Es geht um Klimaschutz im Alltag. Nicht jeder weiß, welche Kräuter gleich um die Ecke wachsen und welche Pflanzen genießbar sind. „Ich möchte ein Bewusstsein für natürliche Zusammenhänge vermitteln und die Kenntnisse über essbare heimische Pflanzen erweitern“ sagt Frauke vor der Brück. Im Rahmen des Projekts „Klimaschutz und Inklusion“, das seit September 2022 vom Bremer Umwelt-und Klimaschutzressort finanziell unterstützt wird, führte sie auf einem Rundgang über das Friedehorst-Gelände zu essbaren Pflanzen, seien es Obst, Wildkräuter oder Gemüse. „Danach werden wir auf einer interaktiven Karte alle Fundorte verzeichnen und das Ergebnis ins Internet stellen“, kündigt sie an.
Ziel des Projekts ist unter anderem, einen schonenden Umgang mit Ressourcen lokal in Nachbarschaften zu initiieren und zu fördern, wobei Alter oder Handicap keine Rolle spielen. Dazu gehört auch, für die Küche und als gesundheitsfördernde Mittel heimische Pflanzen zu nutzen, die in der Natur wachsen. „Allerdings ist Friedehorst in eine Kulturlandschaft eingebettet, in der gepflanzt und gesät wird – es gibt jedoch auch noch viele Stellen mit Wildwuchs“, sagt Frauke von der Brück.
An einem zentralen Ort auf dem Friedehorst-Gelände, in der Nähe des großen Spielplatzes, hat sich trotz der häufigen Mahd üppige Blütenpracht entfaltet: Gänseblümchen und Löwenzahn tüpfeln den Rasen in weißen und gelben Tönen. „Wenn man mit einem Schuh auf sieben Gänseblümchen treten kann, ist der Frühling da“, sagt Frauke von der Brück und demonstriert, dass dies bereits der Fall ist. „Löwenzahn und Gänseblümchen sind essbar und lassen sich gut für Salat verwenden, und der Löwenzahn hat in seiner langen, fleischigen Wurzel eine ganz besondere Heilkraft“, sagt die Gartenexpertin.

Frauke vor der Brück zeigt bei einem Rundgang über das Friedehorst-Gelände, welche Pflanzen essbar sind.
Unscheinbar und nah über dem Boden haben sich die Blätter des Breit-Wegerichs ausgebreitet. Frauke von der Brück nimmt ein Blatt in den Mund und legt es auf die Hand: „Das Wegerichblatt bleibt auf der Haut kleben, und auf einen Mückenstich gelegt, verschwindet der Juckreiz sofort“, sagt sie.
Zum gärtnerisch bewirtschafteten Bereich von Friedehorst gehört der „Garten der Sinne“, der im Rahmen des Projekts „Klimaschutz und Inklusion“ angelegt wurde. Die Hochbeete darin, mit Kräutern wie Rosmarin oder Salbei, werden von Obstbäumen umrahmt. An einem sprießenden Johannisbeer-Strauch pflückt Frauke von der Brück eine austreibende Knospe ab und erläutert: „Medizinisch wirksame Stoffe aus Knospen zu gewinnen, hat sich zu einem eigenen Bereich der Heilkunde entwickelt – mit den Knospen der Johannisbeere lassen sich Auszüge in Alkohol herstellen, die gegen Allergien und Stoffwechselschwächen wirksam sind.“
Blüten der Vogelmiere für den Salat
Beim Rundgang über das Gelände kommt die Gruppe immer wieder an größeren Rasenflächen entlang, an denen man schon genauer hingucken muss, um die unscheinbaren Pflänzchen zu entdecken, zum Beispiel die Vogelmiere mit winzigen weißen Blüten, die als besonders vitaminreiche Beilage in Suppe oder Salat verwendet werden können. Doch auch das Hirtentäschelkraut, das gleich daneben wächst, ist komplett essbar, und besonders die Samen sind sehr würzig. Gleiches gilt auch für den lila blühenden Kriechenden Günsel, einen Lippenblütler, der nah am Boden wächst: „Die Blätter dieser Pflanze sind allerdings so stark würzig, dass man sie einzeln nutzen sollte“, sagt die Exkursionsleiterin.
Bei den Birken, die Straßen des Friedehorst-Geländes säumen, lassen sich nicht nur die Blätter für Tee verwenden, sondern auch der Baumpilz, der sich als halbrundes Gebilde an Stämmen festsetzt: „Denn der Birkenporling ist ein Heilpilz, der gut bei Magenverstimmungen wirkt“, sagt die Pflanzenkennerin.
Besonders üppig hat sich zwischen gepflanzten Mahonien und Rhododendron eine blütenreiche Schicht aus Kräutern entfaltet: Ob Wilder Portulak, Knoblauchsrauke oder Rote Taubnessel – alle Pflanzen an diesem Standort eignen sich für die Küche oder für heilenden Tee. Als schließlich die Grenze des Friedehorst-Geländes erreicht wird, kommen im Schatten dicht stehender Bäume andere Pflanzenarten auf: Am Boden versucht der Spitz-Ahorn mit noch kleinen Baumsämlingen Fuß zu fassen, die ebenso gut essbar sind wie die der Birken, so Frauke von der Brück.
Eine Wiese zwischen zwei Häusern des Rehabilitationszentrums Friedehorst leuchtet auf ganzer Fläche dottergelb: „Bei solchen Mengen Löwenzahn kann man schnell 250 Blüten sammeln – sie reichen aus, einen veganen Honig daraus herzustellen. Dazu kocht man die Blüten mit Zitronenscheiben auf und stellt mit viel Zucker einen Sud her“, erläutert dei Expertin. „Schließlich möchte ich noch die Königin der Küchenkräuter vorstellen“, führt sie weiter aus: Die im Garten oft nicht sonderlich beliebte Brennnessel ist reich an gelöster Kieselsäure, und besonders viele Proteine stecken in den Samen. „Und die Brennhaare der Nessel lassen sich leicht inaktiv machen, indem man die ganze Pflanze mit heißem Wasser überbrüht“, erfahren die Teilnehmer.
Im nahegelegenen Friedehorst-Park ist Frauke von der Brück derzeit im Rahmen des Klimaschutzprojekts dabei, einen Waldgarten anzulegen, der nach dem Prinzip der Permakultur funktioniert: Er ahmt das Kreislaufgeschehen in der Natur nach und stellt eine besonders nachhaltige Form der Gartennutzung dar – ein weiterer Baustein, der zum Klimaschutz im Alltag gehört.