Der nächste Parteitag der Nordbremer SPD ist anders als andere. Bei dem geht es diesmal ums Ganze. Um den Unterbezirk selbst und darum, ob am Sonnabend vielleicht der letzte Parteitag von Burglesumer, Vegesacker und Blumenthaler Sozialdemokraten ist. Der Landesvorstand will das Gremium, wenn man so will, liquidieren. Aus zwei Unterbezirken soll ein Unterbezirk werden. Der im Norden soll mit dem in der Stadt zusammengehen. Die Bremer Parteispitze verspricht sich dadurch einen finanziell stabileren und zahlenmäßig stärkeren Unterbezirk. Anders als die Nordbremer Führungsriege. Sie hält von den Plänen: nichts.
Im Sommer habe der Landesvorstand zum ersten Mal davon gesprochen, dass es einen neuen Unterbezirk geben könnte. So sagt es Ute Reimers-Bruns. Und auch, dass es damals noch geheißen habe, der Prozess sei ein offener Prozess: Der Vorstoß könne umgesetzt werden, müsse aber nicht. Seit September weiß die Nordbremer SPD-Chefin und Bürgerschaftsabgeordnete nun, dass es dem Landesvorstand doch ernster damit ist, als sie anfangs ahnen konnte. Er hat aus dem Vielleicht ein Bestimmt gemacht, indem aus einem offenen Prozess ein konkreter Beschluss wurde. Laut Reimers-Bruns habe es seitdem immer wieder Gespräche mit der Parteispitze gegeben, aber keine Annäherung. An diesem Freitag gibt es ein weiteres Treffen.
Im Grunde, meint Reimers-Bruns, sind inzwischen alle Argumente ausgetauscht. Vor der Abstimmung soll es trotzdem eine Aussprache der Delegierten auf dem Parteitag in Marßel geben. Die Nordbremer SPD-Chefin geht davon aus, dass die Mehrheit der Sozialdemokraten aus Burglesum, Vegesack und Blumenthal es so sieht, wie sie die Sache sieht: Dass es eben einen separaten Unterbezirk für den Norden unbedingt braucht. Dass die drei Stadtteile zu weit vom Bremer Zentrum entfernt sind, um von dort aus bürgernah und umfänglich betreut werden zu können. Und dass deshalb die meisten Parteien ein spezielles Gremium haben, das sich um Nordbremer Belange kümmert.
Der Parteivorstand sagt etwas anderes. Er spricht von immer weniger Mitgliedern und davon, dass der Schwund im Bremer Norden mit am größten ist. Nach seiner Rechnung wird dessen Unterbezirk zum Ende des Jahres noch auf 400 Parteigänger kommen. Und auf immer mehr Ältere sowieso. Ihm zufolge sind inzwischen 62 Prozent der Nordbremer Sozialdemokraten 60 oder über 60. Unterm Strich kommt die SPD-Landesspitze zu dem Schluss, dass ein neuer Unterbezirk, der dann Unterbezirk Stadt Bremen hieße, schlagkräftiger wäre und wirtschaftlich besser dastünde. Der käme dann auf rund 3400 Mitglieder und wäre neben dem Bremerhavener Unterbezirk einer von nur noch zwei Unterbezirken im Land.
Reimers-Bruns findet, dass es sich der Landesvorstand zu einfach macht. Ihrer Ansicht nach vergisst er das Wahlergebnis der SPD im Norden, wo die Partei zuletzt zugelegt habe. Aber auch den Generationswechsel in den SPD-Fraktionen des Blumenthaler und Burglesumer Beirates, in denen jetzt mehr junge Leute säßen als zuvor. Und dass man ein Parteigremium nicht einfach abwickeln könne wie ein Wirtschaftsunternehmen – jedenfalls nicht, ohne dabei Mitglieder zu enttäuschen. Sie sagt, von mehreren Seiten gehört zu haben, dass sich Funktionsträger von der Parteiarbeit zurückziehen wollen, wenn tatsächlich umgesetzt wird, was die Landesspitze angekündigt hat. Sie hat das letzte Wort.
Die Nordbremer SPD-Chefin spricht inzwischen so, wie andere gesprochen haben, als der Unterbezirk von Reimers-Bruns mit der Blumenthaler Parteibasis machen wollte, was jetzt der Bremer SPD-Vorstand mit ihm versucht: Auch die drei Ortsvereine des Stadtteils sollten zusammengehen. Auch dabei gab es Widerstand. Im Streit wurden erst Anwälte eingeschaltet, später die Schiedskommission der Bundespartei. Am Ende musste der Unterbezirksvorstand klein beigeben und die Fusionspläne wegen Formfehler ad acta legen. Reimers-Bruns sagt, dass sie heute nicht mehr gegen den Willen von Mitgliedern eine Entscheidung herbeiführen würde. Nirgendwo sonst in Bremen gibt es noch so viele SPD-Ortsvereine wie in Blumenthal: drei.
Die Vorsitzende hofft jetzt, dass sich die Nordbremer Sozialdemokraten genauso erfolgreich gegen eine Übernahme wehren können wie damals die Blumenthaler. Einmal hat der Unterbezirk in Nord eine Fusion mit dem Unterbezirk in der Stadt schon verhindert. 2009 war das. Geht es nach dem Zeitplan des Landesvorstandes, wird das allerdings kein zweites Mal gelingen. Er plant, das Fusionsverfahren im Dezember einzuleiten und im März nächsten Jahren abzuschließen.