Frau Reimers-Bruns, der Unterbezirk Bremen-Stadt ist für eine Fusion mit dem Unterbezirk Bremen-Nord, die Delegierten-Gruppe aus Burglesum, Vegesack und Blumenthal dagegen. Was nun?
Ute Reimers-Bruns: Der Unterbezirk Bremen-Stadt hat sich nicht unbedingt für eine Fusion ausgesprochen, sondern nur erklärt, dass er einem Status quo genauso offen gegenübersteht wie einer Fusion. Der Landesvorstand muss jetzt die Ergebnisse der beiden Parteitage in seine Entscheidung über eine Zusammenlegung einfließen lassen. Er hat die Unterbezirke ja aufgefordert, bis Ende dieses Monats ein Votum abzugeben. Nach meinem Kenntnisstand will die Parteispitze am 11. Dezember sagen, was werden soll.
Auf dem Parteitag der Nordbremer Delegierten haben Sie gesagt, dass die Entscheidung für eine Zusammenlegung längst gefallen ist. Was bringt es dann noch, über sie abzustimmen?
Wir müssen uns an den formalen Prozess halten. Außerdem hoffen wir, dass unsere Argumente beim Landesvorstand etwas bewirken.
Also was nun: Ist für Sie die Entscheidung längst gefallen oder nicht?
Gefühlt ja, de facto nein. Dass es noch Hoffnung gibt, hat auch eine Debatte auf dem Parteitag des Unterbezirks Bremen-Stadt gezeigt. Auch dort hat der Fusionsprozess, den der Landesvorstand in Gang gebracht hat, kritische Fragen aufgeworfen.
Wie viele kritische Stimmen gab es denn?
Ich habe gehört, dass 20 Delegierte des Unterbezirks Bremen-Stadt nicht alles so sehen, wie der Landesvorstand die Sache sieht.
Das ist nicht viel bei 170 Delegierten in der Innenstadt...
Nein, viel ist das nicht. Aber es zeigt, dass auch im Unterbezirk Bremen-Stadt die Angelegenheit nicht allen so klar ist wie dem Landesvorstand.
Was ist denn unklar?
Zum Beispiel, warum die Parteispitze so einen Druck macht und es mit der Fusion so eilig hat.
Die Nordbremer Sozialdemokraten drohen damit, gegen einen Fusionsbeschluss eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Haben Sie schon einen Anwalt eingeschaltet?
Das haben wir in unserem Leitantrag geschrieben, den wir den Delegierten vorgelegt haben. Eingeschaltet ist eine Anwaltskanzlei aber noch nicht.
Warum nicht – schließlich will der Landesvorstand nach ihrem Kenntnisstand in zwei Wochen sagen, was werden soll?
Aber diese beiden Wochen haben wir noch. Außerdem gehe ich davon aus, dass es nicht lange dauern wird, einen Juristen zu finden, der gegebenenfalls unsere einstweilige Verfügung vor Gericht beantragt.
Vorher will der Unterbezirk Bremen-Nord, dass es noch einen Sonderparteitag gibt. Auf dem soll der Landesvorstand erklären, wie er die Strukturreform umsetzen will, und zwar in Konsens mit den Parteigremien. Wie soll das gehen, wenn es diesen Konsens doch nicht gibt?
Gemeint ist, dass nicht zwangsläufig die beiden Unterbezirke zusammengelegt werden müssen, wenn man mehr Synergieeffekte will. Wir haben immer gesagt, dass wir für neue Strukturen offen sind, um künftig enger zusammenzuarbeiten. Nur muss dafür unserer Meinung nach nicht gleich ein Unterbezirk zerschlagen werden. Außerdem soll die Parteispitze mal aufzeigen, was sie noch vorhat.
Und was hat sie noch vor?
Das kann ich nicht sagen, da wir darüber noch keine Informationen haben. Der Landesvorsitzende hat lediglich mitgeteilt, dass die Zusammenlegung der Unterbezirke nicht der einzige Punkt einer Strukturreform der Landesorganisation ist.
Die Nordbremer Jusos haben angekündigt, ihre Verbandsarbeit einzustellen, wenn es zur Fusion kommt – und Sie, dass dann die SPD-Geschäftsstelle in Nord geschlossen wird. Warum kann es beides nicht auch ohne einen separaten Unterbezirk geben?
Theoretisch könnte es beides auch geben, wenn der Nordbremer Unterbezirk aufgelöst ist. Nur muss dann der Landesvorstand dafür erst einmal neue Voraussetzungen schaffen. Bisher ist es so, dass die Jusos Teil des Unterbezirks sind und dass der Mietvertrag für das Büro über mich als Vertreterin des Gremiums läuft.
Auch Sie haben mal von mehr Effizienz und Schlagkraft gesprochen wie jetzt der Landesvorstand. Damals wollte der Nordbremer Unterbezirk die Blumenthaler Ortsvereine zusammenlegen. Wo ist ihr Verständnis für Fusionen geblieben?
Ich habe immer noch Verständnis fürs Zusammenlegen, wenn denn die Argumente und die Art und Weise stimmen. Im Fall der Fusion der Blumenthaler Ortsvereine haben sich zwei von drei Vereinen an den Unterbezirksvorstand gewandt – im Fall der Zusammenlegung der Unterbezirke hingegen ging die Initiative allein vom Landesvorstand aus. Und so etwas wie damals mit den Ortsvereinen würde ich heute nicht mehr machen.
Sondern?
Heute würde ich sämtlichen Seiten empfehlen, miteinander zu sprechen und erst dann einen formalen Prozess anzustoßen, wenn alle Fragen geklärt sind. Und nicht umgekehrt. Und schon gar nicht unter Zeitdruck. Es hilft nichts, Tempo zu machen, das weiß ich jetzt.
Vor 14 Jahren sollte schon einmal aus zwei Unterbezirken ein Unterbezirk werden. Was hat die Parteispitze denn damals davon abgebracht?
Wie ich gehört habe, hat sich der damalige Parteivorstand überzeugen lassen, dass zwei Unterbezirke im Stadtgebiet doch Sinn machen.
Und? Wie schätzen Sie heute die Chancen ein, dass er sich ein zweites Mal überzeugen lässt?
Ich bin zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden wird, strukturelle Probleme zu lösen, ohne dass ein Unterbezirk aufgelöst werden muss.
Kommt es doch so, braucht es auch Sie nicht mehr als Co-Vorsitzende. Wie gehen Sie damit um, möglicherweise nicht selbst bestimmen zu können, wann Schluss ist?
Schön ist das nicht. Aber ich bin schon zu lange in der Politik, um noch darüber überrascht zu sein, dass einem so etwas blühen kann.
Das Interview führte Christian Weth.

Ute Reimers-Bruns