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Vermittlung in Arbeit Projekt für Alleinerziehende startet neu

Das Berufsförderungswerk startet das Projekt Vermittlung und Integration von Alleinerziehenden in Arbeit (Via) in Bremen-Nord ganz neu. Neben Lesum gibt es künftig drei zusätzliche Beratungsstandorte.
29.06.2023, 18:00 Uhr
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Projekt für Alleinerziehende startet neu
Von Julia Assmann

Alleinerziehende haben ein großes Armutsrisiko. Viele Familien mit einem Elternteil sind auf finanzielle Unterstützung angewiesen – zumindest ergänzend, wenn das Einkommen nicht ausreicht. Doch einen existenzsichernden Job zu bekommen, ist für Alleinerziehende oft eine besondere Herausforderung: Sie tragen die Verantwortung für ihr Kind zum Großteil alleine, dazu haben viele keinen Berufsabschluss und außerdem ganz individuelle Probleme. In Bremen-Nord bekommen betroffene Mütter und Väter künftig an mehreren Standorten Beratung und Hilfe. Das Berufsförderungswerk Friedehorst (BFW) startet zum 1. Juli das neue Projekt Via Nord. Ziel ist die Vermittlung und Integration von Alleinerziehenden in Arbeit (Via).

Ein fast gleichnamiges Modellprojekt hatten das BFW und der Verein Mütterzentrum Osterholz-Tenever im Jahr 2018 ins Leben gerufen. Zum 30. Juni endet das erfolgreiche Angebot nach insgesamt viereinhalb Jahren Laufzeit. Nahtlos startet das BFW Friedehorst in Bremen-Nord nun zum 1. Juli Via Nord. Finanziert mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds verfolgt es die gleiche Zielsetzung und wird zusätzliche Standorte in Marßel, Blumenthal und Lüssum-Bockhorn anbieten. Es läuft über drei Jahre, bis zum 30. Juni 2026. Projektleiterin und Koordinatorin Susanne Hencken hofft auf eine Verlängerung und langfristig auf eine Verstetigung des Projekts.

Seinen Hauptsitz hat auch das neue Projekt in den Räumen des BFW in der Charlotte-Wolff-Allee 14 in Lesum. Die weiteren Anlaufstellen werden in Quartieren geschaffen, in denen der Bedarf besonders groß ist. "Für Alleinerziehende ist der Weg oftmals eine Hürde", weiß Hencken aus Erfahrung. Deshalb hat sie bereits in der Vergangenheit in Absprache mit dem jeweiligen Quartiersmanagement und weiteren Akteuren Beratungen in den Ortsteilen angeboten. "Diese Form der Beratung ist gefragt. Die Mütter müssen die Möglichkeit haben, ad hoc direkt vor Ort jemanden aufzusuchen", erläutert Hencken.

Das Angebot richtet sich auch an Männer, allerdings sind nach Angaben der Zentralstelle der Bremer Landesfrauenbeauftragten 90 Prozent der Alleinerziehenden Frauen. Das Besondere an den Via-Beratungen ist eine intensive und vor allem individuelle Begleitung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Gemeinsam wird geschaut, welche Probleme gelöst werden müssen, um die Voraussetzungen für eine Jobaufnahme zu schaffen.

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Die Probleme reichen von fehlenden Kita-Plätzen über nicht vorhandene Sprachkenntnisse und Ausbildungen bis zu psychischen Problemen, berichtet Hencken. "Im ersten Via-Projekt hatten 77 Prozent der Alleinerziehenden im Projekt einen Migrationshintergrund", sagt die Leiterin. In vielen Fällen fehlten Kenntnisse über die deutsche Arbeitswelt. "Einige haben auch Flucht- und Gewalterfahrungen gemacht." Die Beraterinnen – für jeden Standort steht künftig jeweils eine halbe Stelle mit 20 Stunden zur Verfügung – unterstützen die Alleinerziehende dabei, ihre Situation soweit zu stabilisieren und vorzubereiten, dass ein Start ins Berufsleben möglich wird.

Die Alleinerziehenden sollen auf eigenen Beinen stehen.
Susanne Hencken, Projektleiterin

Dann geht es darum, zu schauen, welche Jobperspektive infrage kommt. Das können eine Ausbildung, eine Umschulung oder die Rückkehr in den früheren Beruf sein. Beim Einstieg unterstützt dann ein Job-Coach. Im ersten Projekt gab es Kontakt zu 309 Alleinerziehenden. "Von diesen Kontakten mündeten 227 in einem Beratungsprozess", so Hencken. Wie oft die Beratungen in Anspruch genommen werden, sei ganz unterschiedlich. "Einige kommen nur wenige Male, eine Person hatte 79 Gespräche. Im Schnitt sind es etwa 25 bis 30."

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Insgesamt wurden 188 Alleinerziehende vermittelt. 60 haben eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufgenommen, beispielsweise als Medizinische Fachangestellte, Verkäuferin, Rechtsanwaltsfachgehilfin, Köchin oder Speditionskauffrau. 32 Alleinerziehende haben eine Ausbildung oder eine Umschulung begonnen und weitere 96 Teilnehmerinnen haben ein Zwischenziel erreicht, mit dem sie ihre Perspektive für eine Arbeitsaufnahme auf dem ersten Arbeitsmarkt verbessern. Dazu gehören Praktika, Minijobs, Sprach- und Integrationskurse sowie Qualifizierungsmaßnahmen. Hencken betont aber: "Ziel des Projekts ist eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Die Alleinerziehenden sollen auf eigenen Beinen stehen."

Alleinerziehende können sich direkt bei Via melden: unter der Telefonnummer 01 73 / 2 32 07 50 (Projektmanagement) oder 04 21 / 63 81 99 14 (Zentrale). Neben den Beratungsräumen in der Charlotte Wolff-Alle 14 (Lesum) werden weitere in der Helsingborger Straße 95 (Marßel) und in der Kapitän-Dallmann-Straße 18 (beim Quartiersmanagement, Blumenthal) eingerichtet. Wo der Standort in Lüssum-Bockhorn sein wird, steht noch nicht fest. Neben festen Beratungszeiten sind Stammtische (Cafés) für Alleinerziehende geplant. Des Weiteren sucht das Projekt noch weitere Beraterinnen und Berater. Interessierte können sich ebenfalls bei Via melden.

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Alleinerziehende in Bremen

Mit 17.000 Alleinerziehenden im Land Bremen liegt der Anteil an Familien mit minderjährigen Kindern hier bei 27 Prozent. Im Bundesdurchschnitt sind es 17 Prozent. 62,4 Prozent dieser alleinerziehenden Haushalte im Land Bremen sind auf finanzielle Hilfe angewiesen, zumindest ergänzend zu ihrem nicht ausreichenden Einkommen aus Arbeit. Im Bundesdurchschnitt sind es 33,7 Prozent. Die Angaben stammen aus einer VIA-Broschüre und sind aus dem Jahr 2020.

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