt schlägt die Bürgerinitiative Oslebshausen deshalb die sogenannte Oldenburger Kurve in der Nähe des Hauptbahnhofs sowie den Waller beziehungsweise Gröpelinger Rangierbahnhof vor.
Die Bremer Betriebe, die sich ebenfalls gegen den Planfeststellungsbeschluss des Bremer Bau- und Verkehrsressorts wehren, befürchten denn auch vor allem eine Überlastung des Zugverkehrs. Nach ihrer Auffassung, so Winge während des Bürgerschnacks, könnte die stellenweise einspurige Güterbahnstrecke in die stadtbremischen Häfen und zum Arcelor-Mittal-Stahlwerk zu einem ernsthaften Engpass werden, wenn dort künftig auch der Bahnverkehr zur geplanten Werkstatt rolle. Eine Befürchtung, die vom Bau- und Verkehrsressort sowie der Deutschen Bahn allerdings wiederholt zurückgewiesen worden sei.
Insgesamt zielt die Klage der Bürgerinitiative vor allem auf eine fehlerhafte Bekanntmachung sowie erhebliche Abwägungsmängel hinsichtlich der Lärm- und Gesundheitsrisiken ab. Zudem wird Alstom vorgeworfen, ein „Recht beugendes Gutachten“ vorgelegt zu haben. Ein Alternativgutachter habe jedenfalls eine Vielzahl von Mängeln und Fehlern aufgedeckt.
Die Klagen der Bürgerinitiative und der Unternehmen sind dem Oberverwaltungsgericht Bremen inzwischen zugestellt worden. Allerdings müsse die Bürgerinitiative noch eine genaue Klagebegründung vorlegen, räumt Dieter Winge ein, unterstreicht aber, dass man dafür noch rund zehn Wochen Zeit habe. In Geduld üben müssen sich im übrigen nun einmal mehr alle Beteiligten. Sollte der Klageweg durch alle Instanzen gehen, also beim Bundesverwaltungsgericht enden, dürften nach Winges Einschätzung weitere drei Jahre ins Land ziehen.